Wenn man einen Prototyp für einen deutschen Manager finden müsste, wäre es wohl Kasper Rorsted. Der neue Adidaschef, der seit Oktober 2016 den Sportartikelhersteller leitet, gilt als selbstbewusst und zielstrebig.
Bei seinem alten Arbeitgeber Henkel verdreifachte sich während Rorsteds Amtszeit der Börsenwert. Rorsted ist ein Fan des sogenannten "Diversity Managements", das auf eine bunte Mischung von Mitarbeitern verschiedenen Alters, Geschlechts und Herkunft als Erfolgsfaktor setzt. Außerdem gilt er als umgänglicher Gesprächspartner, der teamfähig ist und die Nähe zu seinen Mitarbeitern sucht.
Damit entspricht Rorsted dem Muster, das das kalifornische Technologie-Startup Good&Co in Stärkenprofilen von internationalen Führungskräften entdeckt hat. Auf Basis von Quizzen zu den Themen Karriere und Persönlichkeit erstellten sie Stärkenprofile von 20.000 Fach- und Führungskräften in Deutschland und verglichen diese zusätzlich mit den Profilen von Managern und Angestellten aus Großbritannien und den USA.
Chefs sind durchsetzungsfähiger, Fachkräfte kreativer
Das Ergebnis der Analyse: Es gibt so etwas wie ein "Manager-Gen". Deutsche Führungskräfte zum Beispiel sind durchsetzungsstärker (16 Prozent mehr) und selbstbewusster (27 Prozent mehr) als Fachkräfte. Das ermöglicht es ihnen, sich in Konkurrenz um hohe Positionen gegen andere Bewerber zu behaupten. Auch zeigen sie eine 21 Prozent höhere Bereitschaft, sich dem Wettbewerb auszusetzen. Damit sind sie in der Lage, ihr Unternehmen auf dem Markt voranzubringen. Zudem besitzen sie eine 16 Prozent höhere Fähigkeit, andere von ihren Argumenten, Ansichten und Plänen zu überzeugen.
Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Manager den Fachkräften in puncto Führungsqualitäten überlegen sind. Tatsächlich erreichen die Menschen in Führungspositionen bei den meisten Persönlichkeitsmerkmalen mehr Punkte als ihre Mitarbeiter.
Klischee-Check: Sind CEOs wirklich...
Nein. Eine Studie der Personalberatung Russell Reynolds Associates unter 900 CEOs weltweit zeigt, dass die Vorstandsvorsitzenden im Vergleich zu Managern einer niedrigeren Hierarchiestufe sogar warmherziger sind und eher das Bedürfnis haben, mit Menschen zusammenzuarbeiten. Der einsame Krieger, der auf nichts und niemand Rücksicht nimmt, ist also ein Klischee.
Hier stimmt das Klischee: CEOs treten eher aggressiver auf und setzen sich an die Spitze. Sie warten nicht, dass ihnen andere die Führung übertragen.
Auch hier ist die Antwort ja: Wer ein ganzes Unternehmen befehligen will, muss überzeugend sein. Entsprechend ergab auch die Studie, dass CEOs deutlich mehr Spaß daran haben, andere von ihren Plänen zu überzeugen, als es bei Managern in der zweiten oder dritten Reihe der Fall ist.
Hier gibt es keine eindeutige Antwort. Unter den untersuchten CEOs gab es sowohl sehr extrovertierte als auch introvertierte Charaktere.
"I'm CEO, bitch!" Soll Facebook-Gründer Mark Zuckerberg auf seine Visitenkarten gedruckt haben. Laut der Studie sind Vorstandsvorsitzende jedoch keine Angeber, sondern im Vergleich zu anderen Managern sogar eher bescheidener.
Hier sagt die Studie wieder klar: Ja. Der durchschnittliche CEO übertrifft andere Manager deutlich, was seinen Optimismus und sein zukunftsorientierten Denken angeht.
Auch hier ist die Antwort ein klares Ja: CEOs suchen häufiger den Wettbewerb als andere und sind leistungsorientierter als andere Manager.
Ja. CEOs sind eher bereit, etwas zu riskieren, als andere.
Dafür sind die Mitarbeiter ganze 40 Prozent kreativer als ihre Vorgesetzten. Das kann zum einen bedeuten, dass kreative Menschen es schwerer haben, Führungspositionen zu erreichen. Andererseits kann es auch heißen, dass kreative Menschen weniger nach Führungspositionen streben. „Ein Manager muss daher in der Lage sein, die Kreativität der Mitarbeiter zuzulassen und in konkrete Maßnahmen umzusetzen. Nur dann arbeiten Teams effizient zusammen“, erklärt Samar Birwadker, der Gründer und CEO von Good&Co. „Das Manager-Gen liegt vor allem darin, Aufgaben zielstrebig anzugehen und das Ziel auch in schwierigen Lagen nicht aus den Augen zu verlieren.“
Was die Kreativität fördert
Der Psychologe Travis Proulx von der Universität von Kalifornien ließ Probanden sinnfreie Passagen aus Kafkas "Landarzt" lesen. In anschließenden Tests fanden sie mehr Lösungswege und schnitten besser ab als diejenigen, die eine redigierte Version gelesen hatten.
Frank Fischer von der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität analysierte die Gruppenarbeiten von 300 Studenten. Vorher hatte er den Raum mit höhenverstellbaren Tischen ausgestattet. Siehe da: Teilnehmer, die zwischen Sitzen und Stehen wechselten, kamen häufiger zu richtigen Ergebnissen als nur im Sitzen - und hatten 24 Prozent mehr Ideen.
Im Schlaf findet kombinatorisches Denken statt, wie Denise Cai von der Universität von Kalifornien in San Diego 2009 bestätigen konnte. Sie ließ 77 Teilnehmer verschiedene verbale Aufgaben lösen, einige Probanden konnten zuvor ein Nickerchen halten - die lösten die Aufgaben am besten.
Der Sozialpsychologe Jens Förster von der Jacobs-Universität Bremen fand in einer Studie heraus, dass die Teilnehmer eine kniffelige Aufgabe eher lösten, wenn sie zuvor an ihren Partner gedacht hatten. Der Gedanke an Liebe lässt in die Zukunft blicken - was dabei hilft, Dinge miteinander in Beziehung zu stellen, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben.
In blauer Umgebung steigt der Einfallsreichtum. Ravi Mehta und Rui Zhu von der Universität von British Columbia in Vancouver ließen Freiwillige im Jahr 2009 verschiedene Aufgaben lösen - roter Hintergrund verbesserte zwar die Leistung bei der Detailaufgabe, blau jedoch die Kreativität.
Im internationalen Vergleich mit Großbritannien und den USA zeigen die deutschen Manager aber wenig Risikobereitschaft: Der Mut, neue Wege zu gehen, ist bei den US-amerikanischen Managern 32 Prozent höher. Die britischen Manager sind sogar 34 Prozent gewillter, neue Dinge auszuprobieren. Und die britischen Führungskräfte sind auch am ehesten bereit, Herausforderungen anzunehmen, nämlich 18 Prozent mehr als Deutsche.
Dafür können die deutschen Manage in anderen Bereichen gegen die USA und Großbritannien punkten: Während die Führungskräfte aus den englischsprachigen Ländern nur wenig taktisch agieren, erzielen deutsche Manager in dieser Disziplin einen Spitzenwert (+ 34 Prozent).
Deutsche Manager sind teamorientierter als britische oder amerikanische
Zudem zeigt die Analyse, dass alle Manager und Fachkräfte in Deutschland die Arbeit im Team höher bewerten. „Die Kombination aus Zielstrebigkeit und Teamorientierung spricht dafür, dass deutsche Manager den Erfolg ihrer Mitarbeiter in den Mittelpunkt stellen. Sie nutzen ihre Weitsicht, um ihren Mitarbeitern den Weg zu ebnen“, sagt Birwadker.
Diese deutschen Managerqualitäten könnten auch ein Grund für den derzeitige Erfolg der deutschen Wirtschaft und des Managements sein. Ebenso wie Rorsteds Führungsqualitäten ein Grund für den momentanen Erfolg von Adidas sein könnten.