Gegenkommentar zu Frauenkarrieren Faule Frauen? Faules System!

Die Psychologin Martina Lackner behauptet, Frauen seien zu nett und bequem für Führungspositionen. Deshalb könne man sich Frauenförderprogramme und Quoten sparen. Warum das Unsinn ist und wo die Probleme wirklich liegen.

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Frauen in Führungspositionen sind noch immer selten. Das liegt sicher nicht an ihrer Bequemlichkeit. Quelle: dpa

Wollen Frauen statt Karriere wirklich lieber Bequemlichkeit? Hier geht es zum Beitrag von Martina Lackner.

Frauen wollen es sich im kuscheligen Nest der Familie bequem machen. „Sie brauchen, wie es scheint, weder Erfolg noch Geld.“ Das behauptet die PR-Beraterin und Psychologin Martina Lackner in einem Gastbeitrag für die WirtschaftsWoche mit dem Titel „Woran Frauenkarrieren wirklich scheitern“.

Wie Lackner zu dieser These gekommen ist, erklärt sie gleich zu Beginn ihres Beitrags. Kürzlich habe sie vor Steuerberaterinnen, Rechtsanwältinnen und Ärztinnen einen Vortrag zum Thema Networking für Frauen gehalten. Die anwesenden Frauen hätten nicht verstanden, was die gelernte Psychotherapeutin von ihnen wolle. Eine Zuhörerin habe gefragt: „Warum sollen wir alle Karriere machen, wir sind doch zufrieden mit unserem Leben?“

Lackners Fazit: Frauen sind zu bequem für die Karrierewelt. Das ist schon einmal eine Zumutung. Wer als Rechtsanwältin oder Ärztin erfolgreich ist und sich womöglich zeitgleich noch um eine Familie kümmert, sollte sich wirklich nicht rechtfertigen müssen. Davon abgesehen, dass Lackner offenbar nur das Ergattern eines Chefpostens als „echte“ Karriere definiert, liegt sie mit ihrem Pauschalurteil über die weibliche Faulheit falsch. Sie macht es sich mit ihrer Argumentation schlichtweg zu einfach – oder um es mit ihren eigenen Worten zu sagen – bequem.

Chefposten sind out

Der Mythos, Frauen seien Karrieremuffel, hält sich hartnäckig. Tatsächlich hat eine Studie der Personalberatung Hays ergeben, dass nur etwa die Hälfte der Frauen in Deutschland eine Führungsposition anstrebt. Aber: Bei den Männern sieht es nicht anders aus. Nur 48 Prozent der deutschen Männer wollen einen Platz auf dem Chefsessel, um sich erfolgreich zu fühlen. Damit liegt Deutschland im internationalen Vergleich weit hinten: In Ländern wie Frankreich, Portugal oder Belgien sind Berufstätige viel schärfer auf Jobs an der Spitze.

Führungspositionen schrecken also offenbar viele Deutsche ab – sowohl Männer, als auch Frauen. Warum das so ist, hat auch Lackner selbst erkannt: „Wer in Deutschland von Karriere spricht, meint einen 12-Stunden-Arbeitstag, also von 8 bis 20 Uhr.“ Ständige Erreichbarkeit und Abendveranstaltungen gehören häufig ganz selbstverständlich dazu. Ein solches Arbeitsleben bedeutet: Viel Stress auf Kosten des Privatlebens und der Gesundheit. Das ist der Chefsessel vielen Menschen, insbesondere aus der jüngeren Generation, nicht wert.

Deutsche sind Führungsmuffel

Das ist ein Teil der Wahrheit. Der andere: In deutschen Chefetagen dominieren die Männer. In drei Viertel der Vorstandsgremien börsennotierter Unternehmen sitzt keine einzige Frau, hat das Beratungsunternehmen Ernst & Young vorgerechnet. Das heißt: Diejenigen, die eine Führungsposition trotz aller damit verbundenen Nachteile wollen, kriegen sie eher, wenn sie ein Mann sind. Auch das belegt die Hays-Studie: Frauen werden bei Beförderungen häufiger übersehen oder übergangen als Männer.

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