Für diesen Donnerstag hat der Deutsche Wetterdienst die höchsten Temperaturen der Woche angekündigt. 35 Grad sind durchaus drin. Mit den Kollegen im Büro zu schwitzen ist keine angenehme Vorstellung. Wohl dem, der eine Klimaanlage im Büro hat oder ins Home-Office ausweichen kann. Dort gibt es zumindest keine strikten Dresscodes und es stört niemanden, wenn man sich während der Arbeit einen Eisbeutel auf den Kopf legt.
Wer in der Digitalwirtschaft tätig ist, hat ganz gute Chancen, in Bikini oder Badehose im heimischen Büro arbeiten zu dürfen.
Gemäß einer Umfrage des Bundesverbands digitale Wirtschaft (BVDW) dürfen drei von vier Arbeitnehmern in dieser Branche von Zuhause arbeiten, auch wenn das nur bei 24 Prozent im Arbeitsvertrag geregelt ist. „Häufig handelt es sich um Kulanzregelungen ohne festgelegte Kriterien. Vor allem in größeren Unternehmen gibt es aber offizielle Betriebsvereinbarungen, in denen die Bedingungen festgelegt sind“, sagt Arbeitsexperte Harald R. Fortmann vom BVDW.
Jeder Dritte würde gern im Home-Office arbeiten
Branchenübergreifend arbeiten jedoch nur zwölf Prozent der Deutschen regelmäßig im Home-Office, wie eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt. Dabei könnten locker 30 Prozent der Beschäftigten in Deutschland zu Hause arbeiten. Nämlich alle die, die dafür nur einen Computer mit Internetanschluss brauchen.
Homeoffice: 10 Regeln für Arbeitnehmer
Feierabend und Ferien gelten auch bei flexiblen Arbeitsplatzmodellen.
Feierabend, Wochenende, Urlaube und Krankschreibungen gelten auch bei flexiblen Arbeitsplätzen und sollten respektiert werden. Wer keine klaren Grenzen setzt, darf sich nicht wundern, wenn die Kollegen darauf keine Rücksicht nehmen. Mitarbeiter müssen Eigenverantwortung für ihre Zeiteinteilung übernehmen und Überlastung frühzeitig signalisieren.
Eigene Eignung für flexible Arbeitsmodelle kritisch überprüfen.
Nicht jeder eignet sich für flexible Arbeitsmodelle. Mitarbeiter, die diese Möglichkeiten austesten, müssen ehrlich zu sich selbst und ihrem Arbeitgeber sein. Wer sich zu Hause schnell ablenken lässt oder den regelmäßigen Austausch mit Kollegen benötigt, wird sich damit eher schwer tun. Ebenso können beispielsweise persönliche Rahmenbedingungen wie ein lautes Umfeld für unliebsame Störungen sorgen. Dies wirkt sich nicht nur negativ auf die Arbeit, sondern auch auf das eigene Wohlbefinden und die Motivation aus.
Auch bei flexiblen Arbeitsplatzmodelle hat der Arbeitgeber keinen Anspruch auf ständige Rufbereitschaft.
Eine ständige Rufbereitschaft ist nicht nötig und sogar kontraproduktiv. Auch im Home-Office müssen ungestörte Phasen für konzentriertes Arbeiten eingeplant werden, um effektiv Aufgaben zu erledigen. Eine permanente Erreichbarkeit erzeugt nicht nur zusätzlichen Stress, sondern führt durch Ablenkungen auch zu schlechten Ergebnissen. Mitarbeiter im Home-Office müssen deshalb ihre Bedürfnisse klar und offen äußern können.
Der Mitarbeiter muss unternehmerischer denken.
Jeder Arbeitnehmer im virtuellen Office ist dem Arbeitgeber und seinen Kollegen gegenüber verantwortlich. Flexible Arbeitsmodelle entbinden den Mitarbeiter nicht von seinen Aufgaben. Durch eindeutige Zielvorgaben werden Aufgaben klar definiert und für alle Beteiligten messbar.
Flexible Arbeitsmodelle sind kein Abstellgleis, aber sie erfordern mehr Durchsetzungswillen.
Mitarbeiter, die flexibel oder in Teilzeit arbeiten, werden häufig nicht als Leistungsträger gesehen. Hingegen gelten die ständig anwesenden Kollegen als Top-Performer, die „hart arbeiten“. Um dies zu ändern, muss der flexible Mitarbeiter mehr Durchsetzungswillen und Präsenz gegenüber seinen Vorgesetzen zeigen. Regelmäßige Feedbackgespräche verhindern eine Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung. Mitarbeiter, die flexibel arbeiten, sollten Maßnahmen zur Weiterbildung einfordern. Oftmals ist hier mehr Nachdruck nötig als bei jemandem, der vor Ort im Büro arbeitet.
Die eigenen Aufgaben, Prozesse und Termine klar kommunizieren.
Eine enge Abstimmung mit Kollegen und Vorgesetzten erleichtert die Kommunikation und sorgt für Verständnis. Wenn für die Kollegen nachvollziehbar ist, wo sich der Kollege gerade aufhält und mit welchen Aufgaben er beschäftigt ist, wächst das Vertrauen. Stundensplittings (z.B. am Nachmittag drei freie Stunden für die Kinder), Mittagspausen und externe Termine sollten daher klar kommuniziert werden. So geht man Missverständnissen und Gerüchten aus dem Weg. Moderne IT kann dabei eine wichtige Hilfestellung sein. Unified Communication-Systeme zeigen an, wann und wie man erreichbar ist.
Der Arbeitsrhythmus sollte an die eigene Produktivität und die persönlichen Bedürfnisse angepasst werden, ohne dabei die Prozesse im Team zu missachten.
Studien zeigen, dass die Produktivität dann am höchsten ist, wenn zwischen zwei und zweieinhalb Tagen im Home-Office gearbeitet und der Rest der Woche für Tätigkeiten und Abstimmungen im Büro genutzt wird. Auch die eigenen Produktivitätszyklen können bei flexiblen Arbeitsmodellen stärker berücksichtigt werden. So arbeiten manche Menschen früh morgens am besten, andere eher am Abend. Aber das erfordert auch Abstimmung: Die Kollegen müssen wissen, wann man erreichbar ist.
Networking ist Pflicht: Die virtuelle Präsenz entbindet den Mitarbeiter nicht von seinen Aufgaben als Teammitglied, dazu zählen nicht nur die reinen Jobkriterien, sondern auch die Sozialkompetenz.
Der Austausch mit den Kollegen sollte sich nicht nur auf das fachliche beschränken. Freundlichkeit, Offenheit, Aufmerksamkeit, Respekt und Hilfsbereitschaft dienen nicht nur dem eigenen Wohlbefinden, sondern unterstützen das ganze Team. Nur in einem Umfeld aus Miteinander und Vertrauen lassen sich virtuelle Teams erfolgreich umsetzen.
Bei virtuellen Teams ist Wissensmanagement mit einem eindeutigen Ablagesystem Pflicht.
Die systematische Speicherung und Aufbereitung von Wissen erleichtert die Arbeit und die Kommunikation in virtuellen Teams. Der aktuelle Stand von Unterlagen muss zentral – die Cloud macht es möglich – abgelegt werden. Alle relevanten Mitarbeiter brauchen Zugriff auf die Ordner. Diese Systeme sichern die Freizeit, denn nur Kollegen, die Zugriff auf alle Unterlagen haben, können auch bei Bedarf füreinander einspringen.
Flexible Arbeitsmodelle verlangen ein hohes Maß an Selbstorganisation.
Wer in flexiblen Arbeitsmodellen arbeitet, muss sich auch zuhause ein produktives Umfeld schaffen (Raum, Technik, Rahmenbedingungen) Um in flexiblen Arbeitsmodellen erfolgreich zu arbeiten, müssen sich Mitarbeiter mit ihren eigenen Stärken und Schwächen auseinandersetzen: Wer gut organisiert und diszipliniert ist, wird in solchen Strukturen bessere Leistungen erzielen.
Das Fazit des DIW: Jeder dritte Arbeitnehmer würde gerne von zu Hause aus arbeiten, aber nur gut jeder Zehnte tut es. Schuld ist meist der Chef. Das ist übrigens auch in der Digitalwirtschaft so. Ein Drittel der Befragten des BVDW, die kein Home-Office machen, gaben an, dass der Arbeitgeber es nur ungern sehe, wenn von Zuhause gearbeitet wird. „Hier besteht vor allem kulturell eine riesige Lücke. Es wird seine Zeit brauchen, bis alle Führungskräfte verstanden habe, dass sich flexibles Arbeiten positiv auf die Produktivität und Arbeitsergebnisse auswirken kann“, erklärt Fortmann.
Mobiles Arbeiten kaum praktiziert
Noch größer ist die Problematik beim mobilen Arbeiten. Gemäß einer Umfrage von Goal Zero, einem Anbieter von Solarpanels, Powerpacks und anderer Solar-Produkte, könnten sich 27 Prozent der Deutschen gut vorstellen, in einem mobilen Büro zu arbeiten. Beispielsweise in einem Wohnmobil, in Projektbüros oder öffentlichen Orten wie Bibliotheken oder Cafés. Momentan tun dies gerade mal zwei Prozent. Wahlweise, weil sich die Vorgesetzten nicht vorstellen können, dass ihre Mitarbeiter im Strandkorb auch tatsächlich arbeiten – oder weil die technische Ausstattung fehlt.
Wer also ins Büro muss, weil die Chefs glauben, dass Angestellte im Rudel bei 35 Grad plus produktiver sind, dem sei angesagt: Auch Angestellte können Hitzefrei bekommen.
Die sogenannte Arbeitsstättenverordnung (ArbStättVO) regelt, welche Temperaturen am Arbeitsplatz für Arbeitnehmer geeignet und welche gerade noch zumutbar sind. Als Höchst-Raumtemperatur empfohlen werden 26 Grad Celsius. Ist es draußen aber richtig heiß, darf es auch drinnen wärmer sein. Allerdings muss der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern dann entsprechend Abkühlung verschaffen.
Ein Raum, der eine Raumtemperatur von mehr als 35 Grad hat, sei jedoch "nicht als Arbeitsraum geeignet". Bedeutet: Ist es heißer als 35 Grad und es gibt keine Luftdusche oder Ähnliches, können Arbeitnehmer theoretisch heimgehen.