Geld verändert Menschen, heißt es. Zumindest aber verändert es ihre Ansprüche an die Arbeitswelt, wie eine Datenanalyse der Arbeitgeberbewertungsplattform Glassdoor zeigt. Während die reiche Chefärztin dringend mehr Zeit für seine Familie und sich will, möchte der unterbezahlte Lagerist vor allem mehr Geld verdienen - und legt dafür gerne mehr Überstunden ein. Wie wichtig Work-Life-Balance und der Büro-Kicker sind, ist nämlich keine Genartionenfrage. Wer von seiner Arbeit nicht oder nur schlecht leben kann, dem zahlt auch die schönste Unternehmenskultur die Miete nicht.
Die Untersuchung basiert auf Daten von mehr als 615.000 Nutzern, die im Zeitraum zwischen 2014 und 2017 auf Glassdoor ihren Arbeitgeber bewertet haben sowie eine Gehaltsangabe gemacht haben. Daraufhin haben die Glassdoor-Analysten mit Hilfe einer linearen Regression sechs Arbeitsplatzfaktoren untersucht: Unternehmenskultur und -werte, den Einfluss der Führungskräfte, Aufstiegsmöglichkeiten, die Zukunftsaussichten des Unternehmens, die Work-Life-Balance und die Vergütung.
Alle diese Faktoren sind für die Jobzufriedenheit wichtig - aber nicht alle sind für jeden Mitarbeiter gleich wichtig.
Unternehmenskultur macht großen Anteil an der Zufriedenheit aus
Schaut man sich die Daten aller 615.000 Nutzer unabhängig von ihren Gehältern an, ist die Unternehmenskultur für Mitarbeiter das Wichtigste. Sie macht 22,1 Prozent Anteil an der Gesamtzufriedenheit aus. Danach folgen Management und Vorgesetzte (21,1 Prozent) sowie die Karrieremöglichkeiten (18,8 Prozent). Dieses Ergebnis deckt sich mit den Resultaten einer Studie aus dem Jahr 2015. Eine nachrangige Rolle spielen die Geschäftsaussichten (13,9 Prozent), die Work-Life-Balance (12,1 Prozent) sowie die Vergütung und Zusatzleistungen (12 Prozent).
Teilt man die Nutzer in vier Einkommensgruppen ein und schaut sich dann deren Präferenzen an, sieht das Bild anders aus: Wer weniger als 40.000 Dollar im Jahr verdient, für den ist der Faktor Vergütung mit 12,8 Prozent wichtiger als die Work-Life-Balance. Bei den Teilnehmern, die ab 120.000 Dollar aufwärts pro Jahr verdienen, trägt das Gehalt nur noch mit einem Anteil von 9,8 Prozent zur Zufriedenheit bei.
Je höher das Gehalt, desto wichtiger werden dafür Unternehmenskultur, Work-Life-Balance und die Führungskräfte. Gut und besser bezahlte Arbeitnehmer sind eher dazu bereit, Freizeit zugunsten von Arbeitszeit zu opfern. Auch die Geschäftsaussichten sind für Arbeitnehmer weniger zentral, je mehr sie verdienen. Dies kann einerseits damit zusammenhängen, dass Niedrigverdiener eher dazu neigen, sich bei wirtschaftlicher Unsicherheit Sorgen zu machen. Andererseits ist es wahrscheinlich, dass Besserverdiener durchschnittlich eher in großen und langfristig stabilen Konzernen arbeiten.
So viel verdienten einzelne Berufsgruppen
Für den aktuellen Gehaltsreport hat die Jobseite Stepstone die Gehaltsdaten von rund 50.000 Fach- und Führungskräfte ausgewertet, die an einer Online-Befragung teilgenommen haben. Die angegebenen Durchschnittsgehälter sind Bruttojahresgehälter mit allen variablen Bezügen (Boni, Prämien, Weihnachtsgehalt usw.). Aus Gründen der Vergleichbarkeit wurden nur Angaben von Arbeitnehmern in Vollzeit berücksichtigt.
Die Durchschnittsgehälter sind außerdem nach Unternehmensgröße gestaffelt: kleine Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitern, mittlere Unternehmen mit bis zu 1000 Mitarbeitern und große Unternehmen ab 1000 Mitarbeitern.
Unabhängig von der Fachrichtung und der Position, verdienen Ärzte in kleinen Krankenhäusern im Schnitt 79.434 Euro brutto im Jahr. In mittleren Kliniken sind es 90.194 Euro. Überraschend: In großen Krankenhäusern mit mehr als 1000 Angestellten liegt das durchschnittliche Gehalt eines Arztes nur noch bei 83.570 Euro brutto.
Rechtsanwälte in kleinen Kanzleien können - unabhängig vom Rechtsgebiet - mit einem Durchschnittsgehalt von 51.625 Euro brutto im Jahr rechnen. Bei den Juristen gilt laut der Statistik: Je größer, die Kanzlei, desto höher die Bezüge. In mittleren Häusern gibt es 69.417 Euro brutto, in den ganz großen 78.947 Euro im Jahr.
Auch bei Banken spielt die Größe eine Rolle: Wer in einer kleinen Bank arbeitet, bekommt im Mittel 65.772 Euro brutto im Jahr. In einem ganz großen Haus sind es dagegen im Schnitt 75.574 Euro brutto.
Ingenieure verdienen in Deutschland im Jahr zwischen 58.741 Euro brutto und 72.531 Euro brutto - abhängig von der Größe des Unternehmens. Fachrichtungen, Dienstalter und Position sind hierbei nicht berücksichtigt.
Auch in der IT-Branche spielt es nicht nur eine Rolle, was man kann, sondern für wen man arbeitet: In kleinen Unternehmen gibt es im Schnitt 55.781 Euro brutto, in großen 70.407 Euro brutto.
Ähnlich groß ist die Spanne im Finanz- und Rechnungswesen: Im kleinen Betrieb bekommen Controller durchschnittlich 55.394 Euro brutto, in mittleren sind es 60.542 und in großen Unternehmen 70.213 Euro.
Die Mitarbeiter aus dem Vertrieb und Verkauf, die an der Umfrage teilgenommen haben, bekamen im Schnitt 52.117 Euro brutto im Jahr, wenn sie in einem kleinen Unternehmen tätig waren. Bei mittleren Unternehmen gab es im Schnitt 60.150 Euro und 67.959 bei großen Arbeitgebern.
Angestellte aus dem Versicherungswesen bekamen im Durchschnitt 50.291 Euro brutto in kleinen und 61.409 Euro brutto in großen Unternehmen.
Wer vergangenes Jahr in der naturwissenschaftlichen Forschung und dem Labor gearbeitet hat, verdiente zwischen 50.067 und 63.318 Euro brutto - abhängig von der Größe des Arbeitgebers.
Angestellte aus Marketing und Kommunikation verdienten im vergangenen Jahr zwischen 46.771 und 63.051 Euro brutto.
HR-Experten und Angestellte aus dem Personalwesen verdienten im letzten Jahr zwischen 50.028 und 60.741 Euro brutto.
Mitarbeiter aus Einkauf und Logistik bekamen im Durchschnitt 45.958 Euro in kleinen, 54.767 Euro in mittleren und 63.978 Euro brutto in großen Unternehmen.
Designer und Architekten beziehungsweise deren Angestellten verdienten im letzten Jahr zwischen 41.542 und 60.420 Euro brutto.
Mitarbeiter mit einem technischen Ausbildungsberuf verdienten vergangenes Jahr zwischen 46.310 Euro und 57.924 Euro brutto.
Im Handwerk verdienten Mitarbeiter vergangenes Jahr durchschnittlich zwischen 36.161 und 43.807 Euro, je nach Größe des Betriebs.
Mitarbeiter aus dem Bereich Administration und Sekretariat verdienten zwischen 37.962 und 47.948 Euro brutto im Jahr.
Wer im Bereich Bildung und Soziales arbeitet, verdiente vergangenes Jahr zwischen 37.962 und 45.971 Euro brutto.
In den Bereichen Pflege, Therapie und Assistenz gab es zwischen 32.638 Euro und 41.798 Euro brutto im Jahr.
Die Studie (und die Grafik) zeigen aber auch: Gehalt und Zusatzleistungen spielen für Arbeitnehmer grundsätzlich eine wichtige Rolle, machen aber nicht zwangsläufig zufrieden. Das hat schon der britische Konsumforscher und Ökonom Angus Deaton von der Universität Princeton festgestellt. Seine Erkenntnis: Das subjektive Glücksgefühl der Menschen steigt bis zu einem Jahresverdienst von 75.000 Dollar - also umgerechnet 66.000 Euro jährlich oder 5500 Euro monatlich.
Darüber hinaus sorge mehr Geld nicht für mehr Zufriedenheit. Wer also 120.000 Dollar brutto im Jahr nach Hause bringt, ist genauso glücklich oder unglücklich wie der Kollege mit 75.000 Dollar. Der Grund: Wer mehr als 75.000 Dollar verdient, hat so viel Stress und Druck und so wenig Zeit für die angenehmen Dinge, dass alles Geld es nicht mehr wettmachen kann.