Wenn Sie eine Präsentation vorbereiten, sollten Sie sich vor allem eine Frage stellen: Wofür sollen Charts dienen?
Sind sie vor allem zur Lektüre gedacht, also als Handouts, zur Vorbereitung für Chefs, Gremien, Berater oder Kunden? Oder zur Verstärkung Ihrer Rede, als Illustration, die aber Ihre Story nicht stört? Das sind zwei Welten, die viele Führungskräfte täglich verwechseln. Die erste Möglichkeit ist selbsterklärend. Die zweite darf es gerade nicht sein.
Die Überschrift
Selbsterklärende Charts werden selbsterklärend schon durch die Überschriften. Oben steht idiotensicher, was unten mühevoll und oft ungenießbar bewiesen werden soll. Manchmal sind es nur Themen, manchmal Aufforderungen zur Handlung. Überschriften sind meist nicht die Lösung, sondern oft der Beginn des Problems. Mal drücken sie etwas aus, was der Redner bereits sagt; mal erklären sie langatmig die Essenz der folgenden Aussage, zudem mit eingebautem Vorwegnahme-Modus.
Zur Person
Stefan Wachtel coacht Spitzenmanagern für Auftritte. Sein zehntes Buch „Executive Modus“ ist gerade bei Hanser erschienen.
Dabei wird eines vergessen: Executives erläutern keine Sachverhalte und glänzen nicht mit vollständigen Details. Sie entscheiden, weil sie Stimme haben und Gesicht.
Was Executive heißt? Menschen, die etwas zu sagen haben oder etwas wirklich ausführen. Die ein sprichwörtliches Gesicht bekommen – und Charts tun genau das nicht. Was soll einer schon erklären angesichts selbst erklärender Tafeln?
Braucht es überhaupt Überschriften? Das Handout braucht sie, Rede-Charts nicht.
Das Problem ist: Selbsterklärende Charts verleiten dazu, etwa anderes zu sagen als auf dem Bild. Text und Bild sagen Verschiedenes. Auf dem Bild die beliebten Details, vielleicht ein Bildchen vom Fabrikgelände, mit langer Überschrift, und die Sprecherin versucht einen Zusammenhang zu erklären, vielleicht sogar eine Vision zu entwerfen. Aber sie erreicht keine Führungswirkung, keine Flughöhe. Was sie sagt, wird durch das Bild wieder heruntergezogen.
Text und Bild sind vielfach an keiner Stelle zusammen geführt, und das ist oft ganz beabsichtigt. Die ganz Schlauen sagen: Ich erzähl doch nicht, was auf dem Chart steht – falsch!
So geht es nicht: Die populärsten Irrtümer, wie eine gute Rede aussieht
"Tun Sie es nicht", warnt Rhetorik-Trainer und Buchautor Matthias Pöhm in seiner Sammlung der typischen Rhetorik-Irrtümer. "Gerhard Schröder, Obama und Konsorten stellen sich nicht selbst vor. Wer sich vorstellt, hat's nötig und macht sich dadurch klein." Er ist überzeugt: "Wenn Sie gut waren, dann machen die Leute sich schon von selbst schlau, wenn nicht... ist es gut, dass Sie's nicht erwähnt haben."
Im Fernsehen wird vorher auch nicht verraten, wer der Mörder ist. Eine Übersicht am Anfang des Vortrags langeweilt nur. Und: Martin Luther King, Cicero und Obama gaben auch keine Übersicht, worüber sie reden wollten.
Ein ganz ähnlicher Tipp ist der, am Anfang zu erklären, worüber man sprechen will, dann darüber zu sprechen und am Schluss eine Zusammenfassung zu geben. Dieses Rhetorikschema ist leider so wirkungsvoll wie eine Schlaftablette. Stellen Sie sich vor, die Ansagerin vom "Tatort" sagt am kommenden Sonntag: "Der Mörder ist diesmal der Direktor", dann kommt der Krimi und am Schluss heißt es: "Sie haben heute erlebt, wie der Kommissar den Direktor als Mörder entlarvte."
"Meine Damen und Herren, schon Goethe wusste..." Das wirkt altväterlich, ausgelutscht. Benutzen Sie statt dessen eigene Lebensweisheiten, statt die von Laotse, Buddha oder Goethe.
Dieser Tipp ist so alt wie das Fischgleichnis, das Jesus den Fischern gab. Wenn Sie kein Mediziner sind und vor Ärzten sprechen sollen, versuchen Sie es nicht mit einem Gleichnis aus der Medizin. Nehmen Sie etwas, das weit weg von der Berufswelt der Zuhörer ist.
Angeblich kann das Unterbewusstsein das Wort "nicht" nicht verarbeiten. Als Beweis wird seit Jahrzehnten der Satz "Denken Sie jetzt nicht an einen rosa Elefanten" bemüht. Wenn ein Hypnotiseur einem Menschen die Anweisung "Du kannst nicht aufstehen" gibt, wird das vom Unterbewusstsein allerdings sehr wohl verarbeitet.
Lächeln erzeugt Sympathien, das ist richtig. Es ist aber kein Grund, bei einer Rede andauernd zu grinsen. Wenn der Redner auf Dauerlächeln oder allgemein starke Mimik verzichtet, erzielt er eine bessere Wirkung.
Wenn Sie einen Auftrag haben wollen oder Menschen dazu bewegen wollen, ein Projekt mir Ihnen zu realisieren, dann haben Sie eine höhere Wirkung wenn Sie von "Ich" sprechen, als von "Wir". Man vertraut einem einzelnen Menschen mehr als abstrakten Gebilden wie Firmen, Abteilungen und Teams.
Wer einfach von "Bürgern" redet, erzeugt wesentlich mehr Schubkraft als mit der gendergerechten Version "Bürgerinnen und Bürger". Das wirkt angestrengt, bemüht, verkopft - und alles das sollte eine Rede nicht sein. Pöhm ist überzeugt: "Auch die Frauen, die diese Formulierung fordern, reden beim privaten Kaffeplausch mit ihrer Freundin nicht so. Die natürliche, ungekünstelte Alltagssprache ist immer auch die Sprache der höchsten Wirkung auf das Publikum."
Viele gehen davon aus, dass sich eine Information besser festsetzt, wenn man sie nicht nur hört, sondern auch noch sieht - also liest. Und schon hat der Redner ein Argument, sich hinter Folien zu verbergen. "Wenn Sie den selben Text ohne Folienunterstützung sprechen, werden Sie eine dramatisch höhere Wirkung erleben", so Pöhm. Gleiches gelte für den Rat "Ein Bild sagt ein mehr als 1000 Worte.". Zwar glaube der ganze Planet daran, im Vortrag sei es jedoch wirkungsvoller ein Bild mit Worten zu beschreiben, als einfach ein Foto zu zeigen. Denn ohne das Foto ist die eigene Vorstellungskraft gefragt.
"Vom Whiteboard, zu Pinnwand, zu Overhead, zu PowerPoint": Oft wird gepredigt, dass ein häufiger Wechsel des Präsentationsmittels angeblich die Präsentation lebendiger macht. Tatsächlich macht es sie nur hektischer. Pöhm rät deshalb: "Bleiben Sie beim Flipchart."
Verschränkte Arme bedeuten Verschlossenheit und Ablehnung ist ein weiterer Irrtum. In Ausnahmefällen trifft es zu, aber wenn man Menschen beim Präsentieren erlebt, die es tun, dann wirkt das in der Regel überhaupt nicht "ablehnend". Gleiches gilt für die Hand in der Hosentasche, die angeblich nicht erlaubt ist. Pöhm: "Das gilt für Jeans, die Taschen haben, wo man die Hand nur von oben reinstecken kann. Das wirkt tatsächlich unvorteilhaft. Aber bei Stoffhosen, wo die Tasche eine seitliche Öffnung hat, sieht es sehr cool aus, wenn EINE Hand in der Hosentasche ist und die andere gestikuliert."
"Redner und Präsentatoren laufen bei einer U-Form Bestuhlung oft in die U-Form und bewegen sich auf einzelne Teilnehmer zu. Das soll angeblich Nähe und "Verbindung" zum Publikum erschaffen. In der Gegenüberstellung, wo der Redner auf dem "Machtpunkt" in der energetischen Mitte des Auditoriums stehen bleibt und damit viel mehr Autorität ausstrahlt, erkennt man, dass diese Regel ein Irrtum ist."
Pöhm sagt ganz klar: "Menschen lieben es, wenn man Ihnen Ratschläge gibt. Keiner fühlt sich "geschlagen"." Er empfiehlt: "Probieren Sie es aus."
Sie sollten dazu sprechen, was auf dem Chart ist! Verzahnung von Text und Bild ist existenziell. Gehen Sie vor wie beim Punktschweißen. Setzen Sie die Text- und die Bild-Botschaft im selben Moment, nicht immer aber an fast regelmäßigen Punkten.
Für viele, nicht für alle Statements mit Charts sollten außerdem emotionale, verbale und nicht substantivische Sätze auf einem Chart auftauchen, die zur Rede passen. Solche Sprache kann im Hintergrund mitlaufen, es sollte dieselbe sein wie in der Rede.
Also statt: „Weitere Implementierung der Erfolgsstrategie“ eher: „Wir können mehr“ oder „nicht stehen bleiben“. Dann wäre auch das Problem behoben, dass der Text zu stark und gleichzeitig das Bild zu schwach ist: Ein einfacher, eher mündlicher Spruch auf der Tafel ist nicht zu stark für gleichzeitig starken Text.
Der Umgang mit Charts ist ein gutes Beispiel für ein eigentümliches Phänomen: Alle sind aus dem Häuschen über Steve-Jobs-Präsentationen, kaum einer setzt seine Taktik um: Worte stark – Chart leer. Oder Charts stark und sparsames Wort, immer im Wechsel. Tun Sie es einfach!