Es gibt Menschen, die sich nächtelang in Büchern verlieren können und andere, die nur lesen, wenn Beruf, Studium oder der Lehrer es fordert. Als Johannes Gutenberg im 15. Jahrhundert den Buchdruck erfand, war Lesen noch ein Privileg der Oberschicht. Wer reich war, genoss auch gute Bildung. Das schien sich mit einem besseren Zugang zu Büchern und gedruckten Texten zu ändern. Aber noch heute besteht ein statistischer Zusammenhang zwischen Einkommen und dem Lesen. Das behauptet zumindest eine Forschergruppe der Universität Padua.
Kinder aus belesenen Familien verdienen später mehr
In ihrer Studie mit dem vielversprechenden Titel „Books are forever“ befragten die Forscher knapp 6000 Männer in neun europäischen Ländern nach ihrem durchschnittlichen Lebenseinkommen sowie nach der Anzahl der Bücher, die sie im elterlichen Haushalt im Alter von 10 Jahren vorfinden konnten. Die Bücherzahl sagt dabei nicht nur etwas über die wirtschaftliche Lage einer Familie aus, die Zahl lasse vielmehr erkennen, inwiefern einem Kind schon früh die Möglichkeit gegeben wurde, kognitive und sozio-emotionale Fähigkeiten auf- und auszubauen. Das Ergebnis: Kinder aus Haushalten, in denen viele Bücher vorzufinden sind, verdienen später durchschnittlich 21 Prozent mehr.
Bücher, TV, Streaming? Diese Medien finden die Deutschen unverzichtbar
Nur wenige Erwachsene in Deutschland können sich ein Leben ohne Bücher oder Fernsehen vorstellen. Das ergab eine repräsentative Online-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur aus dem Januar 2016. Andere Unterhaltungsmedien hielten die Befragten dagegen eher für entbehrlich.
Nur eine Minderheit von 13 Prozent der Befragten findet gedruckte Bücher verzichtbar. Elektronische Bücher (zum Beispiel Kindle oder Tolino) halten 41 Prozent für verzichtbar.
14 Prozent der Befragten können sich ein Leben ohne das klassische Fernsehen vorstellen.
Schon wesentlich mehr können sich vorstellen, auf Musik-CDs zu verzichten: Rund ein Fünftel (21 Prozent) der Befragten fand CDs verzichtbar. Hörbücher auf physischen Tonträgern wie CDs spielen für 46 Prozent keine allzu wichtige Rolle.
Ein Leben ohne Kinobesuche ist für 23 Prozent vorstellbar.
Auf Spielfilme oder Serien von DVD würden 24 Prozent der Befragten verzichten.
Weniger wichtig finden die Erwachsene laut der YouGov-Umfrage Online-Videotheken. 38 Prozent könnten ohne das Streaming von Serien und Filmen (etwa via Netflix, Amazon, Maxdome, Watchever) leben, 40 Prozent ohne Musik-Streaming (zum Beispiel via Spotify oder Apple).
Eindeutig ist die Tendenz, wenn man nach den Altersgruppen schaut: So finden bei den 18- bis 24-Jährigen immerhin 21 Prozent das Fernsehen verzichtbar, bei den Menschen über 55 sind es dagegen nur 10 Prozent.
Film-Streaming finden dagegen die Leute ab 55 kaum relevant: 50 Prozent können darauf verzichten, wie sie angaben. Bei den Jüngeren (zwischen 18 und 24 Jahren) sind es dagegen nur 27 Prozent, die es missen könnten. In der Altersgruppe 25 bis 34 Jahre sind es sogar nur 24 Prozent
„Das Vorhandensein von Büchern steht für mehr als nur die Präsenz eines Lesemediums. Es steht dafür, dass Lesen in der Lebenswelt der Kinder verankert war und die Kinder schon frühzeitig verschiedene Kompetenzen entwickeln konnten“, sagt Simone Ehmig, Leiterin des Instituts für Lese- und Medienforschung der Stiftung Lesen. Dabei ist schon die Gute-Nacht-Geschichte in der frühen Kindheit entscheidend.
„Schon das Vorlesen zahlt sich in vielfältiger Hinsicht auf die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes aus und hat einen wesentlichen Einfluss auf die Sprachentwicklung“, sagt Ehmig. Aus Studien des Instituts für Lese- und Medienforschung geht hervor, dass Kinder, denen vorgelesen wurde, später mit besseren Schulnoten belohnt werden. Die Lust zu Lesen entsteht also Schritt für Schritt: Wer früh vorgelesen bekommt, entwickelt eine höhere Motivation, bald auch selbständig zum Buch zu greifen. Wer viel liest, kann die bessere Bildung erlangen und schließlich mehr Geld verdienen. So weit, so simpel. Doch auch wenn es heute so einfach scheint: Ein hürdenloser Zugang zu Büchern bedeutet nicht, dass das große Angebot auch über alle Gesellschaftsschichten hinweg gleichermaßen genutzt wird. Die neue PISA Studie bestätigt, dass die soziale Herkunft über Lesekompetenz und –motivation entscheidet.
15 Minuten pro Tag vorlesen
Simone Ehmig betont jedoch, dass Eltern unabhängig von Einkommen und Bildung, vorlesen sollten: „Selbst mit 15 Minuten Vorlesen pro Tag bekommen die Kinder eine Möglichkeit, aus Geschichten verschiedene Situationen und Lebensentwürfe kennenzulernen, mit denen sie im echten Leben noch nicht konfrontiert wurden. So können sie Interesse für Themen entwickeln und schon früh ihren Horizont erweitern“.
Eine gute Lesekompetenz setzt jedoch nicht nur den frühen Kontakt mit Büchern voraus, sondern auch neurologische Bedingungen: „Zu Beginn der Leseentwicklung existieren bei Kindern schon Hirnareale, die für die Verarbeitung von gehörter Sprache verantwortlich sind. Das Gehirn beginnt dann, jeden Laut mit einem Buchstaben zu verknüpfen“, erklärt Johanna Liebig aus dem Arbeitsbereich Allgemeine und Neurokognitive Psychologie an der Freien Universität Berlin.
Vorlesetipps
Kinder stellen oft und gerne Fragen. Als vorlesende Person sollte Geduld mitgebracht werden. Kinder nehmen Texte oft anders war als Erwachsene und versuchen durch ihre Fragen auch zu verstehen. Auch nach dem Vorlesen sollte noch etwas Zeit eingeplant werden, um über das Gelesene zu sprechen.
Quelle: Stiftung Lesen
Zum zehnten Mal das gleiche Buch, weil es gerade das Lieblingsbuch des Kindes ist: Das muss man zulassen, denn auch Kinder haben ihren eigenen Willen. Deshalb sollte man Kinder die Bücher auswählen lassen. Besonders Spaß macht das Vorlesen natürlich dann, wenn Bücher ausgewählt werden, die beide mögen.
Der Tag war stressig und zwischendurch ergeben sich sowieso nur kurz Pause? Vorlesen braucht Zeit und sollte nicht zwischen Tür und Angel stattfinden. Suchen Sie einen ruhigen Moment, etwa vor dem Schlafengehen und versuchen Sie so auch das Lesen zum Ritual zu machen - in vollkommener Ruhe.
Auch wenn Kinder nicht immer etwas sagen: Sie merken es, wenn Sie sich nicht vollkommen auf sie konzentrieren und einen Text nur gelangweilt oder auch gestresst herunterleiern - als lästige Pflicht.
Kinder, die regelmäßig zum Buch greifen, sorgen dafür, dass die zuständigen Netzwerke zur Verarbeitung des Gelesenen besser zusammenarbeiten. Je besser diese Hirnareale bereits im Kindesalter zusammenarbeiten, desto eher entwickelt sich auch eine ausgeprägte Lesefähigkeit.
Wer ab jetzt täglich ein Buch zur Hand nimmt und sich unmittelbaren Reichtum erhofft, der wird enttäuscht. Doch fantasievolle Geschichten und spannende, neue Blickwinkel auf das Leben können zumindest zum geistigen Reichtum beitragen. Das Genre des Buches spielt im Übrigen eine geringere Rolle: Wem lange Romane nicht zusagen, der kann genauso gut zu Sachbüchern oder Zeitschriften greifen – der Effekt bleibt derselbe. Die Devise lautet: Lesen muss Spaß machen.