Neurowissenschaften Warum Tagträume gut für die Karriere sind

Gedanklich abschweifen: Wer kennt das nicht? Unter bestimmten Bedingungen kann das helfen, Probleme zu lösen. Das haben Forscher des Leipziger Max-Planck-Instituts herausgefunden.

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Neurowissenschaften: Warum Tagträume gut für die Karriere sind Quelle: AP

Träumer haben es schwer: Schon in der Grundschule werden verträumte Kinder ermahnt. Sie sollen sich konzentrieren, anstatt ihren Gedanken nachzuhängen, sie sollen sich beteiligen, anstatt still vor sich hin zu grübeln. Auch im Berufsleben gilt der, der sinnierend aus dem Fenster guckt, nicht als engagierter Leistungsträger, sondern als Tagträumer. Und das ist in den seltensten Fällen eine wohlmeinende Bezeichnung. Dabei vertrödeln diese Tagträumer keineswegs ihre Zeit, wie Forscher am Leipziger Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften (MPI CBS) gemeinsam mit der Universität York herausgefunden haben.

Im Hirnscan machten sie sichtbar: Bei Menschen, die ab und zu bewusst die Gedanken abschweifen lassen, sind die Areale im Gehirn besonders aktiv, die für die Konzentration zuständig sind. „Wir haben herausgefunden, dass bei Menschen, die häufig gewollt mit ihren Gedanken abschweifen, der Stirnbereich der Großhirnrinde dicker ausgebildet ist“, erklärt Johannes Golchert, Doktorand am Leipziger Max-Planck-Institut die neue Studie, die im Fachjournal "Neuroimage" erschienen ist. „Außerdem hat sich gezeigt, dass sich bei ihnen zwei entscheidende Hirnnetzwerke stärker überlappen. Zum einen das sogenannte Default-Mode Netzwerk, das besonders aktiv ist, wenn wir unsere Aufmerksamkeit nach innen auf Informationen aus unserem Gedächtnis richten.“

Denken Sie positiv!
Der positive UnterschiedDas Konzept stammt von Günter Lueger und ist ein leichter Einstieg in positives Denken. Wir tendieren dazu, Menschen und Dinge als stabil wahrzunehmen. Bei einer Kollegin, die wir als schwatzhaft abgespeichert haben, fällt es uns jedes Mal auf, wenn sie schwatzt. Achten Sie mal darauf, wann die Kollegin still ist. Quelle: Fotolia
Positive Sprache verwendenDer amerikanische Begründer der Positiven Psychologie, Martin Seligmann, hat 80 Millionen Tweets und Nachrichten bei Facebook bezüglich der verwendeten Worte ausgewertet. Es zeigte sich, dass die besonders häufige Verwendung von Worten wie „fucked“ „hate“ „bored“ das Auftreten einer Herzkreislauferkrankung besser vorhersagt, als die Auswertung der medizinischen Risikofaktoren. Es gab auch Worte, die mit einem geringen Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen verbunden waren wie „thanks“, „great“, „interesting“, „love“.   Quelle: Fotolia
Zählen Sie die positiven Dinge des TagesDie Psychologin Barbara L. Fredrickson und Ihr Team wiesen nach, dass Menschen, die viele positive Erinnerungen haben, freundlicher und glücklicher sind. Glückliche Erinnerungen kann man sich schaffen. Zählen sie am Abend die angenehmen Dinge des Tages statt der negativen Erlebnisse. Quelle: Fotolia
TagträumenUte Eberle verfolgte Experimente zum Training von Optimismus und konnte zeigen, dass 5 Minuten Tagträumen zu mehr Optimismus führen. Quelle: Fotolia
Tun Sie so, als obChristian Heinrich konnte zeigen, dass unsere guten Gefühle, egal ob echt oder unecht, wirken und uns z. B. stressresistenter und gesünder machen. Es lohnt sich also auch, sich einzureden, gut gelaunt zu sein. Quelle: Fotolia

Und wer sich nicht nur seinen Tagträumen hingibt, sondern diese bewusst lenkt, bei dem arbeiten bestimmte Hirnstrukturen, die für die kognitive Kontrolle zuständig sind, sogar effektiver zusammen, als bei anderen Probanden. Heißt: Ein Mensch tüftelt an einem Problem, findet aber keine oder zumindest keine zufriedenstellende Lösung. Wenn er dann bewusst mit den Gedanken abschweift und sich eben nicht mehr auf das Problem fixiert, wird er sehr wahrscheinlich auf eine kreative Lösung kommen. Bislang konnte dieses Phänomen nur anhand von Verhaltensstudien belegt werden. Nun ist es den Wissenschaftlern zum ersten Mal gelungen, den Nutzen von Tagträumen anhand der Hirnstrukturen - und funktionen nachzuweisen.

Weiterer Vorteil dieses bewussten Abschweifens: die Fähigkeit kann dabei helfen, sich auf schwierige Situationen in der Zukunft vorzubereiten, etwa auf ein Bewerbungsgespräch. Viele Dinge können so schon vorab durchgespielt und simuliert werden. In der eigentlich Situation ist man dann deutlich entspannter.

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