Seine Arbeit erinnert Thomas Kirchner jeden Tag an seine Exfreundin. Schuld daran ist ein orange-grauer Handschuh, denn der heißt Katharina – genau wie Kirchners verflossene Liebe. „Wir benennen unsere Prototypen immer nach früheren Partnern“, sagt Kirchner. In seinem Start-up ProGlove gibt es daher auch zwei Handschuhe, die Mark und Ramona heißen.
Die Methode ist nicht nur ein schräger Spleen, sondern hat System. Mit dieser eigenwilligen Praxis wollen sich die Gründer immer wieder selbst daran erinnern, sich nicht zu lange auf eine Idee und einen Prototyp zu versteifen – sondern irgendwann auch loszulassen, nach vorne zu schauen und weiterzumachen. So wie vor einem Jahr bei der allerersten Version ihrer Vision eines intelligenten Handschuhs. Da klebten die Gründer einfach einen iPod auf einen Baumarkthandschuh und drehten damit ein Video. „Das konnte technisch nichts, sah aber cool aus“, sagt Kirchner.
Dell-Wettbewerb finanzierte Prototyp
Außerdem reichte es, um Intel zu überzeugen. Die Gründer qualifizierten sich mit dem Video für die Teilnahme an einem Wettbewerb des US-Speicherchipherstellers im Silicon Valley. Dort gewannen sie ein Preisgeld in Höhe von 100.000 Dollar, einen ersten Investoren – und entwickelten daraufhin einen funktionsfähigen Prototyp.
Woher Startups ihr Kapital erhalten
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Quelle: Deutscher Startup Monitor/Bundesverband Deutsche Startups, 2014
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Ihre Idee: Statt mit zusätzlichen Geräten sollen Arbeiter einfach per Hand Informationen aus Maschinen auslesen, Temperatur oder Strom messen. Dazu integriert das Start-up verschiedene Sensoren in einen Handschuh. Ein Display zeigt die Daten an und kann direkt Feedback geben – also zum Beispiel ansagen, ob Arbeitsschritte richtig ausgeführt oder Fehler gemacht werden.
Auf diesen Einfall kamen die Gründer durch den Erfolg der Wearables – Minicomputer wie Smartwatches oder Fitnessbänder, die der Nutzer am Körper trägt. Das Duo überlegte, welche Einsatzorte es in der Industrie geben könnte. Da erinnerte sich Mitgründer Paul Günther an seine Zeit bei BMW: Er hatte als Student Besucher durchs Werk geführt und war später Doktorand bei der Konzerntochter Mini. Da fast alle Arbeiter in Fabriken Handschuhe tragen, stand der Plan schnell fest: „Wir machen den Handschuh intelligent.“
Smarter Handschuh für die Automobilbranche
Ein Jahr später ist das ProGlove-Modell bereits bei etwa einem Dutzend großer Unternehmen im Einsatz. Da es sich um Pilotprojekte handelt, darf Kirchner noch keine Namen nennen. Nur so viel verrät er: Ein Schwerpunkt ist die Autobranche. Doch schon jetzt steht fest, dass das Duo die richtige Idee hatte. Denn das Start-up gewann den neunten WirtschaftsWoche-Gründerwettbewerb.
Die Finalisten 2015
Zum neunten Mal veranstaltete die WirtschaftsWoche den Neumacher-Wettbewerb. Der Sieger erhält ein Preisgeld in Höhe von 10 000 Euro sowie wertvolle Sachleistungen: Der High-Tech Gründerfonds coacht den Gewinner, die internationale Anwaltskanzlei Olswang hilft ein Jahr lang in Rechtsfragen, die Experten der Werbeagentur thjnk beraten bei der Markenstrategie. Mehr zum Wettbewerb, der Jury und früheren Siegern unter: wiwo.de/neumacher
Das Start-up aus Fürth hat ein tragbares Wasserkraftwerk entwickelt, das in den Rucksack passt und in einem Fluss in etwa 90 Minuten ein Smartphone aufladen kann.
Das Team aus Garching hat eine neue Methode entwickelt, um Batteriespeichersysteme zu bauen. Dabei werden die Batteriezellen zwischen zwei Platten geklemmt, damit kann die Energiedichte erhöht werden. So soll die Reichweite von Elektroautos verdoppelt werden.
Die Dresdner entwickeln Beton, der nicht mit Stahl, sondern mit Carbon verstärkt wird. Das ermöglicht filigranere Konstruktionen, die zudem länger halten.
Die Berliner haben eine Software für Bauern entwickelt. Statt wie bislang auf Zetteln oder in Excel- Dateien, können sie damit per Smartphone alle wesentlichen Daten zum Einsatz von Saatgut, Düngemitteln und Arbeitszeiten erfassen und ihre Felder effizienter beackern.
Die Berliner bieten eine Onlineplattform, um alle Verträge im Blick zu behalten, von der Versicherung bis zum Handy – inklusive Übersicht über Laufzeiten, Kosten und die Tarife anderer Anbieter und Nutzer.
„ProGlove macht Industrie 4.0 anfassbar“, sagt Torsten Oelke, Internetunternehmer und Mitglied im Beirat Junge digitale Wirtschaft des Bundeswirtschaftsministers.
Wie so oft gilt: Selbst die beste Idee braucht das richtige Umfeld. Insofern haben die Gründer von ProGlove alles richtig gemacht. Die Vernetzung von Fabriken und Produktionsanlagen ist ein Wachstumsmarkt. Bis 2020 will die deutsche Industrie laut einer PwC-Studie hier jährlich 40 Milliarden Euro investieren. Nachdem das Internetgeschäft für Privatkunden von US-Konzernen wie Apple, Google oder Facebook dominiert wird, sollen deutsche Unternehmen bei der Digitalisierung der Industrieproduktion wieder eine wichtige Rolle spielen.