Der Stellenmarkt ist ein großartiger Spielplatz für Fans einer gepflegten Runde Bullshit-Bingo. Kreativität oder zumindest Individualität gibt es meist weder bei Bewerbern, noch bei den Unternehmen. Stattdessen herrscht Floskel-Alarm.
Im Januar hat das Karrierenetzwerk LinkedIn Bewerbungen verglichen und festgestellt: In deutschen Anschreiben wimmelt es nur so von hohlen Phrasen. Kreativ, motiviert, teamfähig, strategisch und leidenschaftlich – so ist der, der typische Bewerber.
Der Analyse des Bewerberverhaltens folgten natürlich Tipps, wie man es besser machen könne, um nicht gleich beim Personaler durchs Raster zu fallen.
Das ist natürlich richtig, aber: Die potenziellen Arbeitgeber sind nicht besser. Das haben Manfred Böcker und Sascha Theisen herausgefunden. Die beiden PR-Berater haben zusammen mit dem Softwareunternehmen Textkernel 15.000 Stellenanzeigen ausgewertet. Das Ergebnis: Dax-Konzerne sind schlimme Phrasendrescher.
Die häufigsten Schlagwörter in deutschen Bewerbungen
Sieht man sich die Selbstbeschreibungen Berufstätiger in Karrierenetzwerken an, liest man auf vielen Profilen dasselbe: die Menschen sind verantwortungsvoll. „Mir ist alles egal“ sollte allerdings auch niemand in eine Bewerbung oder eine Jobprofil schreiben. Im Bewerbungsfloskel-Ranking des Karriereportals LinkedIn landet das Adjektiv auf Platz zehn. Erstaunlich: In internationalen Stellenanzeigen und Profilen taucht das Wort unter den Top Ten gar nicht auf.
Quelle: LinkedIn
Kreativ ist man dagegen sowohl in Deutschland als auch international gleichermaßen: Bei den Bewerbungen nimmt „kreativ“ im Floskel-Ranking den neunten Platz ein.
Egal wie rückwärtsgewandt und veränderungsresistent jemand sein mag - online und in Bewerbungen bezeichnen sich eigentlich alle als innovativ. Entsprechend landet das Wörtchen auf Rang acht im deutschsprachigen Raum. International brüstet man sich nicht mit seiner Innovationsfähigkeit.
Ohne Leidenschaft geht nichts, glauben die deutschen Bewerber – und schreiben das Wort fleißig in ihre Bewerbungen.
Bevor Sie auf die Idee kommen, Ihr Alter zu verraten, schreiben Sie lieber, dass Sie erfahren sind. Das machen die anderen auch so. Im Bullshit-Bingo belegt "erfahren" im deutschsprachigen Raum entsprechend Platz sechs.
Und damit der Personaler nicht glaubt, hier bewirbt sich ein Idiot, heben die Bewerber fleißig ihr „Expertenwissen“ hervor. International belegt diese Phrase Platz sieben.
"Guck mal da, en Eichhörnchen!". Damit niemand glaubt, man lasse sich ständig ablenken, beschreiben sich natürlich alle als fokussiert. International belegt "focused" Rang sechs.
"Du machst erst das, dann tust du jenes und dann sage ich, dass das meine Idee gewesen ist." Schließlich handelt niemand planlos, deutsche Bewerber sind allesamt „strategisch“.
Will man in Erinnerung bleiben, sollte man sich von der Masse abheben. Da leider fast jeder Bewerber angibt, "Führungsqualitäten" zu haben, wird das schwierig.
Ein Königreich den Fachidioten: Sowohl im deutschsprachigen Raum als auch international geht die Goldmedaille für die meistgenutzte Phrase an "spezialisiert."
Die Schlagworte „führend“, „Technologie“, „international“, „weltweit“ und „innovativ“ sind ohnehin die Lieblingsbeschreibungen der Dax 30. Das Wörtchen „führend“ tauchte in 15.000 Stellenanzeigen insgesamt 3019 Mal auf, „innovativ“ landet mit 1863 Nennungen immerhin noch auf Platz fünf der meistgenutzten Phrasen.
Natürlich haben diese innovativen, internationalen Technologieunternehmen, die auf ihrem Gebiet führend sind, konkrete Vorstellungen von ihren zukünftigen Mitarbeitern. Besonders bei Daimler, Thyssenkrupp, Fresenius, BMW, Siemens und Continental legt die Personalabteilung Wert auf flexible, einsatzbereite, engagierte und freudige Mitarbeiter. Vor allem Flexibilität wurde 2165 Mal in den 15.000 Stellenanzeigen erwähnt.
Vergleicht man nun diese Anforderungen der Unternehmen mit den Selbstdarstellungen der Bewerber, kann man nur sagen: Beide Seiten haben sich irgendwie verdient.