Vorstellungsgespräch Herkunft entscheidet über Einstellungschancen

Seit es Facebook gibt, sollten Bewerber fragwürdige Fotos online verstecken. Schließlich gucken auch Personaler ins Netz. Das ist richtig. Doch die achten eher auf die Herkunft der Bewerber, als auf Partyfotos.

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Die fiesesten Fragen im Vorstellungsgespräch
„Wie viele Briefkästen der Deutschen Post stehen auf den Straßen Deutschlands?“ Quelle: dpa
„Wie viele Smarties passen in einen VW-Bus?“ Quelle: dpa
„Sie steigen in den Aufzug ein und im Aufzug befindet sich der CEO. Was würden Sie ihm sagen, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen?“ Quelle: REUTERS
Wenn Sie alle Wohnungen in NRW mit Parkett ausstatten wollen würden, wie viel Holz müsste im Schwarzwald abgeholzt werden?“ Quelle: dpa
„Wie viele Cappuccinos werden täglich in Manhattan verkauft?“ Quelle: dpa
„Wenn der Schokoriegel „Mars” eine Person wäre, wie wäre sie?” Quelle: dpa
Der Leiter der Lufthansa Cargo Animal Lounge, Axel Heitmann, hält am Flughafen in Frankfurt am Main einen Regenwurm aus China in seiner Hand Quelle: dpa

Im April 2013 hat die Stadt Celle als bundesweit erste Stadt mit einem anonymisierten Bewerbungsverfahren nach einer Führungskraft gesucht. Danach wagten sich andere Kommunen an den Feldversuch. Name, Alter, Herkunft und Geschlecht der Kandidaten erfährt die Personalabteilung dabei zunächst nicht, auch ein Foto gibt es nicht. Nur die Qualifikationen des Bewerbers sollten im Fokus stehen.

Das Ziel: persönliche Ressentiments oder Vorlieben des Personalers sollen bei der Entscheidung für oder gegen einen Bewerber wegfallen. Im angelsächsischen Sprachraum ist die anonymisierte Bewerbung längst ein alter Hut, bei US-Unternehmen wird ausgesiebt, wer ein Foto mitschickt. Nur hierzulande mahlen die Mühlen langsamer.

„Bei großen Firmen gibt es eher die Bereitschaft, das zu machen, als bei Mittelständlern“, meint der Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen, Volker Müller. Inhabergeführte Firmen setzten lieber auf Gefühl und Menschenkenntnis und wollten von Anfang an sehen, ob der potenzielle künftige Mitarbeiter ins Team passe. „Gerade vor dem Hintergrund der Globalisierung gehe ich davon aus, dass die Firmen ohnehin ein Interesse haben, Mitarbeiter mit Migrationshintergrund einzustellen.“

Doch das ist leider nicht der Fall: Einer Studie des Forschungsbereichs des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) belegte, dass Bewerber mit türkischem Namen bei deutschen Unternehmen kaum Chancen haben und junge Leute mit ausländisch klingendem Namen bekommen seltener eine Lehrstelle.

Bewerbungsstrategien für den Traumjob

Diskriminierung ist allerdings kein deutsches Phänomen: Ein Experiment der französischen Wissenschaftler Matthieu Manant, Serge Pajak und Nicolas Soulié zeigt: Personaler diskriminieren Bewerber, die im Ausland geboren sind. Die Forscher erschufen zwei fiktive Bewerber, deren Zeugnisse und Lebensläufe identisch waren.

Herkunft auf Facebook angeben? Besser nicht

Außerdem legten sie für beide ein Facebook-Profil an. In dem Profil des einen war zu lesen, dass er in Marokko geboren sei. Eine Information, die nicht in den eigentlichen Bewerbungsunterlagen hervor ging. Pro Bewerber wurden mehr als 400 Bewerbungen verschickt.

Währen der fiktive Bewerber, der in Frankreich geboren wurde, von 21,3 Prozent der Unternehmer zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde, bekam der Kandidat, der in Marokko zur Welt gekommen ist, von 13,4 Prozent Einladungen für ein persönliches Kennen lernen. Nachdem Facebook im Dezember 2012 die Profilseiten geändert hat und die Herkunft nicht mehr auf den ersten Blick zu sehen waren, bekamen beide Bewerber gleich viele Einladungen. Die Conclusio, des bei der Konferenz der European Economic Association vorgestellten Experiments:

Personaler haben ein Auge auf die Facebook-Profile der Bewerber und sieben aus, wer nicht ins Bild passt. Dazu gehören leider auch Bewerber mit ausländischen Wurzeln. Wer sich irgendwo bewirbt, sollte also nicht nur sensible Fotos verstecken, sondern sein Profil am besten für Fremde ganz unzugänglich machen - was ohnehin sinnvoll ist.

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