In einem Arbeitsverhältnis kann zu Beginn eine Probezeit vereinbart werden. In der Regel sind das sechs Monate, die Arbeitgeber und -nehmer Zeit haben, um festzustellen, ob es passt oder nicht. Bei einer Berufsausbildungsverhältnis muss eine Probezeit vereinbart werden. Die muss mindestens einen und darf maximal vier Monate betragen. Innerhalb dieser Zeit kann das Ausbildungsverhältnis jederzeit ohne Einhaltung einer Frist von beiden Seiten gekündigt werden.
Wie wichtig die Probezeit in der Lehre ist, zeigt sich in großer Deutlichkeit daran, dass gemäß Berufsbildungsbericht der Bundesregierung 2016 ungefähr jedes vierte Ausbildungsverhältnis vorzeitig beendet worden ist.
Berücksichtigt man außerdem, dass sich der Auszubildende zu Beginn der Ausbildung in einer für ihn völlig neuen Umgebung befindet, ist eine Probezeit von maximal vier Monaten relativ kurz. Ausbildende und Auszubildende tun also gut daran, die Probezeit aktiv zu nutzen. Denn die hohe Zahl abgebrochener Ausbildungsverhältnisse führt zu einem unnötigen Zeitverlust und unnötigen Kosten in erheblicher Höhe.
Zum Autor
Dr. Steffen Görres ist Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kieler Kanzlei Brock, Müller, Ziegenbein.
Ausbildungsbetriebe stellen sich immer wieder die Frage, wie sie sich ein klares Bild machen sollen, wenn der Azubi während der Probezeit oft gefehlt hat. Dieses Problem stellt sich vor allem bei längeren Krankheitszeiten.
Um keine unnötigen Risiken einzugehen, kündigen Ausbildungsbetriebe in solchen Fällen das Ausbildungsverhältnis häufig kurz vor Ablauf der viermonatigen Probezeit. Vorsichtshalber. Denn nach Ablauf der Probezeit ist eine Kündigung nur noch unter erheblich erschwerten Voraussetzungen möglich. Der Auszubildende verliert dann seinen Ausbildungsplatz.
Teilweise wird diesem Problem dadurch Rechnung getragen, dass Ausbildungsverträge eine Verlängerung der Probezeit bei Fehlzeiten vorsehen.
Diese Ausbildungsberufe haben die höchsten Abbrecherquoten
Am häufigsten werfen junge Menschen die Lehre hin, die Kellner oder Kellnerin werden wollten.
50,9 Prozent derjenigen, die eine Ausbildung zum Umzugshelfer begonnen haben, halten nicht durch.
Auch den Beruf des Wachmanns haben sich 49,5 Prozent der Auszubildenden offenbar anders vorgestellt, als er letztlich ist.
Dichtauf folgen die Köche: Am Herd brechen 49,4 Prozent ihre Ausbildung ab.
45 Prozent der Kosmetiker-Azubis halten die Lehre nicht durch.
Auch bei den Gebäudereinigern ist die Abbrecherquote mit 44,3 Prozent sehr hoch.
Bei den Friseuren werfen 44,2 Prozent der Lehrlinge vorzeitig das Handtuch.
Und bei den Lkw-Fahrern brechen 43,7 Prozent vorzeitig ab.
Das Bundesarbeitsgericht hat vor Kurzem die bislang umstrittene Frage entscheiden müssen, ob eine Klausel wirksam ist, wonach sich die Probezeit eines Ausbildungsverhältnisses entsprechend den Fehlzeiten über vier Monate hinaus verlängert, wenn der Auszubildende mehr als 1/3 der Probezeit nicht anwesend war (BAG, Urt. v. 09.06.2016 – 6 AZR 396/15). Das Bundesarbeitsgericht hat diese Klausel für zulässig erachtet. Es hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Verlängerung der Probezeit sowohl im Interesse des Ausbildenden als auch des Auszubildenden ist. Insbesondere wurde hervorgehoben, dass damit eine Chance zur Fortsetzung der Ausbildung eingeräumt wird, die bei einer starren Anwendung der maximalen Probezeit häufig nicht bestünde.
Gut so. Allerdings führt nicht jeder Fehltag automatisch zu einer Verlängerung der Probezeit, sondern nur, wenn die Ausbildung für einen erheblichen Zeitraum unterbrochen war. Auf normale Arbeitsverhältnisse kann diese Rechtsprechung jedoch nicht übertragen werden.
Sollte letztendlich auch eine in zulässiger Weise verlängerte Probezeit nicht zu den gewünschten Ergebnissen führen, bliebe dem Ausbildenden dann auch noch nach Ablauf von vier Monaten die Möglichkeit, das Ausbildungsverhältnis mit sofortiger Wirkung beenden zu können. Zu beachten ist dabei jedoch, dass der Betriebsrat auch bei der Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses in der Probezeit konsultiert werden muss. Anderenfalls ist die Kündigung unwirksam.
Ausbildungsbetriebe, denen eine Probezeit von maximal vier Monaten zu kurz erscheint, sollten darüber nachdenken, künftigen Azubis möglichweise vorab ein Praktikum anzubieten. Das einer Ausbildung vorgeschaltete Praktikum wird auf die Probezeit nicht angerechnet und ermöglicht somit eine längere Kennenlernphase, ohne bereits nach vier Monaten den sehr eingeschränkten Kündigungsmöglichkeiten des Berufsbildungsgesetzes ausgesetzt zu sein.