Serie Familienunternehmen: Griesson - de Beukelaer Die Erfolgsfaktoren des Keks-Königs

Warum auf Biegen und Brechen einen Nachfolger aus der Familie suchen? Kekskönig Heinz Gries holte einen externen Manager, beteiligte ihn am Unternehmen und lag damit goldrichtig. Eine Geschichte über die Kunst des Loslassens.

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Griessin-de Beukelaer: Die Erfolgsfaktoren des Familienunternehmens. Quelle: imago images

An einem verregneten Morgen im Spätsommer 1999 fährt Heinz Gries besonders früh zur Arbeit. Schon um kurz nach sieben Uhr kutschiert der 64-jährige Unternehmer seinen schwarzen BMW mit dem Kennzeichen „KO-HG“ durch das Gewerbegebiet in Polch, entlang der Straße, die heute seinen Namen trägt. Dann biegt er auf den Parkplatz vor der Firmenzentrale des Keksherstellers Griesson-de Beukelaer ein. Alles wie immer, wie seit Jahrzehnten.

Doch Gries, in dessen Unternehmen etwa der Schokokeks Prinzenrolle gebacken wird, peilt nicht den rechten der beiden reservierten Stellplätze an. Er nimmt den Parkplatz gleich links daneben. Auf dem rechten, dem ersten in der Reihe, steht 40 Minuten später ein dunkler Audi, „KO-AL“ auf dem Nummernschild: Andreas Land.

Es ist nur der Tausch eines Parkplatzes. Aber für den Kekshersteller Griesson-de Beukelaer beginnt mit der neuen Parkplatzordnung auch eine neue Zeit. Demonstrativ, sichtbar für jeden Mitarbeiter, räumt an diesem Morgen der Inhaber seinen Platz, rückt ins zweite Glied und vertraut sein Unternehmen dem Mann an, den er vor anderthalb Jahren vom französischen Nahrungsmittelkonzern Danone in das kleine Eifelstädtchen oberhalb des Moseltals bei Koblenz geholt hat und ihn zum Teilhaber machte: Andreas Land.

Die fünf Erfolgsfaktoren der Familie Gries

So viel Symbolik ist Land noch heute unangenehm. „Ich wollte das gar nicht“, sagt der 59-jährige Sprecher der Geschäftsführung rückblickend. „Aber Herr Gries sagte zu mir: Glauben Sie mir, Herr Land, das wird wahrgenommen. Das unterstreicht, dass es mir ernst ist.“ Und ernst, das war es ihm wirklich.

Mittlerweile sind Herr Land und Herr Gries seit fast zwei Jahrzehnten ein Team, auch wenn sich der 81-jährige Senior längst zurückgezogen hat und sich nur noch selten im Unternehmen blicken lässt. „Ich versuche, ihn voll informiert zu halten“, sagt Land. „Damit er nichts von irgendwo hört, sondern immer direkt von mir. Wir telefonieren oder treffen uns.“ Sie siezen sich bis heute.

Patriarch trifft Manager

Heute gilt die Nachfolgeregelung im Hause Gries als mustergültig in einer Branche, in der Patriarchen sich oft bis ans Sterbebett an ihrer Macht festkrallen und in der es vor abschreckenden Beispielen wie Stollwerck, Oetker, Haribo oder Bahlsen nur so wimmelt. Gemessen an solchen Konstellationen, sind die beiden Herren der Kekse zu einem Dream Team gewachsen: Der Unternehmer und Patriarch und der Manager, der zum Unternehmer und Mitgesellschafter wurde. „Herr Gries hat mit der Einbindung von Herrn Land in seine Gesellschafterstruktur und mit der Errichtung einer Stiftung eine vorbildliche Nachfolgeregelung getroffen“, sagt etwa Hermann Bühlbecker, Alleingesellschafter des Aachener Gebäck- und Printenherstellers Lambertz. Auf diese Art und Weise sei der Erhalt des Unternehmens langfristig gesichert, „losgelöst von den Unwägbarkeiten und Risikopotenzialen, die sonst bei Familienunternehmen gegeben sein können“.

Überhaupt ist Gries Senior jemand, der sich rechtzeitig viele Gedanken über die in vielen Unternehmen so prekäre Nachfolgefrage macht. Vor rund zwei Jahren gründete Heinz Gries daher die Gottlieb Anton-Stiftung, zum Andenken an seinen Großvater, der das Unternehmen 1892 gegründet hatte. In diese Stiftung brachte der Senior seine Firmenanteile ein. Er selbst fungiert als Vorsitzender, im Stiftungsrat sitzen sein Sohn Peter, eine der drei Töchter und Andreas Land.

Inzwischen bereiten die Familie und ihr Topmanager schon die nächste Nachfolge vor: von Andreas Land auf einen Kandidaten aus dem dreiköpfigen Geschäftsführergremium um ihn herum. Schließlich soll alles so frühzeitig und perfekt wie möglich vorbereitet sein. Denn eine Situation wie damals, als Heinz Gries übernehmen musste, möchte niemand in der Familie und im Unternehmen erleben.

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