Online-Marketing Der Mittelstand hängt die Großkonzerne ab

In punkto Marketing lassen kleine Betriebe die großen Konkurrenten dumm dastehen: Während die Großen noch auf Fernsehwerbung & Co setzen, investieren die Kleinen längst in Online-Marketing. Mit Erfolg.

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Von Ernst Litfaß bis Bibis Beauty Palace
Werbung ist ein alter Hut. Aber sie kann immer neue Formen annehmen. In Deutschland lagen die Werbeausgaben 2015 nach Marktanalysen der Firma Nielsen bei über 29 Milliarden Euro (Brutto). Wichtige Werbeformen im Überblick. Quelle: obs
Mit dem Aufkommen von Tageszeitungen im 17. Jahrhundert konnte erstmals Werbung im großen Stil verbreitet werden. Die Annoncen dort waren anfangs nicht vom journalistischen Teil zu unterscheiden. Bald etablierten sich spezielle Werbezeitungen, in denen Händler gegen Bezahlung ihre Waren eintrugen. Quelle: DPA
Die Zeitungswerbung gehört noch heute zu den klassischen Formen. Während Verlage früher Höchstpreise für Werbeplätze in ihren Tageszeitungen, Magazinen und Broschüren verlangen konnten, änderte sich dies mit dem Internet und Suchmaschinen wie Google. Die Werbeumsätze der Printmedien sind insgesamt rückläufig, noch bleiben Tageszeitungen weiter der zweitstärkste Werbeträger in Deutschland. Quelle: DPA
Mit der „Annonciersäule“, nach dem Berliner Verleger Ernst Litfaß auch Litfaßsäule genannt, begann Mitte des 19. Jahrhunderts das Zeitalter der Plakatwerbung. Entscheidend war, „dass die Litfaßsäule das wilde Plakatieren im öffentlichen Raum beendete“, sagt Medienwissenschaftler Steffen Damm von der FU Berlin. Die „Anschlagsäule für die Außenwerbung“ stiftete nicht nur Ordnung, sondern war als Massenmedium auch kostenlose Informationsquelle. Quelle: DPA
Schon von Beginn an wurden schlaglichtartige Überschriften und einprägsame Slogans formuliert. Mit der „runden Sache“ kam ein Wirtschaftszweig auf, heute Out-of-Home-Medien - Außer-Haus-Medien - genannt, der auch 2015 einen Werbeumsatz im Milliardenbereich erwirtschaftete. Derzeit gibt es rund 330 670 klassische Plakate auf Säulen, Großflächen und Citylight-Postern. Quelle: DPA
Auch im Smartphone-Zeitalter ist die Säule nicht aus der Mode. Rund 36 000 „Allgemeinstellen“ zählt der Fachverband Außenwerbung. Der Dinosaurier mit den geklebten Plakaten ist dank günstiger Preise immer noch beliebt. Große Firmen setzen auf schicke Versionen mit Verglasung, Licht und digitalen Werbefenstern. Quelle: DPA
Werbefilme sind so alt wie der Film. Einer der Pioniere war Julius Pinschewer, der 1912 in Berlin seine erste Firma für Filmreklame gründete. Anfang der 20er Jahre sollen jede Woche rund vier Millionen Zuschauer seine Werbefilme in über 800 Kinos gesehen haben. Quelle: DPA

Bei Saxoprint, eine der größten Online-Druckereien in Europa, wollte man wissen, wie die Kunden ticken. Wer eine Druckerei beauftragt und kein Verlagshaus ist, macht in der Regel Werbung: Flyer, Broschüren, Kataloge. Also beauftragte die ehemalige kleine Druckerei aus Dresden die Marktforscher von TNS Infratest, einmal nachzufragen, wie mittelständische Unternehmen werben und wie viel Geld sie in welche Marketingkanäle investieren.

Herausgekommen ist die bisher größte Marketing-Studie im deutschen Mittelstand: Die Marketing-Verantwortlichen von 960 Firmen mit 20 bis 500 Mitarbeitern standen Rede und Antwort zu ihren jetzigen Budgets und den Budgetplänen für die Zukunft.

Bedeutung von Online-Marketing wächst

Eines der Ergebnisse: Das Budget für Onlinemarketing wächst. Schon heute werden durchschnittlich 24 Prozent des gesamten Budgets in Online-Werbung investiert. Zum Vergleich: vor zwei Jahren waren es noch durchschnittlich 15 Prozent. In den kommenden zwei Jahren soll der Anteil laut der Marketing-Verantwortlichen auf 33 Prozent anwachsen.

Allerdings spielt bei diesem Aspekt die Größe des Unternehmens eine wichtige Rolle: kleine mittelständische Unternehmen sind nämlich klare Vorreiter im Online Marketing. So liegen die Ausgaben für Online Marketing im Jahr 2016 bei kleineren Unternehmen mit bis zu 29 Mitarbeitern bei 26,6 Prozent, bei großen Unternehmen mit 200 bis 500 Angestellten hingegen nur bei 16,7 Prozent des gesamten Marketing Budgets.

Die Vermutung liegt nahe, dass sich größere Unternehmen deshalb so stark auf klassische Offline-Werbung wie Fernseh- oder Radiospots konzentrieren, weil hier die Streuverluste nicht so stark ins Gewicht fallen. Die Kleinen sind dagegen darauf angewiesen, dass sich jeder investierte Cent auch rentiert.

Und das tut er: die profitabelsten der 960 Unternehmen gaben und geben durchschnittlich vier Prozentpunkte mehr für Online-Marketing aus, als die Konkurrenz. Und sie planen auch in Zukunft mehr Geld in Online-Werbung zu investieren, als andere. Sie investieren allerdings nicht nur mehr in Online-Marketing, sondern auch in andere Kanäle, als die weniger profitable Konkurrenz. So setzen die Umsatzkönige vor allem auf Social Media Kanäle, E-Mail-Marketing und Suchmaschinenoptimierung, während sich die unprofitabelsten Unternehmen lieber auf Google-Anzeigen konzentrieren.

"Unsere Produkte sind super" ist wichtigste Werbebotschaft

Die wichtigste Online-Werbung ist laut 91 Prozent der (sehr profitablen) Befragten jedoch die eigene Website. Mit einem deutlichen Abstand von 41 Prozentpunkten folgen suchmaschinenoptimierte Webinhalte auf Platz zwei. Platz drei belegt das E-Mail-Marketing mit 44 Prozent der Nennungen. Social Media hält nur ein Drittel für besonders relevant (Platz fünf). Das mag vor allem daran liegen, was der Mittelstand mit seinem Marketing erreichen möchte - nämlich vor allem die Darstellung von Produkt- beziehungsweise Servicequalität (85 Prozent der Nennungen). Dafür eignen sich Facebook, LinkedIn oder Instagram eher nicht.

Diesen Marken vertrauen die Deutschen

Wer, wie 74 Prozent der Marketingverantwortlichen, neue Kunden für sich interessieren und gewinnen will, ist mit Social Media aber zumindest nicht ganz falsch aufgestellt. Für 64 Prozent ist Marketing ein Mittel, um die eigene Marktposition zu kommunizieren, 60 Prozent wollen den Vertrieb durch Werbemaßnahmen unterstützen beziehungsweise die Marke stärken.

Die Botschaft: "Wir sind billiger" beziehungsweise "Wir sind die billigsten" kommunizieren vor allem Unternehmen, die direkt an den Endkunden verkaufen. Wer dagegen Bauteile herstellt und an Firmenkunden verkauft, für den ist die Kommunikation der Preisführerschaft von geringer Bedeutung. B2B-Unternehmen unterscheiden sich lieber über die Produkt- oder Servicequalität von der Konkurrenz.

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