Wahlkampf-Strategen Die Zutaten zum Erfolg - so gewinnt man Wahlen!

Im Bundestagswahljahr sind die wichtigsten Fragen: Wie gewinnt man? Welche Zutaten braucht eine Erfolgskampagne? Drei Wahlkampfprofis haben geantwortet. Nur so viel: Das gute alte Plakat hat lange nicht ausgedient.

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Wie gewinnt man Wahlen? Die Antworten der Wahlkampfprofis. Quelle: Werner Schuering für WirtschaftsWoche

Es gibt so viele Institutionen, die in Wahrheit keine sind. Das aber gilt nicht für das Il Punto in Berlin-Mitte: Weil sich hier die Kanzlerin über Gnocchi und Rotwein freut, Minister tafeln und Lobbyisten raunen. Es gibt nur drei, vier Restaurants in der Hauptstadt, die sich wirklich Politik-Kantine nennen dürfen – das Il Punto gehört dazu. Das tat es schon in Bonn, wo sich im Vorgängerlokal Helmut Kohl und Gerhard Schröder gegenübersaßen.

An einem Abend im April sitzen deshalb genau hier drei Männer, die ein Geheimnis enthüllen sollen: wie man Wahlen gewinnt. Volker Ludwig macht bei der Agentur DiG bereits seit mehr als zehn Jahren Kommunikation für Die Linke. Matthias Riegel von Ziemlich Beste Antworten will die Grünen zu alter Stärke führen – bei Winfried Kretschmanns Erfolgen war er schon beteiligt. Der Dritte am Tisch, Frank Stauss, Geschäftsführer der Agentur Butter, ist der Doyen der Wahlwerbung: Schröder, Olaf Scholz, Malu Dreyer, gerade Hannelore Kraft gehören zu seinen Kunden. Die WirtschaftsWoche hatte auch Agenturen von CDU (Jung von Matt), FDP (Heimat) und AfD zu Tisch gebeten. Bis auf Heimat, die kurzfristig krankheitsbedingt absagten, wollten die aber keine Auskunft geben.

WirtschaftsWoche: Die Herren, Sie machen nicht nur alle Wahlwerbung, sondern bezeichnen sich alle auch nicht als Werber. Das müssen Sie uns erklären.

Stauss: Meine Partner in der Agentur sind begeisterte Werber und wollten das auch immer werden. Ich wollte als Kind Kanzler werden. In die Branche bin ich eher reingerutscht und durfte dann bei unserem Agenturgründer Werner Butter lernen, was Werbung überhaupt ist. Das war faszinierend. Heute bin ich immer noch begeisterter Werber, auch wenn die Politikberatung stärker mit mir verbunden wird.

Am 14. Mai wird in NRW gewählt: Der Rhetorik-Experte Michael Ehlers und unser Kolumnist haben analysiert, was die Spitzenkandidaten in ihrer Kampagne und ihrer Kommunikation dringend verbessern müssen.

Aus dem Jungen, der Kanzler werden wollte, wurde der Mann, der Kanzler macht.

Stauss: Na ja, sehr schmeichelhaft. Aber es stimmt: Politische Werbung finde ich am spannendsten – weil man am Ende so schonungslos offen sieht, ob sie funktioniert hat.

Riegel: Mir kommen nicht wirklich Ideen, wenn ich über so etwas Schnödes wie Shampoo nachdenke. Deshalb arbeite ich nur für ökosoziale Projekte und für die Grünen. Das hat natürlich etwas von Werbung, aber die Beratung dahinter ist viel mehr als das. Ich muss mich immer wieder damit anfreunden, dieser Branche zugeordnet zu werden.

Aber Parteien wollen heute Marken sein, sie wollen gekauft werden. Nur eben nicht mit Geld, sondern mit Stimmen. Überhöhen Sie Ihre Arbeit für Politik nicht ein wenig?

Riegel: Ich würde das nicht als Überhöhung bezeichnen, eher als andere Einstellung. Mir gefällt es nicht, dass Wahlkampfkommunikation immer werblicher wird. Wenn jetzt Agenturen ins Spiel kommen, die sonst ausschließlich klassische Produktwerbung betreiben, belebt das sicherlich das Geschäft, es ist aber auch eine Entscheidung für mehr Marketing und weniger Inhalte.

Zehn Reden für die Ewigkeit
Winston Churchill Quelle: dpa
John F. Kennedy Quelle: dpa Picture-Alliance
Martin Luther King, Jr. Quelle: dpa Picture-Alliance
Malcom X Quelle: dpa Picture-Alliance
Ronald Reagan Quelle: dpa Picture-Alliance
Hans-Dietrich Genscher Quelle: dpa Picture-Alliance
Nelson Mandela Quelle: imago images

Die Grenze verschwimmt.

Riegel: Das muss mir ja trotzdem nicht gefallen.

Stauss: Es gab aber doch immer schon politische Kommunikation, die viel platter war als Werbung. Einige kommerzielle Kampagnen sind superintelligent. Ich lerne wahnsinnig viel daraus für meine politische Arbeit. Und andersherum gilt das auch: Viele Erkenntnisse aus der Politik können wir heute auch für Unternehmen einsetzen.

Ein Beispiel, bitte.

Stauss: Heute stehen Konzerne viel offensiver in der Öffentlichkeit als früher, sie öffnen sich, beziehen Stellung – zumindest, wenn sie klug sind. Und die Motivation aus Werbersicht ist in beiden Fällen nun wirklich die gleiche: Wenn mein Joghurt zwei Prozentpunkte Marktanteil gewinnt, ist das genauso schön, wie zwei Prozent mehr Stimmen am Wahltag zu bekommen. Ich freue mich deshalb auch sehr über Jung von Matt. Damit ist 2017 eine Agentur dabei, die noch nie eine politische Kampagne gemacht hat.

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