Prost! Deutscher Sekt statt Champagner!

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Trinken für den Staat

Doch eine Reise nach Berlin genügt, um zu sehen, dass deutscher Sekt Boden gewinnt. Die Weinbar Cordobar, für deren Weinauswahl die beiden gebürtigen Österreicher Willy Schlögel und Gerhard Retter verantwortlich zeichnen, führt selbstverständlich mehrere deutsche Schaumweine.

Den führt auch das jüngst mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete Restaurant Nobelhart & Schmutzig, das neben seinem kulinarischen Motto „Brutal lokal“, vor allem für die außergewöhnliche Weinauswahl seines Sommeliers und Spiritus Rector, Billy Wagner, bekannt ist. Wer in Berlin kulinarisch hip ist, stößt auf deutschen Sekt.

Doch während die einfachste Flasche Bollinger etwa 45 Euro kostet, ist guter Rieslingsekt mit Preisen ab zehn Euro geradezu preiswert. Noch sind die besten deutschen Sekte mit Preisen von selten mehr als 50 Euro zu bekommen und wer in Köln in einen Supermarkt mitten in der Innenstadt geht, hat die Auswahl zwischen mehreren Sekten von Volker Raumland, darunter seine Cuvée Marie-Louise für rund 15 Euro.

Fakten zu Sekt & Co.

Für den Winzersekt des Jahres des Gault Millau von Raumland sind 23,50 Euro nötig, der Vinum-Sieger von Aldinger kostet 50 Euro.

Trotzdem: Die Mehrheit der deutschen Schaumweinkäufer scheint sich vor allem für einen möglichst niedrigen Preis zu interessieren. Im Durchschnitt liegt der bei 2,86 Euro pro Flasche. Davon gehen noch 1,02 Euro Sektsteuer ab. Der Staat erhält 136 Euro Steuer pro Hektoliter. Egal, zu welchem Preis die Flasche später verkauft wird. Die Sektsteuer ist mit knapp 400 Millionen Euro im Jahr ein wichtiger Posten im Bundeshaushalt.

Warum Putins Champagner so teuer ist
Die Russen sind für ihren Wodka bekannt. Doch sie stellen auch Weine und Champagner her. Im südrussischen Abrau-Durso, in der Krasnodar-Region nahe der Schwarzmeerküste, liegen die Weinberge des russischen Oligarchen Boris Titow. Quelle: Bloomberg
Abrau-Durso wurde vor 145 Jahren vom russischen Zaren Alexander II. gegründet, nachdem er in Frankreich einen Champagner gekostet hatte. Quelle: Bloomberg
Nach Angaben der Tageszeitung „Die Welt“ sind in Abrau-Durso im vergangenen Jahr 27 Millionen Flaschen abgefüllt worden. Der auf dem Weingut produzierte Schampus wurde zuletzt unter anderem bei den Olympischen Spielen in Sotschi ausgeschenkt. Die Weine werden in den feinsten Moskauer Hotels angeboten. Quelle: Bloomberg
Exekutivdirektor Petr Sleptschenko versichert, dass das Gut nicht unter den wirtschaftlichen Sanktionen des Westens gegen Russland leidet: „Wein und Sekt sind Nischenprodukte, die nicht auf der Liste der verbotenen Güter stehen.“ Quelle: Bloomberg
Mit einer Lampe inspiziert eine Mitarbeiterin die Inhalte der Sektflaschen. 16 Länder nehmen laut „Die Welt“ derzeit die Weine und Schaumweine ab. Quelle: Bloomberg
Die Ware soll perfekt sein. Deswegen inspizieren zwei Mitarbeiterinnen fertige Flaschen des russischen Champagners auf dem Produktionsband. Quelle: Bloomberg
Die fertigen Weine stehen auf den Speisekarten von mehr als 85 Restaurants in Moskau. Eine Flasche kostet bis zu 10.000 Rubel, umgerechnet 200 Dollar. Quelle: Bloomberg

Kein Wunder, dass sie seit 1902 als sie zur  Finanzierung der kaiserlichen Flotte eingeführt wurde, zwei Weltkriege, die deutsche Wiedervereinigung und seit 1949 gleich acht Kanzlern überstanden hat. Wer perlend anstößt, stützt den Staat. Ob es schmeckt, ist dabei unerheblich.

Denn die besten Qualitäten machen einen verschwindend geringen Prozentsatz aus. Selbst die gesammelten Winzersekte Deutschlands haben lediglich einen Marktanteil von weniger als drei Prozent. Wer sich jedoch umschaut, findet unter den drei Prozent einige Schaumweine, mit denen das neue Jahr stilvoll und kulinarisch hochwertig begrüßt werden kann.

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