Whisky aus Japan Das Geheimnis japanischer Whisky-Destillerien

Japanischer Whisky wird regelmäßig zum besten der Welt gekürt: Was können die Japaner, was im schottischen Hochland nicht möglich ist? Ein Spurensuche in Japans Meister-Destillen.

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Japan: Whisky im Wert von 89 Millionen Euro wurde 2015 exportiert. Quelle: Getty Images

Wie Ikonen stehen die schlanken Flaschen in Reih und Glied auf dem Wandregal. Die indirekte Beleuchtung lässt ihren flüssigen Inhalt von hellen Orange- bis zu dunklen Brauntönen changieren. In diesem Besucherraum der Whiskybrennerei in Yamazaki nahe Kyoto konnten die Betreiber von Bars und Restaurants noch vor wenigen Jahren das komplette Whiskysortiment für einen Spottpreis Probe trinken. Damals war die Nachfrage so gering, dass die Betreiber mit ihren Verköstigungen einen neuen Vertriebskanal aufbauen wollten: Wer bereit war, ganze Fässer abzunehmen, konnte auch die edelsten Tropfen probieren. Heute wäre es für den Destillerienbetreiber Suntory unvorstellbar, seinen Whisky in so großen Mengen abzugeben.

Die Nachfrage nach dem hochprozentigen Malzgetränk aus Japan ist so gestiegen, dass die Hersteller ihren Whisky rationieren müssen und jede Flasche leicht zum doppelten Preis verkaufen könnten. Aus einem Geheimtipp wurde eine weltweite Schlagzeile, als im November 2014 die „Whisky-Bibel“ von Jim Murray mit dem Yamazaki Sherry Cask 2013 erstmals einen Whisky aus Japan zur Nummer eins kürte. Dann räumte 2015 der Nikka Taketsuru 17 Years bei den World Whisky Awards erneut den Titel des besten Blended Malt ab. Im selben Jahr trafen so viele Bestellungen ein, dass der japanische Whiskyexport sich auf 89 Millionen Euro beinahe verdoppelte. Doch mehr können die Brennereien nicht liefern.

Die japanischen Lagerhäuser von Suntory sind leer, noch nicht mal die Mitarbeiter dürfen ihren eigenen Whisky noch kaufen. Auch Firmenchef Takeshi Niinami verbietet sich mittlerweile den Genuss seines Spitzentropfens Hibiki.

Doch was macht den Whisky so besonders? Was können die Japaner, was die berühmten Brenner aus Irland und Schottland nicht hinbekommen? Ganz einfach: Was die traditionellen Herstellungsländer sich in Jahrhunderten an Wissen aufgebaut haben, gleichen die Japaner mit besonders viel Fleiß und Liebe zur Präzision aus.

Japan ist das Land der Perfektion. Das Land, in dem Lokführer des weltberühmten Shinkansen-Zugs nach einer 15-sekündigen Verspätung eine schriftliche Stellungnahme einreichen müssen. Das Land, das in seinem manchmal an Wahnsinn grenzenden Streben nach dem Besten sogar mit „Karoshi“ ein Wort für den Tod durch Überarbeitung erfunden hat. Ähnlich ehrgeizig gehen die Japaner auch bei der Herstellung von Nahrungs- und Genussmitteln vor. Japanische Köche blicken auf eine lange und strenge Ausbildung zurück. Handwerk genießt einen hohen Stellenwert. Und so propagiert nicht nur der Autobauer Toyota das Kaizen-Prinzip, bei dem es um die permanente Weiterentwicklung zum Besseren geht.

Auch bei der Zubereitung von Sushi oder Soba-Nudeln ist dieses Volk Meister der Optimierung. Das alles zeigt Wirkung: Tokio etwa hat mehr Michelin-gekrönte Restaurants als jede andere Metropole. Und eben auch hervorragenden Whisky.

Informationsquellen für Whisky-Liebhaber

„Japanische Natur und japanische Menschen“, erklärt Shinji Fukuyo, Chefblender von Marktführer Suntory, das Erfolgsrezept. In einem kleinen Garten hinter der Brennerei übertönt das laute Summen der Zikaden das Plätschern von Wasser. „Japanisches Grundwasser hat einen subtilen, reinen Charakter, das Wasser in Schottland ist viel rauer und kräftiger“, nennt Fukuyo eine wichtige Hilfe der Natur für Japan-Whisky. Ebenfalls nützlich für die Herstellung des flüssigen Goldes: das hohe Temperaturgefälle zwischen Sommer und Winter. „Wir erreichen in sechs bis acht Jahren die gleiche Reife wie die Schotten in zehn bis zwölf Jahren“, sagt Fukuyo, der lange in Schottland studierte und arbeitete.

„Einerseits verlangt der verwöhnte Gaumen der Japaner hohe Qualität, andererseits arbeiten wir Japaner gründlich und nehmen keine Abkürzungen“, erläutert der Chefblender die zwei Wurzeln der einheimischen Handwerkstradition.

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