Wut-Yoga Brüllen, Fluchen und die innere Mitte

Plätschernde Brunnen, sanftes Glockenspiel und die Welt des Zen sind nicht jedermanns Sache. Mit einem radikalen Gegenentwurf zu eher stillen, meditativen Yoga-Kursen stößt eine Kanadierin in Calgary auf Gleichgesinnte.

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Das sind die besten Wellness-Anbieter
Como ShambhalaGründerin und Inhaberin Christina Ong gestaltete Shambhala nach ihren persönlichen Vorlieben und Bedürfnissen. In den luxuriösen Anlagen wird eine Kombination aus antiken fernöstlichen Heilmethoden und moderner westlicher Wissenschaft propagiert. Im Mittelpunkt stehen Yoga, Massagen und Anti-Aging-Programme. Weltweit gibt es acht Anlagen: zwei in Bhutan, zwei auf den Malediven, zwei auf Bali, eines auf Phuket und eines auf den Turks- und Caicosinseln in der Karibik. Als Highlight der Gruppe gilt das Resort bei Ubud auf Bali. Das etwa 70 000 Quadratmeter große Grundstück liegt mitten im Urwald, hoch über dem Ayung-River-Tal. Die Gästezimmer und vor allem die großen, zur Natur offenen Pool-Villen könnten kaum schöner sein. Tagessatz ab 630 Dollar, inklusive Halbpension und Massage. comoshambhala.com Quelle: Martin Morell
Vana, IndienDas nordindische Retreat besteht aus mehreren puristischen Gebäuden, die zwischen Eukalyptus-, Guava- und Limonenbäumen stehen. Die Gäste wohnen in großen, hellen Zimmer und Suiten, mit Bambusholz auf den Böden und Sandstein an den Wänden. Das Gesundheitskonzept verbindet orientalische Therapien, Yoga, Fitness und Ernährung. Wer nicht gerade auf der Massageliege vierhändig behandelt wird, kann ein paar Runden im Pool schwimmen oder sich auf die nächste Mahlzeit freuen. Mindestaufenthalt: fünf Tage. Kosten: etwa 335 Euro pro Tag, inklusive Mahlzeiten und zwei Anwendungen. vanaretreats.com Quelle: PR
Lanserhof, Deutschland/ ÖsterreichWeil das Mutterhaus bei Innsbruck zu klein und die Warteliste immer länger wurde, eröffnete Mitinhaber Christian Harisch 2014 ein zweites Haus am Tegernsee. Nach drei Jahren Planung und einer 70-Millionen-Euro-Investition können Urlauber seit Anfang 2014 die Therapien nutzen. Im Mittelpunkt: Entgiftung, Entschlackung, Entsäuerung. Fußreflexzonen- und Kopfmassagen gehören ebenso dazu wie Kneippwanderungen und Entspannungstraining. Der Lanserhof in Tirol gewann 2015 zum siebten Mal in Folge einen Preis als Best Medical Spa. Mindestaufenthalt eine Woche, das Basisprogramm kostet 3760 Euro. lanserhof.com Quelle: Alexander Haiden
Kamalaya, ThailandDas mehrfach ausgezeichnete Resort steht in einer tropischen Gartenanlage zwischen Lilienteichen und duftenden Frangipani-Bäumen an der Südküste von Koh Samui. In der Anlage befindet sich eine Tempelhöhle, in der sich früher buddhistische Mönche zum Meditieren versammelten. Angeblich vermittelt das den Gästen bis heute Ruhe und Zufriedenheit. Schlaflosigkeit wird hier ebenso behandelt wie Stress oder Übergewicht. Als weiteres Highlight gilt die frische und kalorienarme Thaiküche aus lokalen Bioprodukten. Drei Tage Relax & Renew kosten etwa 1000 Euro, sieben Tage Basic Detox 2300 Euro. kamalaya.com Quelle: PR
Lefay Resort & Spa, ItalienDer Gardasee ist eigentlich kein Ziel für Wellnessreisende. Doch das Lefay Resort in Gargnano befindet sich in einem elf Hektar großen Park, in sicherer Entfernung zum Trubel an der Promenade. Nur der Blick auf den See verrät den Standort des Fünf-Sterne-Hotels. Die Behandlungen basieren auf einem Gesprächsteil und einer Puls-, Zungen- und Haltungsdiagnose. Je nach Bedarf wird ein Therapieplan zusammengestellt, der sich mit Schmerz-, Stimmungs- und Schlafproblemen beschäftigt. Eine Übernachtung ohne Verpflegung kostet mindestens 235 Euro, drei Tage mit Behandlung 990 Euro all inclusive. lefayresorts.com Quelle: PR
The Ranch at Live Oak, USADas „no options, low impact“-Programm enthält acht Stunden Fitness täglich, inklusive Muskelaufbautraining, Wassergymnastik, Yoga und Massagen. Morgens um fünf werden die Gäste geweckt, auf das Stretching folgt eine mehrstündige Wanderung durch die Santa Monica Mountains. Wer sich für diese Art von Urlaub entscheidet, wird darauf vorbereitet – die Gründer raten von Alkohol, Kaffee und Zucker ab. Als Entschädigung dürfen die Gäste eines der 16 Cottages beziehen und sich am gemeinschaftlichen Esstisch mit vegetarischer Küche verwöhnen lassen. Eine Woche kostet 6800 Dollar. theranchmalibu.com Quelle: PR
Sha Wellness Clinic, SpanienDas Gesundheitsresort inmitten des Naturparks Sierra Helada wurde 2008 von Alfredo Bataller Parietti gegründet. Der Argentinier setzt auf Makrobiotik, also eine fettarme und ballaststoffreiche Ernährung mit viel Getreide und Gemüse. Das Resort bietet 93 Suiten mit viel Glas und viel Weiß. Dazu kommt die Aussicht auf das Mittelmeer. Der Wellnessbereich wurde kürzlich auf 3000 Quadratmeter erweitert. Neben der Ernährung können die Gäste ein Anti-Aging-Programm buchen, auf Wunsch inklusive Rauchentwöhnung und Schlaflabor. Vier Tage Behandlung kosten 1100 Euro, das Einzelzimmer 260 Euro pro Nacht. shawellnessclinic.com Quelle: PR

Es ist abends gegen 18 Uhr, als sich rund 20 Menschen im kanadischen Calgary in einem dunklen Raum zusammenfinden und ihre Yoga-Matten ausbreiten. Sie kommen von der Arbeit oder von Hochschulkursen, wollen ihrem Körper und Geist etwas Gutes tun. Nach ein paar Atemübungen und einem „Moment der Stille“, wie Kursleiterin Lindsay Istace den Auftakt nennt, geht es los: Die Teilnehmer fangen an zu brüllen, zu schreien, zu fluchen. Dazu läuft Metal oder harter Rock. Herzlich willkommen zum „Rage Yoga“ - Yoga mit gewollten Wutausbrüchen, alles im Hinterzimmer einer Kneipe in Calgary.

„Für viele Menschen kann die Atmosphäre eines traditionellen Yoga-Studios manchmal sehr einschüchternd sein“, sagt die 24-jährige Istace der Deutschen-Presse Agentur. Sie denke dabei manchmal an eine Bücherei voller Kunstturner - perfekte Posen und eine einschüchternde Stille. „Der zentrierte, gelassene, friedliche Ansatz funktioniert für viele Menschen, aber er funktioniert nicht für jeden.“ Denn manchmal muss man einfach schreien, um inneren Frieden zu finden.

So war es auch, nachdem Istaces Beziehung am Ende war. Frustriert und verletzt sei sie gewesen, habe häufiger geflucht als sonst - auch bei ihren Yoga-Übungen zu Hause. „Erst scheint es ein bisschen verrückt“, sagt die Verrenkungskünstlerin, die auch Messer schlucken, Feuer speien und jonglieren kann. Doch laute Kraftausdrücke und Geschrei seien eine Art Reinigung von innen gewesen. Als sie ihren Freunden davon berichtete, kam die Idee: Wut-Yoga! Und im Hinterraum des Dickens Pub, das zum Bier auch Burger, Pizza und Chicken Wings serviert, werde sicher niemand an typische Yoga-Studios erinnert.

So verquer der Mix manchem Yogi erscheinen mag: In Calgary ist die Sache ein Erfolg. Seit der Premiere im Januar gibt Istace drei Kurse pro Woche, im Schnitt kommen 15 bis 20 Teilnehmer. Von Menschen, die mit 18 Jahren gerade alt genug sind, um in Kanada eine Kneipe zu betreten, bis zu Mittfünfzigern. „Einige sind noch nie bei einem Yoga-Kurs gewesen“, sagt Istace - aber auch Yoga-Lehrer seien dabei.

„Zen, fließendes Wasser - der ganze Mist zieht bei mir nicht wirklich“, sagt die Schmuckdesignerin Erin Crossman (35), die seit Januar mit dabei ist. Über die Jahre habe sie verschiedene Yoga-Kurse ausprobiert, aber das lockere Umfeld sei ihr einfach lieber. Und auch die Musik - Metal von System of a Down, Industrial Rock von Nine Inch Nail oder auch mal japanischer Power-Metal - sei mehr ihre Wellenlänge. „Celine Dion hören wird bei mir nicht wirken.“ Auch „The Final Countdown“ von Europe und „Eye of the Tiger“ von Survivor waren schon im musikalischen Programm.

So halten Sie sich mit Bürostuhl-Yoga fit
Arm Stretches - up1. Setzen Sie sich aufrecht auf den Stuhl. Kippen Sie das Becken leicht nach vorn und ziehen Sie den Bauchnabel etwas nach innen und oben.2. Heben Sie mit der Einatmung die Arme gestreckt über den Kopf und falten Sie die Hände (Bild links). Ziehen Sie sich möglichst lang nach oben.3. Atmen Sie mit gehobenen Armen einmal zwischen, ziehen Sie sich mit der Einatmung noch ein wenig mehr in den Stretch.4. Senken Sie mit der Ausatmung die Arme.5. Wiederholen Sie die Übung und rotieren Sie diesmal die Handflächen mit verschränkten Fingern nach oben (Bild rechts). Das dehnt Ihre Handgelenke und Schultern zusätzlich.Wiederholung: je nach Zeit und Belieben 1- bis 3-mal zu jeder vollen Stunde.Dauer: ca. 30 bis 60 Sekunden pro Durchgang, je nach Übungstempo und Atemgeschwindigkeit.Fotografie: Moritz Schmid
Arm Stretches - side1. Setzen Sie sich aufrecht auf den Stuhl. Kippen Sie das Becken leicht nach vorn und ziehen Sie den Bauchnabel etwas nach innen und oben.2. Heben Sie mit der Einatmung die Arme gestreckt über den Kopf und falten Sie die Hände. Achten Sie darauf, dass Ihre Finger locker gefalten sind und sich nicht verkrampfen. Die Daumen sollten nebeneinander liegen und nicht gekreuzt werden. Atmen Sie aus.3. Ziehen Sie sich mit der nächsten Einatmung so lang nach oben, wie Sie können – Schultern weg von den Ohren. Mit der Ausatmung senken Sie den Oberkörper so weit nach rechts, wie Sie können. Halten Sie die Schultern dabei parallel.4. Nach einem Zwischenatem ziehen Sie sich mit der nächsten Einatmung noch ein wenig mehr in den seitlichen Stretch. Atmen Sie dann aus.5. Richten Sie sich mit der Einatmung wieder auf.6. Senken Sie mit der Ausatmung die Arme ab.7. Wiederholen Sie die Übung auf der linken Seite.Wiederholung: je nach Zeit und Belieben 1- bis 3-mal zu jeder vollen Stunde.Dauer: ca. 45 Sekunden bis 1,5 Minuten pro Durchgang, je nach Übungstempo und Atemgeschwindigkeit.Fotografie: Moritz Schmid
Arm Stretches - back1. Setzen Sie sich aufrecht auf den Stuhl. Kippen Sie das Becken leicht nach vorn und ziehen Sie den Bauchnabel etwas nach innen und oben.2. Verschränken Sie nun die Arme hinter dem Rücken und ergreifen Sie Ihre gegenüberliegenden Ellenbogen.3. Atmen Sie tief ein – und währenddessen ziehen Sie die Schultern nach unten und hinten und dehnen den Brustkorb vorn auf.4. Greifen Sie mit der Ausatmung an den Ellenbogen noch einmal etwas enger nach und intensivieren Sie so den Stretch.5. Wiederholen Sie Schritt 3.6. Atmen Sie 3- bis 5-mal tief ein und aus. Lösen Sie dann die Hände.Wiederholung: Entweder wiederholen Sie die Übung 1- bis 3-mal zu jeder vollen Stunde mit derselben Armstellung oder Sie gehen in die jeweils intensiveren Armstellungen.Dauer: 30 bis 45 Sekunden je nach Übungstempo und Atemgeschwindigkeit. Je nach Zeit und Bedarf können Sie nun die Übung variieren.Fotografie: Moritz Schmid
Arm Stretches - back (Variation 1)Legen Sie die Handflächen am Rücken zusammen. Schieben Sie mit der Einatmung die gefalteten Hände weiter nach oben, und ziehen Sie Ellenbogen und Schultern nach hinten und unten. Der Brustkorb öffnet sich. Halten Sie auf jeden Fall den Bauchnabel nach innen gezogen und das Becken stabil, damit Sie nicht in der Lendenwirbelsäule kollabieren!Dauer: 30 bis 45 Sekunden je nach Übungstempo und Atemgeschwindigkeit. Je nach Zeit und Bedarf können Sie nun die Übung weiter anpassen.Fotografie: Moritz Schmid
Arm Stretches - back (Variation 2)Für eine zusätzliche Dehnung der Schultern verschränken Sie die Hände hinter dem Rücken ineinander. Versuchen Sie, die Handflächen so nah wie möglich zusammenzubringen.Fotografie: Moritz Schmid
Arm Stretches - back (Variation 3)Um die Dehnung noch weiter zu verstärken, können Sie sich mit den derart verschränkten Händen und geradem Rücken nach vorn beugen. Lassen Sie die ausgestreckten Arme über den Rücken nach vorn fallen und die Schwerkraft Ihre Arme in den Stretch ziehen.Fotografie: Moritz Schmid
Back Twist1. Setzen Sie sich für diese Drehsitz-Variation auf den Stuhl und richten Sie Ihre Wirbelsäule mit der Einatmung gerade auf.2. Mit der Ausatmung drehen Sie sich nach rechts. Legen Sie die linke Hand außen an den rechten Oberschenkel und die rechte Hand hinten an die Stuhllehne. Drehen Sie sich so sanft in den Twist.3. Atmen Sie 3-mal tief ein und aus. Lösen Sie dann die Position auf.4. Wiederholen Sie die Übung jetzt auf der linken Seite.Dauer: 45 Sekunden bis 1,5 Minuten je nach Übungstempo und Atemgeschwindigkeit.Fotografie: Moritz Schmid

Um das Brüllen und Fluchen allein gehe es nicht, versichert Minaz Bhanji. Die gelegentlichen Kraftausdrücke und Schreie seien eher die Entsprechung der indischen Grußgeste Namaste beim normalen Yoga. Atem- und Körperübungen gebe es bei Istace natürlich. Nur: „Ich werde nicht beurteilt, dass ich albern aussehe, dass ich eine Pose nicht halten kann, wie gut meine Linien aussehen.“ Wie bei Istace war es bei dem 47-jährigen Atemtherapeuten das Ende einer Beziehung, das ihn zum Wut-Yoga brachte. Wenigstens, sagt Bhanji, habe er nicht mehr den ganzen Tag zu Hause gesessen und Trübsal geblasen.

„Kameradschaft und Lachen“ sei Kern des Kurses, sagt Istace. Die meisten vermuteten hinter dem Namen „ein paar halb besoffene, fluchende Mistkerle“. Doch die Teilnehmer lachten viel - das bestätigt Bhanji - und blieben anschließend gern mal für ein Bier. Gegen betrunkene Yoga-Schüler habe Istace nichts, der Kneipentresen liegt immerhin nur ein paar Schritte entfernt. Auf ihrer Website zeigt sich Istace in Yoga-Pose - mit einer Flasche Bier in der Hand.

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