Diversity "Frauen wollen keine Macht"

Warum deutsche Frauen sich bei ihrer Karriere selbst im Weg stehen. Was Väter tun sollen, wenn ihre Kinder krank sind. Und wie lange es dauert, bis die Glasdecke durchbrochen ist: ein Gespräch unter europäischen Top-Managerinnen.

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Top-Managerinnen Quelle: Bert Bostelmann für WirtschaftsWoche

WirtschaftsWoche: Meine Damen, jede von Ihnen arbeitet seit Jahren im Management für Unternehmen in Deutschland. Bis auf Frau Kasztan sind Sie aber nicht in Deutschland, sondern in Italien und Brasilien, Frankreich, Schweden oder Großbritannien aufgewachsen. Sind deutsche Frauen selbst schuld, wenn sie es nicht in die Führungsetagen schaffen?

Angela Hornberg: Mir erscheinen deutsche Frauen weniger selbstbewusst als ihre männlichen Kollegen, aber auch als ausländische Frauen. Sie setzen ihre Netzwerke nicht ein und formulieren ihre Ziele nicht laut genug. Fragt man einen Jura-Absolventen, was er werden will, sagt er: „Partner.“ Fragt man seine Kommilitonin, sagt sie: „Ich will einen Beruf, der mir Spaß macht.“

Frau Kasztan, als einzige Deutsche in dieser Runde: Sehen Sie das auch so?

Brigitte Kasztan: Auch ich erlebe das täglich. Viele Frauen sitzen an ihrem Schreibtisch und warten auf Entdeckung. Sie formulieren nicht, wo sie hinwollen, wollen sich nicht verkaufen, wollen keine Macht. Auch ich habe immer geguckt, was mir Spaß macht.

Angela Hornberg Quelle: Bert Bostelmann für WirtschaftsWoche

Ist der Spaß am Job nicht die wichtigste Basis für beruflichen Erfolg?

Hornberg: Aber das genügt nicht. Wären die Suffragetten vor 100 Jahren nicht auf die Barrikaden gegangen, hätten wir Frauen bis heute kein Wahlrecht. Manchmal muss man eben zu radikalen Mitteln greifen, um etwas zu erreichen. Solange ich brav anklopfe, passiert nichts.

Also ist die Glasdecke, die viele Frauen angeblich unverschuldet am Aufstieg hindert, nichts anderes als eine bequeme Ausrede?

Evelyne Freitag: Die gläserne Decke existiert in vielen Unternehmen. Aber teilweise sind es auch die Frauen, die Barrieren aufbauen und in Karrierefallen tappen. Junge Mütter verzichten oft freiwillig auf den Wiedereinstieg ins Berufsleben, streben eine Halbtagstätigkeit an oder lassen sich zu dieser überreden. Da fehlt der Wille zur Übernahme von Führungsverantwortung.

Brigitte Kasztan Quelle: Pressebild

Joanne Harrison-Gross: Außerdem organisieren viele deutsche Frauen den Haushalt oft allein. In England ist es üblicher, dass berufstätige Frauen Unterstützung im Haushalt bekommen. Deutsche Familien tun sich oft schwer damit, jemanden ins Haus zu lassen. Sie wollen auch im Haushalt alles perfekt machen. Das sind alte Strukturen.

Kasztan: Auch jetzt wieder diese Diskussion um die Herdprämie. Das klingt nach: Frauen zurück an den Kochtopf! Die meisten Frauen gehen nach der Geburt eines Kindes in Teilzeit, weil es immer noch an der Mutter hängen bleibt, wenn etwas mit den Kindern nicht läuft. Es ist nicht der Mann, der sagt, ich passe auf das kranke Kind auf, wenn die Betreuung ausfällt.

Ist das außerhalb Deutschlands anders?

Freitag: Mein Vater hat mir stets zur finanziellen Unabhängigkeit geraten. Es ist in Frankreich völlig normal, als Mutter mit kleinen Kindern voll berufstätig zu sein und Karriere und Familie zu verbinden.

Liselotte Hjorth: Auch in Schweden ist es nicht üblich, nur Hausfrau zu sein. Frauen kehren in der Regel bald nach der Geburt ihrer Kinder wieder zurück ins Arbeitsleben. In Deutschland haben viele Frauen immer noch Sorge, als Rabenmutter zu gelten, wenn sie Kinder großziehen und gleichzeitig arbeiten.

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