Fehlbesetzung Jeder dritte Chef taugt nichts

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Die meisten Fehlbesetzungen gibt es im Vertrieb

Spannend: Die meisten Fehlbesetzungen arbeiten im Vertrieb. Nur 43 Prozent der im Vertrieb tätigen Personen haben auch ihre optimale Rolle in diesem Bereich. Ebenfalls 43 Prozent, also weniger als die Hälfte der Vertriebsmitarbeiter, bringen eine gute bis sehr gute Performance.

Wilko Plabst, Head of Programme Design and Delivery der IUBH, mahnt: „Die Besetzung von Fach- und Führungsrollen muss systematisch und vor allem zusammen mit den Arbeitnehmern erfolgen“. Denn im Vertrieb beispielsweise sind neben Fachkenntnis auch Verkaufstalent und die Fähigkeit, Kunden zu begeistern, gefragt. Wer keine Leidenschaft für das Verkaufen hat, hat im Vertrieb genauso wenig verloren, wie jemand, der keine Ahnung von den Produkten seines Arbeitgebers hat.

Je älter, desto besser passen Job und Kompetenzen zusammen

Aus der Studie lassen sich verschiedene Handlungsempfehlungen ableiten, die Fehlbesetzungen verhindern können. So ist der Anteil der älteren Fachkräfte (50+), die perfekt für ihren Job geeignet sind, mit 34 Prozent deutlich höher, als der der jungen Kollegen (30 Jahre). Hier passen nur 27 Prozent zu ihrer Position.

Außerdem sind lediglich 37 Prozent der älteren Führungskräfte (50 plus) völlige Fehlbesetzungen, während 44 Prozent der 30-jährigen Manager für ihren Job völlig ungeeignet sind. Daraus lassen sich zwei Schlüsse ziehen:

  1. Ältere Fach- und Führungskräfte suchen sich während ihres Berufslebens Rollen, die zu ihren Kompetenzen passen und gehören deshalb nicht zum alten Eisen.
  2. Trotz aller Begeisterung, überhaupt junge Kräfte zu finden, sollten neben fachlichem Know-how auch die sonstigen Kompetenzen eine Rolle spielen.

In die Inkompetenz hineinbefördert

Besonders bei Führungskräften herrsche Handlungsbedarf. „Mitarbeiter, die als Fachkraft eine gute Leistung an den Tag legen, werden häufig in Führungsrollen befördert, ohne dass ihre Kompetenzen für die neue Rolle überprüft wurden“, sagt er und bestätigt damit Scheelens Erfahrung. „In Deutschland bedeutet Karriere immer noch eine klassische Beförderung in eine Führungsposition. Deshalb befördern viele Unternehmen ihre guten Fachkräfte in die Inkompetenz hinein.“. Weil es irgendwie ja auch erwartet wird, dass der brillante Experte nicht zehn oder 15 Jahre lang denselben Job macht. „Aber den Tüftler, der sich gerne einschließt, um an Problemen zu arbeiten, sollte man besser fachlich weiterentwickeln.“

Scheelen rät deshalb dazu, sich zu fragen, ob die klassische Beförderung für eine Fachkraft überhaupt das Richtige wäre. „Will diese Person überhaupt führen und kann sie das?“

Eine weitere wichtige Erkenntnis der Studie ist, dass Fachkräfte mit Hochschulabschluss meist besser für Führungspositionen geeignet sind als Fachkräfte, die eine Ausbildung absolviert haben. Das zeigt sich auch bei denjenigen mit Ausbildung, die sich im Unternehmen hochgearbeitet haben. Daraus lässt sich einerseits folgern, dass ein Studium besser für eine spätere Führungsrolle qualifiziert. Andererseits können Unternehmen davon ableiten, dass sie mit einem Akademiker eine höhere Wahrscheinlichkeit auf Erfolg haben, wenn die Stelle mit Entwicklungspotenzial hin zur Führungskraft besetzt werden soll.

Pauschalisieren sollten Unternehmen jedoch nicht, warnt Scheelen. Jeder Kandidat müsse geprüft werden – unabhängig von der Ausbildung und den vorherigen Erfolgen. Selbst Erfahrungen in einer Führungsposition in einem anderen Unternehmen seien "kein Garant dafür, dass es auch woanders klappt“.

Wer ein Start-up erfolgreich groß gemacht hat, kann in einem traditionellen Betrieb genauso versagen wie ein erfolgreicher Konzernmanager in einem mittelständischen Unternehmen. Denn auch Erfahrung ist nicht alles. „Sie müssen sich die Persönlichkeit eines Kandidaten ansehen und entscheiden, ob das passt. Wie sind seine Motive, welche emotionalen Kompetenzen hat er “, erläutert Scheelen. Wenn es hier stimmt, ist das Fachliche gar nicht mehr so wichtig. Denn eine Führungskraft arbeitet schließlich kaum noch im operativen Geschäft.

So würde niemand dem neuen Opel-Chef Michael Lohscheller die Eignung absprechen, weil er Diplom-Kaufmann und kein KfZ-Meister ist. Und Konkurrent Dieter Zetsche ist nicht deshalb so ein erfolgreicher Manager, weil er Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik ist. Und der Gründer eines Fin-Techs muss kein Bankkaufmann sein, um der Deutschen Bank erfolgreich davon zu sprinten.

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