Frauen im Management Das sind Deutschlands heimliche Herrscherinnen

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Sandrine Piret-Gérard, Birgit Bohle, Sybill Storz

Hexal: Sandrine Piret-Gérard

Für Sandrine Piret-Gérard ging es schnell nach oben. Noch 2003 war sie Außendienstmitarbeiterin des Pharmakonzerns Novartis, tingelte von Wartezimmer zu Wartezimmer und versuchte Ärzte in der belgischen Provinz von den Medikamenten ihres Arbeitgebers zu überzeugen. Doch ihre Vorgesetzten erkannten das Potenzial der Quereinsteigerin, die Wirtschaftsingenieurwesen studiert hatte und über den Umweg als Beraterin in die Pharmaindustrie gekommen war.

Nur elf Jahre und einige Karriereschritte später übernahm die damals 39-Jährige im Februar 2014 den Vorstandsvorsitz bei Hexal, der deutschen Generikatochter von Novartis. Dort verantwortet die gebürtige Belgierin, die Französisch, Niederländisch, Englisch und Deutsch spricht, einen Umsatz von rund 1,4 Milliarden Euro. 3700 Mitarbeiter stehen in ihren Diensten.

"Logisches Denken mit kreativer Arbeit verbinden"
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Angestellte, die Piret-Gérard persönlich kennen, schätzen ihre Chefin als „Teamspielerin“. Diese Eigenschaft hat sich die Managerin früh antrainiert. In ihrer Jugend spielte sie Rugby.

Auf ihren Führungsstil angesprochen, antwortet Piret-Gérard nicht im Sport-, sondern im Kulturjargon: „Meine Mitarbeiter sollen wissen, dass sie die Experten sind. Ich bin nur die Dirigentin des Orchesters.“

DB Fernverkehr: Birgit Bohle

„Früher haben wir Frühstückspakete angeboten“, sagt der Mitarbeiter im ICE-Bordrestaurant zwischen Frankfurt und Berlin. „Das hat den Kunden besser gefallen. Heute müssen sie sich ihr Essen selbst zusammenstellen.“ Was der Mann nicht weiß: Seine Anmerkungen könnten was verändern. Denn seine Gesprächspartnerin ist Birgit Bohle, Vorstandsvorsitzende der Bahn-Tochter DB Fernverkehr. „Nur in wenigen Fällen wissen wir Vorstandsmitglieder irgendwas am besten“, sagt die 43-Jährige: „Deshalb frage ich die Experten.“

Und deshalb nutzt die Betriebswirtin ihre vierwöchentlichen Fahrten zur Recherche an der Basis. Sie hält „einen Schnack“ mit der Kontrolleurin, tauscht den ruhigen Platz in der ersten Klasse gegen einen Sitz in der zweiten, um mit anderen Reisenden zu sprechen. „Ich will die Dinge wirklich verstehen, nur dann kann ich sie verändern.“

Das zahlt sich aus. Schon in ihrer vorherigen Position als Vertriebschefin der Deutschen Bahn hatte Bohle die Aufgabe gemeistert, den Ticketverkauf übers Internet auszubauen. Damit bewährte sich die Managerin für einen der härtesten Spitzenjobs im Konzern.

Auch den erledigt sie bislang ordentlich, konnte der Fernverkehr im vergangenen Jahr doch trotz Konkurrenz durch Billigflieger und Fernbusse einen Fahrgastrekord erzielen. Der Umsatz kletterte auf rund 4,2 Milliarden Euro, immerhin 78,9 Prozent der Züge waren rechtzeitig am Gleis, auch wenn sie damit das selbst gesteckte Ziel von 80 Prozent verfehlte: Ein Makel, zu dem Bohle steht. Bohle wollte bewusst mehr Verantwortung übernehmen, als sie vor zehn Jahren von McKinsey zur Bahn wechselte. „Immer nur Empfehlungen abzugeben und zu sehen, wie diese im Zweifel nicht umgesetzt werden, empfand ich als unbefriedigend.“ Umso mehr Wert legt sie heute auf die Anmerkungen ihrer Berater, egal, ob Consultant oder Zugbegleiter.

Karl Storz: Sybill Storz

Das 35.000-Einwohner-Städtchen Tuttlingen liegt im oberen Donautal, eineinhalb Zugstunden von Stuttgart entfernt. Trotzdem befindet sich dort das Zentrum der globalen Medizintechnikindustrie. Rund 600 Betriebe sind mit der Entwicklung und Herstellung von Hightechprodukten beschäftigt. Champion der Hidden Champions ist das Unternehmen Karl Storz. 1945 gegründet, beschäftigt Storz heute rund 7200 Mitarbeiter und erzielt einen Jahresumsatz von 1,5 Milliarden Euro. Das liegt auch an der geschäftsführenden Gesellschafterin Sybill Storz, die das Magazin „Forbes“ mit gut 2,1 Milliarden Dollar Vermögen auf Rang 973 seiner Reichsten-Liste führt.

Seitdem sie 1996 nach dem Tod ihres Vaters die Geschäfte übernahm, treibt sie die Expansion voran. Allein in den vergangenen zehn Jahren hat sie den Umsatz fast verdreifacht und die Zahl der Beschäftigten verdoppelt. Mehr als 90 Prozent des Geschäfts macht Storz, die sich nach der mittleren Reife zur Fremdsprachenkorrespondentin ausbilden ließ, heute außerhalb Deutschlands. Die erfolgreiche Internationalisierung spiegelt sich auch in den fast 40 Titeln und Ehrungen wider, die Sybill Storz inzwischen erhalten hat. Neben dem Bundesverdienstkreuz findet sich dort auch eine Auszeichnung des früheren thailändischen Königs Bhumibol.

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