Schlafmangel Warum Müdigkeit die Zusammenarbeit ruiniert

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Jede Nacht acht Stunden

Diese Einsicht setzt sich langsam auch in den obersten Chefetagen durch: Amazon-Chef Jeff Bezos etwa schläft jede Nacht acht Stunden. Die Medienunternehmerin Arianna Huffington hat dem Thema sogar ein ganzes Buch gewidmet. In ihrer „Schlaf-Revolution“ beschreibt sie, wie sie ihre nächtlichen Gewohnheiten umstellte und nun ein ausgeglicheneres Leben führt. Zu dieser Umstellung gehörten nicht nur eine gesündere Ernährung und mehr Sport, sondern auch die Verbannung sämtlicher Technologie vom Nachttisch.

Denn längst ist klar: Das blaue Licht von Handy- und Laptopbildschirmen verhindert ruhigen Schlaf. Trotzdem missachten die meisten den Rat von Wissenschaftlern, das Smartphone aus dem Schlafzimmer zu verbannen. Eine US-Umfrage ergab: Jeder fünfte unter 25-Jährige blickt immer auf sein Handy, wenn er nachts aufwacht.

Kein Wunder, dass sich viele Menschen über die Qualität ihres Schlafes beklagen. In einer Forsa-Umfrage sagten 42 Prozent der Teilnehmer, sie würden grundsätzlich schlecht schlafen. Hauptgrund war bei 55 Prozent eine schlechte Zeiteinteilung: Die Teilnehmer erklärten, sie kämen zu spät ins Bett und mussten zu früh wieder raus. Das könnte unter anderem daran liegen, dass die Deutschen auch wesentlich früher aufstehen als andere EU-Länder – nämlich um 6.23 Uhr. Die Briten stehen im Durchschnitt erst eine halbe Stunde später auf, die Spanier sogar erst um 7.36 Uhr.

So tickt Ihre innere Uhr
06.00 bis 08.00 Uhr: In die Gänge kommenSobald der Morgen dämmert, Licht in unsere Augen dringt, wird die Produktion des Gute-Nacht-Hormons Melatonin gedrosselt. Herzschlag, Blutdruck und Adrenalinspiegel steigen an. Und katapultieren den Morgentyp aus den Federn. In dieser Zeit ist das Risiko höher, einen Schlaganfall oder Herzinfarkt zu erleiden, weil das Blut noch dickflüssig ist und die Gefäße eng sind.Quelle: Lothar Seiwert, Zeit ist Leben, Leben ist Zeit Quelle: Fotolia
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Während Führungskräfte ihr Murmeltierpotenzial aus eigener Betroffenheit überdenken, widmen sich die beiden Forscher Cristiano Guarana (Indiana-Universität) und Christopher Barnes (Universität Washington) den müden Managern aus wissenschaftlicher Perspektive. In den vergangenen Jahren haben sie eine Reihe verschiedener Studien veröffentlicht, in denen sie sich dem Zusammenhang zwischen Schlaf und Führungsqualitäten widmeten. Demnach erschwert es Schlafmangel nicht nur, Konflikte im Job ruhig zu lösen. Unausgeschlafene Führungskräfte sind demnach auch weniger inspirierend, ihre Teams sind unmotivierter, und die Grundstimmung im Unternehmen ist feindseliger.

Offenbar fehlt müden Managern die Energie, die Angestellten zu begeistern, Ziele zu kommunizieren und Stimmungen wahrzunehmen.

Aber nicht nur die Vorgesetzten sollten ihre Schlafgewohnheiten dringend überdenken – auch müde Angestellte ohne Personalverantwortung schaden dem Team. Zu diesem Fazit kommen Guarana und Barnes in einer neuen Studie, für die sie über mehrere Monate hinweg knapp 300 Angestellte und deren direkte Vorgesetzte kontaktierten. Die Befragten arbeiteten in verschiedenen Unternehmen unterschiedlicher Branchen und waren im Schnitt 35 Jahre alt.

Bei der Befragung entdeckten die Forscher nicht nur, dass sich die Angestellten ausgeschlafener Chefs positiv über ihre Vorgesetzten äußerten. Mehr noch: Je schlechter die Befragten schliefen, desto negativer bewerteten sie das Arbeitsverhältnis. „Müde Führungskräfte und Angestellte behandeln sich gegenseitig schlechter“, sagt das Forscherduo, „und darunter leidet ihre Beziehung.“ Offenbar ist der schlaflose Erfolgsmanager ein Mythos, entstanden durch falsch verstandene Selbstdarstellung.

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