Diese Aufnahme einer Überwachungskamera erhitzt die Gemüter in den USA: Zu sehen ist Jeffrey Metzer, Chef des amerikanischen Immobilienunternehmens KB Home, der seine Nachbarin wüst beschimpft. Das Video wurde in der vergangenen Woche publik gemacht. Binnen 48 Stunden reagierte das Unternehmen auf das unangemessene Verhalten des Managers: Metzers Bonus wurde um 25 Prozent kürzte, wie KB Home am 21. September der US-Börsenaufsicht SEC mitteilte. Boni sollen schließlich gute Leistungen honorieren - und Metzers Verhalten könne im schlimmsten Falle geschäftsschädigend sein.
Auch in Deutschland wird Fehlverhalten von Managern gerne durch eine Kürzung der variablen Bezüge geahndet. Zuletzt im großen Stil bei der Deutschen Bank und Volkswagen Dort mussten die Führungsspitzen wegen des Dieselskandals auf 30 Prozent ihrer Boni verzichten.
Bis heute sind Extrazahlungen in Deutschland weit verbreitet. 90 Prozent der Top-Manager und 84 Prozent der Führungskräfte im mittleren Management erhalten individuelle Boni, wie eine Studie der Personal- und Managementberatung Kienbaum belegt.
In welchen Ländern und Branchen Manager die höchsten Boni erhalten
Die Personal- und Organisationsberatungsgesellschaft Korn Ferry Hay Group analysiert jährlich die Vergütung von Vorständen in Europa. Für die aktuelle Untersuchung wurden die Daten von mehr als 1.813 Vorständen und Top-Führungskräften aus 22 Ländern und 365 Unternehmen verwendet. Die Daten stammen aus öffentlich zugänglichen Quellen wie zum Beispiel Geschäftsberichten.
Beim Vergleich von Vorständen in Europa belegt Deutschland hinter Österreich Platz sechs, was das Festgehalt und kurzfristige Boni betrifft. Diese Zahlungen machen 35 beziehungsweise 33 Prozent der Gesamtvergütung aus. Damit ist Deutschland etwa 15 Prozent über dem europäischen Durchschnitt platziert.
Festgehalt und kurzfristige Boni von Managern sind in Österreich noch etwas höher als in Deutschland. Sie liegen 17 Prozent über dem Durschnitt in Europa. Damit belegen die Vorstände in Österreich Platz fünf im Ranking.
In Spanien leben die Manager, die am viertbesten bezahlt werden. Das Gehalt liegt satte 29 Prozent über dem durchschnittlichen Gehalt europäischer Vorstandsmitglieder.
„Boni spielen traditionell eine große Rolle bei der Vergütung von Top-Managern. Die Ergebnisse unserer Studie zeigen jedoch, dass ihr Einfluss im vergangenen Jahr besonders hoch war“, sagt William Eggers, Vergütungsexperte von Korn Ferry Hay Group. Dank dieser leistungsabhängigen Sonderzahlungen schafften es die russischen Manager in die Top 3 der bestbezahlten Manager. Ihre Vergütung liegt 35 Prozent über dem europäischen Durchschnitt.
Auch die Briten verdienten 2015 prächtig: Die Vergütung der Spitzenmanager überstieg den Durchschnitt um 38 Prozent. Langfristige Bonuszahlungen machen einen Anteil von 39 Prozent der Bezüge aus.
Noch besser hatten es nur die Schweizer: Unternehmen in der Schweiz zahlen ihren Top-Managern nach wie vor am meisten. Die Bezüge der Top-Manager lagen hier 42 Prozent über dem Durchschnitt. Langfristige Boni machen 36 Prozent der Vergütung der Schweizer Manager aus.
Am besten verdienten Top-Manager im Jahr 2015 in der Medienbranche. Das Grundgehalt fiel 2015 satte 32 Prozent höher aus als in anderen Branchen.
Quelle: Vergleich der Vorstandsgehälter in Europa durch die Personal- und Organisationsberatungsgesellschaft Korn Ferry
Ähnlich gut verdienten Spitzenmanager im vergangenen Jahr in der Pharmaindustrie. Sie bekamen acht Prozent mehr Gehalt als der Branchendurchschnitt.
Auch in der Automobilindustrie lagen die Durchschnittsgehälter bei 108 Prozent.
Die Boni-Deckelungen bei Banken und Finanzunternehmen führten dazu, dass Top-Manager dieser Branche nun beim Gehalt unter dem europäischen Durchschnitt aller Branchen liegen.
Auf den letzten Plätzen bei der Gesamtvergütung liegen die Transportunternehmen und Energieversorger.
Obwohl die Befragten Nutznießer des Bonisystems sind, hält gut ein Drittel diese Vergütung offenbar für nicht mehr zeitgemäß. Zumindest gaben 27 Prozent an, den individuellen Bonus kürzen oder ganz abschaffen zu wollen.
Dass diese monetäre Karotte, hinter der die Führungskräfte herlaufen sollen, ihre Wirkung auf Dauer verfehlt, berichtete auch Dirk Sliwka auf der Personalmesse Zukunft Personal. Der Leiter des Seminars für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Personalwirtschaftslehre an der Universität zu Köln hat gemeinsam mit seinen Kollegen Sebastian Butschek und Lea Petters den Zusammenhang zwischen Arbeitsqualität, wirtschaftlichem Erfolg eines Unternehmens und der variablen Vergütung untersucht.
Geld motiviert nur die Unmotivierten
"Wenn Zielvereinbarungen an eine variable Vergütung geknüpft sind, sinken die Arbeitszufriedenheit und die emotionale Bindung an ein Unternehmen", sagte er bei der Vorstellung der ersten Ergebnisse der neuen Untersuchung. Die komplette Studie, die gemeinsam mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales entstanden ist, soll Anfang kommenden Jahres veröffentlicht werden. Im Einzelfall könne es - abhängig von der Branchen - zwar durchaus Sinn ergeben, nach Leistung zu bezahlen, nachweisen könne man es jedoch noch nicht, so der Betriebswirt.
"Vergütung hat etwas mit Unternehmenskultur zu tun", ergänzt André Große-Jäger, Referatsleiter im Bundesministerium für Arbeit und Soziales. "Wer nicht intrinsisch motiviert ist, arbeitet weniger, wenn er weniger Geld bekommt." Umgekehrt könne die Aussicht auf mehr Geld all jene, die für ihren Beruf brennen, nicht zusätzlich motivieren. Entsprechen gehe er davon aus, dass sich Vergütungssysteme in naher Zeit verändern werden.
Und tatsächlich überlegen einige der von Kienbaum befragten Führungskräfte, zumindest die Art der Ausschüttung zu verändern. „Einige Unternehmen denken durchaus darüber nach, die Boni durch das Team verteilen zu lassen, anstatt durch den Vorgesetzten allein. Das ist zwar für die meisten Teilnehmer noch Zukunftsmusik, aber immerhin wird solch eine Teamverteilung derzeit von zehn Prozent der Unternehmen in ihre Überlegungen aufgenommen“, sagt Hans-Carl von Hülsen, Studienautor und Vergütungsexperte bei Kienbaum. Damit wäre eine Bedingung für den kulturellen und damit auch digitalen Wandel in Unternehmen geschaffen: nämlich Transparenz.
Entsprechend wollen die Führungskräfte zusätzlich zu den traditionellen Instrumenten wie Zielvereinbarung und Leistungsbewertung 360-Grad-Feedbacks und Mehrfachbeurteilungen einführen, die den Mitarbeitern mehr Mitspracherecht einräumen. Der Chef als Zirkusdirektor, der für die Leistung seines Teams ein Extra bekommt, kommt dem Aussterben damit noch ein wenig näher.
Das sehen auch die Befragten so: Rund 80 Prozent sehen sich in der Zukunft weniger als Entscheider, denn als Coach und Mentor. Und der bekommt schließlich auch keinen Bonus.