In der Branche fürchten manche, dass bei kleineren Unternehmen vieles im Dunkeln bleibt, wenn niemand mehr für Analysen über sie zahlt. „Passives Investieren über Indexfonds bekäme einen weiteren Schub“, glaubt Baader-Vorstand Bacherl. Investoren könnten nur noch bekannte und ausreichend analysierte Standardwerte aus Dax, MDax und TecDax kaufen. Unter dem Radar blieben die kleineren Nebenwerte – es sei denn, die Unternehmen gäben das Research selbst in Auftrag. „Die Informationsvielfalt stehe auf dem Spiel“, warnte DVFA-Vorstandschef Stefan Bielmeier in der „Börsenzeitung“. Das könne nicht im Sinne des Verbraucherschutzes sein.
Manche Fondsmanager sehen darin eine Chance, Informationsvorsprünge zu nutzen: „Je weniger Analysten es gibt, desto wichtiger wird das eigene Know-how“, sagt Götz Albert, der beim Fondshaus Lupus alpha das Geschäft mit Nebenwerten verantwortet.
Als die neuen EU-Regeln zur Kostentransparenz im Research publik wurden, hat Drach zunächst gejubelt. Mit Independent Research schafft er es schon seit 1995, Research an Nutzer zu verkaufen – bankunabhängig, also für Geld, nicht gegen Order-Provisionen. Die EU-Regeln hätten sein Geschäft vereinfachen können, wenn die Banken sich dem Wettbewerb wirklich fair stellen würden. „Aber die derzeit von den Banken aufgerufenen Preise haben mit den wahren Kosten für Research nicht viel zu tun“, sagt Drach.
Aktuell pendelt sich der Preis pro Research-Paket und Bank bei 25.000 Euro ein. Viel zu wenig, wie schon eine grobe Hochrechnung belegt: Der britische Vermögensverwalter JO Hambro Capital etwa will künftig umgerechnet 5,6 Millionen Euro für Research ausgeben – gerade mal 0,017 Prozent der Summe, die er insgesamt managt. Würden Fonds, bei denen deutsche Anleger in Aktien investiert haben, genauso wenig bezahlen, wären dies gut 84 Millionen Euro für alle Anbieter. Schon die Researchabteilung einer heimischen Großbank kostet durchaus einen unteren zweistelligen Millionenbetrag – und Londoner Analysen sind noch teurer. Das Geld reicht also vorne und hinten nicht, um das aktuelle Analystenheer zu zahlen.
Die Deutsche Bank ahnte das wohl: Sie hatte im Frühjahr für ein Basis-Researchpaket noch 100.000 Euro verlangt, berichtet ein Vermögensverwalter. Da keine Bank und kein Broker Kunden verlieren will, passten sich alle den Vorstellungen der Fondsmanager an, sagt Drach. Die Fonds müssen nur damit drohen, dass sie ihr internes Research aufstocken, wenn die Banken zu teuer werden. Damit gingen den Investmentbanken aber die auf der Wiesn, beim Fußball und auf Investorenkonferenzen geknüpften Kontakte verloren. „So wird es eben doch dabei bleiben, dass Analysten auf die eine oder andere Weise von anderen Bankabteilungen subventioniert werden“, sagt Drach.
Fondsanleger muss das nicht einmal schmerzen. Nicht alle großen Geldverwalter wollen die Kosten für Research übernehmen, einige belasten damit ihre Fonds und damit die Anleger. So etwa das französische Haus Carmignac, dessen Fonds schon jetzt teuer sind. Die pro gemanagten Euro ausgewiesenen Gesamtkosten, abzulesen an der Kennziffer TER für Total Expense Ratio, werden im kommenden Jahr trotzdem bei allen Fonds steigen: Denn erstmals müssen auch die Transaktionskosten für die Wertpapierorders in die Quote aufgenommen werden. Das Sparkassenhaus Deka will Kosten „separat und damit transparent“ ausweisen.
Auf den Anleger kämen aber keine höheren Kosten zu, beteuert das viertgrößte deutsche Fondshaus – so wie die allermeisten in der Branche. Seppi von FPM rechnet sogar damit, dass sein Haus für Orderprovisionen und Research zusammen im kommenden Jahr 30 Prozent weniger zahlen wird. Große Fonds, die noch mehr Druck ausüben können, könnten noch mehr sparen, heißt es allerorts in Frankfurt.
Ob das aber über Jahre so bleibt? Mancher mag einfach nicht glauben, dass Banken bereitwillig auf Provisionen und Gebühren verzichten – zumal sie Ausgaben wie die für die Wiesn-Besuche nicht unbedingt streichen werden. Gute Kunden, das gilt trotz aller Querschüsse aus Brüssel, muss man pflegen, so oder so.