Außerbörslicher Handel Die Tücken des Aktienhandels

Der Xetra-Handel dominiert die Aktienbörse jeden Tag von 9 bis 17.30 Uhr. Privatanleger werden mit Handelsmöglichkeiten auch außerhalb dieser Stunden gelockt. Das kann in die Hose gehen, zeigt das Beispiel Deutsche Bank.

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An den vorbörslichen Kursen war es nicht abzulesen: Als der Xetra-Handel am Montagmorgen startete, stürzte die Aktie der Deutschen Bank ab - und mit ihr der Dax. Quelle: AFP

Frankfurt Um 9 Uhr morgens startet der Aktienhandel auf der wichtigsten Börsenplattform Xetra der Deutschen Börse – und am Montag war es mit einem Donnerschlag losgegangen. Kurz nach Eröffnung stürzte das Papier der Deutschen Bank in dem elektronischen Handelssystem. Um 10 Uhr stand die Aktie bereits 6,5 Prozent im Minus bei 10,67 Euro. Der Absturz überraschte auch Profis, die auf außerbörslichen Handelsplattformen Kurse stellen. Denn am frühen Morgen hatten sie keine wesentliche Kursveränderung angedeutet.

Als der Wertpapierhändler Lang & Schwarz zum Wochenauftakt um 7.30 Uhr den ersten Kurs für die Aktie der Deutschen Bank gestellt hatte, lag dieser bei 11,41 Euro – also etwa auf dem gleichen Kurs wie am Freitagabend. 480 Aktien wechselten zu dem Preis den Besitzer, einige Tausend folgten zu ähnlichen Konditionen. Wer dachte, sich vor dem Xetra-Start bereits schlau mit einem Kauf positioniert zu haben, tappte in eine Falle. Der kurze Zeit später folgende Kurssturz der Deutsche-Bank-Aktie deutete sich bei Lang & Schwarz nicht an.

Vor allem Privatanleger sind Zielgruppe kleinerer Börsen und spezialisierter Broker, um auch außerhalb der Xetra-Zeiten von 9 bis 17.30 Uhr mit Wertpapieren handeln zu können – je nach Anbieter ist dies von 8 bis 22 Uhr oder auch von 7.30 Uhr bis 23 Uhr möglich. Die Preissetzung zu den Randzeiten orientiert sich zum einen am Nachrichtengeschehen, zum anderen an der Entwicklung großer Börsen rund um die Welt und natürlich der Nachfrage nach den einzelnen Wertpapieren in den Randzeiten. Die Umsätze sind auf den alternativen Plattformen früh morgens und spät abends aber gering. Daher sind außerbörsliche Kurse mit Vorsicht zu genießen – auch wenn niedrigere Gebühren als beim Xetra-Handel private Käufer locken können.

Der Händler, der bei Lang & Schwarz am Montagmorgen die Kurseinschätzung für die Deutsche Bank aufgestellt hat, erklärt: „Der Umsatz war am Morgen ziemlich dünn.“ Deshalb habe er den Kurs auf dem Niveau von Freitag belassen.

Das geringe Handelsvolumen ist bei den Anbietern von Aktien außerhalb des regulären Handels in der Tat ein Problem. Bei Lang & Schwarz wurden am Montagmorgen zwischen 7.30 Uhr und 9.00 Uhr etwa 10.000 Deutsche-Bank-Aktien gehandelt, während auf Xetra allein in der ersten Handelsminute bis 9.01 Uhr über 180.000 Papiere der Bank den Besitzer wechselten.

Die breite Marktmeinung spiegelt sich also erst im Xetra-Handel wieder. Die Profis übernahmen um 9 Uhr die Regie – und drückten die Kurse. Die anderen Handelsplätze passten sich danach wie üblich an diese Xetra-Entwicklung an. „Dass an den vorbörslich gestellten Kursen für die Aktie der Deutschen Bank der spätere Einbruch im regulären Handel nicht ansatzweise ablesbar war, kann daran liegen, dass offenbar vor allem größere Adressen ihre Pakete auf den Markt geworfen haben“, sagte ein Wertpapierhändler, der nicht namentlich zitiert werden wollte. „Und Institutionelle tummeln sich nun mal in der Regel nicht auf Nebenplattformen“, so der Insider.


Zu geringe Liquidität

Ein Sprecher des Vermögensverwalters Allianz Global Investors bestätigt: „Wir achten schon auf die vorbörslichen Kurse.“ Aber: „Wir würden nicht darauf handeln, denn sie sind einfach zu vage und die Liquidität ist zu gering.“ Wer große Aktienpakete platzieren oder losschlagen will, der wartet.

Auslöser für den Deutsche-Bank-Kurseinbruch war womöglich die Angst vor einer massiven Kapitalerhöhung bei dem Institut. Das Magazin „Focus“ hatte berichtet, dass die Bundesregierung Staatshilfen für die Deutsche Bank ausschließe. Sowohl das Institut als auch Regierungssprecher Steffen Seibert wiesen diesen Bericht zurück.

Ein Bank-Sprecher sagte, dass Deutsche-Bank-Chef John Cryan die Bundeskanzlerin nicht gebeten habe, im Hypothekenverfahren mit dem amerikanischen Justizministerium zu intervenieren, in dem eine Milliardenstrafe droht. Und eine Kapitalerhöhung stehe nicht auf der Agenda.

Den Handel außerhalb der Xetra-Zeiten bieten nicht nur spezialisierte Broker wie Lang & Schwarz an, bei denen der Anleger mit dem Broker direkt ein Geschäft abschließt. Es gibt auch der offiziellen Börsenaufsicht unterliegende Plattformen wie etwa Tradegate, das wie Xetra von der Deutschen Börse betrieben wird. Der Vorteil: Bei Online-Brokern wie etwa der ING-Diba fallen für Direkthandel-Geschäfte – egal ob über wenig oder streng regulierte Plattformen - keine Gebühren zusätzlich zu einer prozentualen Provision am Umsatz an. Für Xetra-Transaktionen sind hingegen zusätzlich zur Provision noch 1,75 Euro Gebühr fällig. Allerdings sind bei Xetra meist die Preisspannen zwischen Ver- und Ankauf für Wertpapiere enger gesetzt.

Anbieter von Differenzkontrakten („CFD“) wagen es hingegen in Deutschland nicht, Geschäfte mit Einzelaktien auch außerhalb der Xetra-Handelszeiten anzubieten. Wer ein solches Produkt kauft, erwirbt auch nicht die Aktie, sondern geht mit dem CFD-Anbieter eine Wette auf die Kursentwicklung des jeweiligen Werts ein. Aus der CFD-Branche ist zu hören, man wolle sich nicht auf „Luftkurse“ stützen. Einzelne Aktienkurse vorab anzugeben, sei, „wie den Daumen in den Wind zu halten“. Für wichtige Indizes stellen die Anbieter aber sehr wohl Kurse.

Anders als vorbörslich vorhergesehen, beendete die Deutsche-Bank-Aktie den Handel am Montag schließlich 7,5 Prozent tiefer als am Vortag bei 10,55 Euro. 30 Millionen Aktien wechselten in insgesamt 15.853 Transaktionen auf Xetra den Besitzer – fast drei mal so viele wie an einem durchschnittlichen Handelstag in diesem Jahr.

Der nachbörsliche Kurs von Lang & Schwarz notierte am späten Montagabend einige Cent unter dem Xetra-Schlusskurs.

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