Intelligent Investieren

Ein Geld-Guru hadert mit Bitcoin & Co.

Thorsten Polleit
Thorsten Polleit Chefvolkswirt der Degussa

Der Großinvestor Howard Marks warnt seine Kunden vor digitalen Währungen. Doch es gibt gute Gründe für Cybergeld.

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Quelle: REUTERS

Howard Marks zählt zu den weltweit bekanntesten Investoren. Der Mitbegründer von Oaktree Capital Management L.P. – die Firma hat ein Anlagevolumen von etwa 100 Mrd. US-Dollar – ist bekannt für pointierte und erhellende Kommentare. In seinem neusten „Memo“ mit der Überschrift „There They Go Again … Again“ vom 26. Juli 2017 warnt Marks seine Leser vor den Gefahren der aufgeblähten Vermögenspreise, übermäßigen Risiken und künftig geringen Renditen.  

Er hebt eine ganze Reihe von Entwicklungen hervor, die die Alarmglocken läuten lassen sollten. Dazu gehört zum Beispiel der Höhenflug der FAANG-Gang (Facebook, Amazon, Apple, Netflix und Alphabet). Er erinnere ihn auffällig an die Unbekümmertheit der Investoren in den 1960er und 1970er Jahren, die die „Nifty-Fifty“-Aktien zuerst auf abenteuerliche Bewertungshöhen trieb und in herben Verlusten für die Investoren endete. Gleiches geschah mit Ölaktien in den 1970ern und Tech-Medien- und Telekom-Aktien in den 1990ern.

Ebenfalls ein Indiz für eine Übertreibungsphase ist für Marks das fulminante Anwachsen der Anlagebeträge, die Exchange Traded Funds (ETFs) passiv in Aktienmarktindizes anlegen: Aktien werden gekauft, nicht weil sie zuvor einer eingehenden Wertanalyse unterzogen wurden, sondern weil sie in einem (wie auch immer definierten) Index enthalten sind. Dadurch werden Preisübertreibungen geradezu befördert – vor allem auch in einem Umfeld extrem niedriger Zinsen, in dem Anleger Hände ringend nach Rendite suchen.

Ein weiteres Warnsignal erblickt Marks in der Private-Equity-Industrie, die derzeit Rekordbeträge einwirbt, um sie dann – zusätzlich „gehebelt“ mit Krediten – in nicht-börsengelistete Unternehmen zu investieren. Und nicht zuletzt stößt sich Marks an der übersteigerten Risikofreude in den Kreditmärkten: Der Zins für Kredite ist gering, die Risikoaufschläge für Schulden historisch niedrig. Selbst schlechte Schuldner (unter ihnen Staaten wie Argentinien, Elfenbeinküste, Senegal und Ägypten) kommen leicht und billig an immer neue Kredite.

Warnsignal Kryptowährungen

Die fulminante Verteuerung der digitalen Währungen ist für Marks ein weiterer Hinweis, dass die Investoren ihr umsichtiges Verhalten abgestreift haben: „In my view, digital currencies are nothing but an unfounded fad (or perhaps even a pyramid scheme), based on a willingness to ascribe value to something that has little or none beyond what people will pay for it. But this isn’t the first time. The same description can be applied to the Tulip mania that peaked in 1637, the South Sea Bubble (1720) an die Internet Bubble (1999 – 2000). (Quelle: Howard Marks, There They Go Again … Again, Memo, Oaktree Capital Management L. P., 26. Juli 2017, S. 17.)

Das erste Mal mit Bitcoins bezahlen
Die Bitcoin-Tour startete im Coworking-Space Hafven. Dort sitzt das Start-up Pey, das in Hannover einen Zahlterminal für Bitcoins bei Händlern etabliert hat, der ähnlich einfach funktioniert wie die Zahlung mit Karte. Quelle: Sebastian Kirsch für WirtschaftsWoche
Doch wer mit Bitcoins zahlen möchte, muss sich zunächst welche besorgen. Erster Schritt: Eine Bitcoin-Geldbörse, ein sogenanntes Wallet, als App auf dem Smartphone installieren. Danach ging es mit gezückten Euroscheinen zum Bitcoin-Automaten, den das Start-up Pey im Coworking-Space aufgestellt hat. Quelle: Sebastian Kirsch für WirtschaftsWoche
Neben dem Geldschlitz sitzt am Automaten ein kleiner Scanner. Ähnlich wie man am Flughafen seinen Reisepass bei der automatisierten Passkontrolle einscannt, hält man nun seine Bitcoin-Geldbörse mit einem QR-Code an den Scanner... Quelle: Sebastian Kirsch für WirtschaftsWoche
... der liest die im QR-Code verknüpfte Kontoinformation aus und überweist den Eurobetrag umgerechnet in Bitcoin auf das Smartphone-Konto. Bei einem Kurs von 1000 Euro für einen Bitcoin gab es für zehn Euro während der Bitcoin-Tour in Hannover ungefähr zehn Millibitcoin (mBTC) aufs Konto. Was vielen Teilnehmern nicht bewusst war: Damit solche Überweisungen im Bitcoin-Netzwerk festgehalten werden, müssen sie stets eine Gebühr bezahlen. Und auch die Nutzung des Automaten kostet, ähnlich wie bei einer Bank. Bei 10 Euro betrugen die Gebühren knapp 20 Cent. Quelle: Sebastian Kirsch für WirtschaftsWoche
Dann ging es mit den aufgeladenen Bitcoin-Wallets in das benachbarte Café 24 Grad. Wer wollte, konnte seine Bitcoins hier direkt wieder auf den Kopf hauen. Quelle: Sebastian Kirsch für WirtschaftsWoche
Dabei rückten die angebotenen Kekse, Kaffee und Kuchen allerdings ein wenig in den Hintergrund. Der Star im Café war das kleine schwarze Zahlterminal von Pey (hier im Hintergrund), der die Bitcoins annahm. Quelle: Sebastian Kirsch für WirtschaftsWoche
Statt der Geldbörse zückten die Teilnehmer der Bitcoin-Tour jetzt also an der Kasse ihr Smartphone... Quelle: Sebastian Kirsch für WirtschaftsWoche

Kryptowährungen sind digitale, kryptographisch abgesicherte Quasi-Währungen, die in einem dezentral geführten Zahlungssystem für Transaktionen eingesetzt werden. Die bekanntesten sind Bitcoin, Ethereum, Ripple, NEM, Litecoin, Dash und IOTA. Sie beruhen auf der „Blockchain“-Technologie. Beispielsweise erfolgt die Produktion der Bitcoins nicht durch eine Zentralbank, sondern sie ist dem freien Markt überantwortet. Mittels vielen miteinander verbundenen Computern werden neue Bitcoins „geschürft“.

Der große Clou dabei ist: Die Bitcoin-Menge lässt sich nicht beliebig vermehren. Sie ist vielmehr auf 21 Millionen Stück begrenzt. Die Kaufkraft der Kryptowährung kann nicht – anders als bei den offiziellen Währungen – durch politische Willkür manipuliert und herabgesetzt werden. Kryptowährungen stellen damit besseres Geld in Aussicht. Der Markt hat das neue Angebot bereits quittiert: Seit Anfang 2012 bis heute ist zum Beispiel der Preis des Bitcoin (in US-Dollar) um 57.000 Prozent auf rund 2.800 US-Dollar gestiegen.

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