Repo-Markt Das Frühwarnsystem der Finanzwelt zeigt Stress an

Papiere, die zur Absicherung von Krediten dienen, werden knapp. Den Märkten droht der Entzug von Liquidität, das birgt Gefahren. Warum ausgerechnet die Anleihekäufe der US-Notenbank Fed daran Schuld sind.

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Bild der amerikanischen Flagge Quelle: Getty Images

Die Zeit heilt alle Wunden – und trübt die Erinnerung. Am Montag jährte sich zum sechsten Mal die Pleite von Lehman Brothers. Viele Anleger glauben, benebelt von fünf Jahren Börsenhausse, dass all jene Probleme, die 2008 fast zum Kollaps des globalen Finanzsystems geführt haben, beseitigt wären. Regierungen, Notenbanken und Aufsichtsbehörden hätten die Lage heute im Griff. Ein Irrglaube. Es droht wieder Stress im Finanzsystem.

Das Frühwarnsystem dafür ist der Repo-Markt in den USA. Der Untergang von Lehman beschleunigte sich 2008, nachdem das traditionsreiche Wall-Street-Haus den Zugang zur Finanzierung über diesen Billionen Dollar schweren Teil des Geldmarktes verloren hatte. Trotzdem wird über den Repo-Markt wenig berichtet, von Ökonomen und Analysten wird er meist ignoriert.

Am Repo-Markt leihen sich Banken von anderen Banken und von Geldmarktfonds kurzfristig Geld, maximal für ein Jahr, häufig nur für wenige Tage oder gar nur für eine Nacht. Auch Hedgefonds finanzieren sich inzwischen in großem Stil am Repo-Markt.

Wie der Repo-Markt arbeitet

Dem jeweiligen Kreditgeber werden als Sicherheiten Wertpapiere übertragen. Überwiegend dienen US-Staatsanleihen und durch Hypotheken besicherte Schuldverschreibungen der staatlichen Hypothekenfinanzierer Ginnie Mae, Fannie Mae und Freddie Mac als Sicherheiten. Schuldner können aber auch Unternehmensanleihen, Aktien und verbriefte Kreditkarten-, Studenten- und Autokredite hinterlegen. Der Kreditnehmer in einem Repo-Geschäft verpflichtet sich, die Wertpapiere am Ende der vereinbarten Laufzeit zurückzukaufen, und zahlt zusätzlich Zinsen für den Kredit. Je nach Qualität der hinterlegten Sicherheit wird ein Sicherheitsabschlag abgezogen. Schlechtere Papiere werden also nicht zu 100 Prozent, sondern zum Beispiel nur zu 90 Prozent beliehen. Je besser die Bonität, desto geringer fällt dieser Abschlag aus.

Wer mit wem am US-Repo-Markt Geschäfte macht

Das Besondere: Der Kreditgeber kann die als Sicherheit für seinen Kredit angenommenen Wertpapiere ebenfalls einsetzen, um andere Geschäfte zu schließen oder sie gar erneut zu beleihen. Der Kreditschöpfungsprozess durch die Hinterlegung von Sicherheiten hat somit einen Multiplikator-Effekt. Er funktioniert ähnlich wie der traditionelle Geldschöpfungsprozess, bei dem die Notenbank durch befristete Käufe von Wertpapieren den Geschäftsbanken kurzfristig Liquidität bereitstellt.

Die Kreditschöpfung über die mehrfache Verpfändung von Sicherheiten, sogenannte Beleihungs- oder Collateralketten, ist im heutigen Finanzsystem eine der Hauptquellen für Kredite. Ende 2007 führten die US-Banken rund 10.000 Milliarden Dollar an Sicherheiten. Dahinter verbarg sich aber letztlich nur ein tatsächlich verwertbares Wertpapiervolumen von etwa einem Drittel der ausgewiesenen Summe. Im Schnitt wurde eine Sicherheit also dreimal zur Kreditaufnahme eingesetzt.

Die eigentliche Aufgabe des Repo-Marktes besteht darin, kurzfristig Liquiditätsspitzen auszugleichen. Im Idealfall erhöht er so die Effizienz der Geldversorgung, auch zum Wohle der Realwirtschaft. Mittlerweile ist der Repo-Markt aber auch das wichtigste Schmiermittel für ein gigantisches Schattenbankensystem. Er bestimmt maßgeblich mit, wie viel Liquidität in die spekulativen Grauzonen der Finanzmärkte fließt.

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