Der Auftragseingang von Siemens enttäuscht, Bayer schneidet schlechter ab als erwartet, die Commerzbank macht dicke Verluste – und für die Autoaktien, die selbst nach dem Kursdesaster der vergangenen Monate noch ein Fünftel des Dax ausmachen, ist einfach keine Rettung in Sicht.
Dann der Euro. Spätestens, seitdem er über das mittelfristige Hoch bei 1,16 Dollar gestiegen ist, wächst die Unruhe. Vor allem am deutschen Aktienmarkt, an dem sich immer mehr Schwächen einschleichen. Kurstechnisch häufen sich Abwärtsdrehungen:
BASF ist weit unter die 200-Tage-Linie gerutscht. Hier gibt es vor allem Probleme mit Wintershall in Libyen. Das ist kein Pappenstiel, denn Wintershall gehört traditionell zu den wichtigsten Gewinnbringern von BASF. Sollte eines Tages auch noch die allgemeine Chemiekonjunktur nachlassen, wäre der Abschwung perfekt.
Fresenius, eigentlich ein Dauerbrenner, hat bei 80 Euro eine richtige kleine Doppelspitze hingelegt. Der nachfolgende Kursrutsch ging nicht nur durch die 200er-Linie, sondern gleich noch unter die Marke bei 70. Die jüngsten Zahlen waren zwar nicht schlecht. Allerdings kommen bei immer mehr Anlegern Zweifel auf, ob sich die massive Übernahmepolitik, die mittlerweile zu 20 Milliarden Euro Schulden geführt hat, auch nachhaltig auszahlt.
HeidelbergCement hat sich seit einem Jahr zwischen 80 und 90 Euro festgefahren. Die Hoffnungen auf große Infrastrukturprogramme und entsprechend steigende Nachfrage nach Baustoffen, Zement und Beton flaut etwas ab. Sollte die Aktie auch unter 80 Euro sacken, wäre das ein Verkaufssignal.
Die Aktien-Dauerbrenner der letzten 10 Jahre
Branche: Touristik
Land: Thailand
Jährlicher Gesamtertrag: 57 Prozent
(Jeweils der Gesamtertrag für Aktionäre u. a. aus Kursgewinnen und Dividenden von 2001 bis 2016 und 2006 bis 2016. Unternehmen über zehn Milliarden Dollar Börsenwert)
Quelle: BCG
Branche: Medien
Land: USA
Jährlicher Gesamtertrag: 42 Prozent
Branche: Medien
Land: China
Jährlicher Gesamtertrag: 41 Prozent
Branche: Luftfahrt
Land: USA
Jährlicher Gesamtertrag: 33 Prozent
Branche: Finanzen
Land: USA
Jährlicher Gesamtertrag: 27 Prozent
Gehört zu den Empfehlungen der WirtschaftsWoche
Branche: Technologie
Land: USA
Jährlicher Gesamtertrag: 27 Prozent
Branche: Technologie
Land: China
Jährlicher Gesamtertrag: 26 Prozent
Branche: Finanzen
Land: Vereinigte Arabische Emirate
Jährlicher Gesamtertrag: 20 Prozent
Branche: Konsumgüter
Land: Südkorea
Jährlicher Gesamtertrag: 19 Prozent
Trauerspiel Deutsche Bank, Baisse-Programm ProSieben
Linde, um die es in den vergangenen Monaten ruhiger geworden ist, hat durch den Rückgang unter das Niveau von 165 Euro ein klassisches Verkaufssignal geliefert. Bei 160 Euro steht der Kampf mit der 200-Tage-Linie auf der Tagesordnung. Im zweiten Quartal hat die Dynamik im Industriegasegeschäft deutlich nachgelassen. Die Fusion mit Praxair ist in Arbeit, Kursphantasie können Börsianer davon derzeit aber nicht ableiten.
Merck ist in einem Zug, ohne wesentliche Gegenbewegung, durch die Unterstützung bei 105 Euro und dann sofort unter die 200-Tage-Linie gesaust. Weltweit stehen Pharmaaktien derzeit unter Druck, selbst Ikonen wie Roche oder Pfizer schmieren ab. Die Hoffnung mancher Investoren, die bisher schon zurückgebliebenen Pharmaaktien könnten sich 2017 zu Favoriten mausern, gehen bisher überhaupt nicht auf.
ProSieben gehört derzeit zu den schwächsten Blue Chips weltweit. Seitdem die Aktie im Dax ist, geht es nach unten. Im Frühjahr gab es noch einmal einen Versuch, bei 40 Euro den Trend zu retten. Doch operativ bleiben Unsicherheiten, vor allem die Hoffnungen auf das Digitalgeschäft sind vage. Spätestens bei 30 Euro muss die Aktie halten. Wenn nicht, hätte sie eine mehrjährige Top-Formation mit erheblichem Baisse-Potenzial abgeschlossen.
Auch bei der Deutschen Bank wird es gefährlich. Die Untergrenze bei 15 Euro muss verteidigt werden. Zu dieser fragilen Lage der Aktie passen die wenig berauschenden Fortschritte im laufenden Geschäft, die Chef Cryan zuletzt wieder gemeldet hat. Womöglich kommen sogar Reibungen mit dem Aufsichtsrat dazu. Eigentlich ist die Bewertung der Deutschen Bank mit einer Marktkapitalisierung von 31 Milliarden Euro angesichts ihrer Position, ihrer Bilanzsumme und ihrer Historie ein Witz. Doch dass selbst auf dieser gedrückten Basis abermals Kursrisiken entstanden sind, macht das Trauerspiel um die Deutsche offensichtlich. Bisher ist der Markt davon ausgegangen, dass unter Cryan die Wende geling. Was aber ist, wenn es auch diesmal wieder nicht klappt?