Die Erhöhung der Leitzinsen in Amerika hat am langen Ende der US-Zinsen zu keinen nennenswerten Veränderungen geführt. Das heißt, die Erhöhung entsprach ziemlich genau den Erwartungen des Marktes. Doch schwach sieht die Rendite der zehnjährigen US-Anleihen mit 2,54 Prozent keineswegs aus. So lange sie über dem Niveau von 2,40 Prozent bleibt, ist ihre bisherige Aufwärtsentwicklung intakt. Und geht es in diesem Schema so weiter, hätte sie im Laufe des Jahres Spielraum bis auf rund drei Prozent.
US-Notenbank erhöht Leitzinsen - was das bedeutet
Die größte Volkswirtschaft der Welt soll mit der Zinsanhebung vor einem Überhitzen bewahrt werden. Kommt Geld zu billig, also mit zu niedrigen Zinsen auf den Markt, drohen Blasen zu entstehen - etwa bei Immobilien, die künstlich immer teurer werden, weil der Markt mit billigen Krediten leergekauft wird. Platzt die Blase, ist der Wertverfall umso größer. Das will die Fed verhindern. Schließlich war es eine US-Immobilienblase, die 2008 in die tiefste Wirtschafts- und Finanzkrise der neueren Geschichte geführt hat. „Wir erwarten, dass die Volkswirtschaft die nächsten Jahre moderat weiter wächst“, sagte Fed-Chefin Janet Yellen.
Teils, teils. Einerseits will Trump Amerika „Great Again„ machen. Eine schwache Währung käme ihm dabei gelegen, weil die US-Firmen exportieren könnten - und von Trump ungeliebte Importe tendenziell teurer würden. „Die langfristige Stärke des Dollar ist sehr wichtig“, sagt zwar der Finanzminister und frühere Investmentbanker, Steven Mnuchin. Trump verfolgt aber eigentlich ganz andere Ziele: Er will das immense Handelsdefizit der USA vor allem gegenüber China, aber auch Ländern wie Japan und Deutschland, dezimieren. Ein zu starker Dollar verteuert US-Exporte ins Ausland und macht sie somit auf dem Weltmarkt weniger wettbewerbsfähig.
Trump und seine Regierung müssen mit den enormen Staatsschulden der USA zurechtkommen. Die Schuldenobergrenze ist am Donnerstag erreicht. Es muss etwas geschehen. Tendenziell drosseln höhere Zinsen die Wirtschaft, was dem Schuldenabbau etwa durch höhere Steuereinnahmen nicht unbedingt dienlich ist. Die Fed hat angedeutet, dass sie bei anhaltend guter Konjunktur in diesem Jahr noch dreimal die Zinsen hochschrauben könnte. Das Weiße Haus wird das skeptisch sehen.
Offiziell ist die Federal Reserve unabhängig und trifft ihre Entscheidungen ausschließlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten - nicht nach politischen. Andererseits: Viele Experten gehen davon aus, dass Janet Yellen, die von Trumps Vorgänger Barack Obama eingesetzt worden war, keine weitere Amtszeit vergönnt sein wird. Ihr Vertrag läuft 2018 aus. Dann könnte Trump jemanden ins Amt holen, auf den er zumindest hinter den Kulissen mehr Einflussmöglichkeiten besitzt. Das gilt besonders dann, wenn die Fed die Ankündigung ihres aggressiveren Zinskurses wahr machen sollte.
Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank ist abgekoppelt von der US-Notenbank, wenngleich die USA natürlich ein nicht zu übersehender Signalgeber sind. Vor allem auf dem Finanzsektor in Deutschland mehren sich die Stimmen, die fordern, dass EZB-Chef Mario Draghi nicht allzu lange abwartet. Dann hätten Sparer wieder mehr von ihrem Geld, aber Häuslebauer müssten mehr Zinsen für ihre Hypotheken zahlen. Die Banken in der Eurozone leiden unter den niedrigen Zinsen. Allerdings ist die Wirtschaft mit der massiven Arbeitslosigkeit in Südeuropa eigentlich noch nicht so weit. Draghi kündigte erst vergangene Woche an, dass die Anleihekäufe der EZB zunächst weitergehen sollen - das Gegenteil einer Zinserhöhung.
Dennoch kann sich der Euro nach der US-Zinserhöhung erst einmal wieder stabilisieren. Das hat vor allem zwei Gründe: Zum einen überwogen in den vergangenen Wochen die Pessimisten mit ihren Short-Engagements, die nun, nach vollzogener US-Zinserhöhung erst einmal ihre Positionen wieder schließen müssen; das führt zu technischen Kursgewinnen. Zum anderen wachsen Zweifel an den von Trump versprochenen Konjunkturmaßnahmen.
Auch die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen hat sich in den vergangenen Monaten deutlich über der Nulllinie etabliert. Gemessen an den negativen Tiefpunkten des vergangenen Jahres könnte man dies schon als erste Phase einer langsamen Aufwärtsbewegung interpretieren. Auf alle Fälle dürfte der jahrelange Prozess sinkender Bund-Renditen beendet sein. Schon das trägt dazu bei, den Euro nicht mehr ins Leere fallen zu lassen.
In der Tat gäbe der Euro bei einem Anstieg über 1,09 Dollar hinaus sogar ein klassisches Kaufsignal, dessen theoretisches Ziel zunächst bei 1,11 bis 1,12 liegen würde. Die große Wende vollzogen hätte der Euro aber erst, wenn er über 1,16 Dollar hinaus käme.
Das Dilemma der Käufer: Zuschauen oder teuer nachkaufen
Insgesamt ist die Aufwärtsbewegung im Dax, die im Herbst durch die Trump-Wahl eine neue Dynamik bekommen hat, weiterhin voll und ganz intakt. Der Abstand zur 200-Tage-Linie ist durch die Schaukelpartie der vergangenen Wochen nicht mehr größer geworden, zu einer deutlichen Abkühlung im Zuge einer Korrektur ist es aber immer noch nicht gekommen.
Für viele Anleger liegt genau darin das Problem der aktuellen Marktverfassung: Einerseits bieten Aktien insgesamt durchaus ein fundamental gutes Umfeld (Wirtschaftswachstum, niedrige Zinsen, steigende Unternehmensgewinne), andererseits sind die Bewertungen an den Märkten schon fortgeschritten. Neukäufer stehen also permanent vor der unangenehmen Entscheidung, entweder in einem stabilen Markt nicht dabei zu sein oder teuer nachkaufen zu müssen.
Die großen Trends selbst sind derzeit ohne Frage weiter intakt: Dow Jones, Nasdaq, Euro Stoxx und Dax verlaufen mit deutlichem Abstand oberhalb ihrer steigenden 200-Tage-Linien. Im Dax gibt es derzeit nur einen einzigen Wert, der weit unterhalb seiner 200-Tage-Linie verläuft: Die völlig unrepräsentative Aktie des Katastrophen-Unternehmens E.On.