Verkehrte (Finanz)welt

Wie Monopole den Finanzmärkten schaden

Seite 2/2

Dem Wachstum sind Grenzen gesetzt

Befinden wir uns nun auf dem Weg zu gleichgeschalteten Märkten ohne wirkliche Produktauswahl? Zum Glück kann man diesen Schluss noch nicht ziehen. Der Größe im Finanzwesen sind Grenzen gesetzt. Das zeigt schon der Blick auf die Bilanzsummen einiger europäischer Banken im Verhältnis zur „Cost-Income-Ratio“, einem Maß für die Effizienz im Bankwesen. Die Cost-Income-Ratio gibt an, wieviel eine Bank ausgeben muss, um eine bestimmte Summe an Einkommen zu erzielen. Wenn Größe alles wäre, dann müssten große Bilanzsummen zu geringen Kostenquoten führen.

Es ist aber nicht zu erkennen, dass große Banken per se die bessere Cost-Income-Ratio haben (siehe Tabelle). Dabei sollte jedoch mitbedacht werden, dass wir uns gerade in einer Phase erhöhter Regulierung inklusive Strafzahlungen und Aufbau des bürokratischen Verwaltungsapparates befinden. Der damit verbundene Aufwand trifft international tätige Banken und insbesondere Investmentbanken zurzeit härter. Dieser Trend wird sich aber nicht unbedingt weiter fortsetzen.

Europäische Banken (Auswahl):
Verhältnis von Größe und Cost-Income-Ratio

FinanzinstitutGesamtaktivaCost-Income-RatioLand
2017e2017e
HSBC2.408.76364%UK
BNP Paribas2.036.49168%Frankreich
Crédit Agricole1.567.91364%Frankreich
Deutsche Bank1.527.90093%Deutschland
Société Générale1.412.47369%Frankreich
Barclays1.392.44463%UK
Santander1.333.78049%Spanien
ING Group873.90254%Niederlande
Unicredit868.20160%Italien
UBS867.20778%Schweiz
BBVA739.00550%Spanien
Intesa Sanpaolo738.87247%Italien
Credit Suisse735.82290%Schweiz
Nordea611.90547%Schweden
Commerzbank477.80078%Deutschland
ABN Amro405.94761%Niederlande
Skandinaviska Enskilda Bank276.27150%Schweden
Svenska Handelsbanken264.82646%Schweden
Erste Group211.17063%Österreich
Swedbank210.35938%Schweden
Bankia182.22751%Spanien
Raiffeisen Bank International136.36058%Österreich
Julius Baer85.86367%Schweiz
Mediobanca74.40048%Italien
Banco Comercial Portugues71.33146%Portugal
pbb Deutsche Pfandbriefbank61.40353%Deutschland
Aareal Bank47.97155%Deutschland
Datenquelle: www.AlphaValue.com 

Mehr Hoffnung macht hingegen die These, dass gerade im Asset Management und bei der Beratung auch kleine Strukturen Vorteile haben. Nicht umsonst schließen Fondsmanager ihre Fonds, wenn sie eine gewisse Größe erreicht haben. Insbesondere Strategien, die in kleine oder aufstrebende Unternehmen investieren, lassen sich aus Liquiditätsgründen mit großen Fonds nur schwer umsetzen. Auch können große Unternehmen oftmals nur mittels starker Hierarchien und Standardisierung geführt werden. Nischenstrategien, und das gilt auch für eine spezialisierte und auf bestimmte Marktsegmente fokussierte Kreditvergabe, sind in solchen Strukturen aber oft nicht gut aufgehoben. Hier haben kleine Dienstleister in den Bereichen Asset Management und Beratung zumindest eine Chance. Eine solche Chance kann aber nur wahrgenommen werden, wenn bei Regulierung und Belastung durch entsprechende Kosten auf die Größe der Anbieter Rücksicht genommen wird.

Die im Januar 2018 einzuführende Direktive zur Regulierung der Europäischen Finanzmärkte (MIFID II) kann hier neben den zu erwartenden Mehrkosten auch eine Hilfe sein. So verlangt sie etwa von unabhängigen Finanzberatern, dass sie Produkte mehrerer Anbieter im Portfolio haben – ein wertvoller Schutz für Anleger. Provisionsgetriebene Ein-Produkt-Strategien werden damit erschwert. Vielleicht kann der ein oder andere Nischenanbieter hieraus auch Vorteile für seinen Vertrieb ziehen.

Dennoch bleiben die vorgenannten Vorteile von Größe und Marktmacht auch nach Einführung von MIFID II bestehen, und bilden den Nährboden für eine Monokultur. Deshalb sollte die Regulierung auch im Finanzwesen Konzentrationsprozesse im Auge behalten und im Bedarfsfall eindämmen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%