Es ist zwar erst Anfang Dezember, trotzdem muss man nicht ausgesprochen visionär sein, um sich schon jetzt festzulegen: Kein ernstzunehmender Rückblick auf das Jahr 2017 wird an dem Thema Kryptowährung vorbeikommen. Bitcoin hier, Bitcoin da – die Medien sind voll davon. Das hat auch seine Berechtigung, beinhaltet das Thema schließlich sogar eine politische Dimension. Das traditionelle System der Zentralbanken offenbart Schwächen, das Prinzip Bitcoin hat für seine Fürsprecher das Zeug zum Gegenentwurf, ist für sie mehr als eine Alternativwährung. Ob und inwieweit es so weit kommt, wird sich allerdings noch weisen müssen.
Im Kurs verzehnfacht
Dass der Bitcoin auch und gerade mit seiner Entwicklung an der Börse für hohe mediale Aufmerksamkeit sorgt, ist ebenfalls nachvollziehbar. Die Kryptowährung ist der Performance-Gigant des bisherigen Jahresverlaufs, seit Beginn des Jahres hat sich ihre Notierung verzehnfacht. Der Goldrausch am Klondike River kann 1896 nicht euphorischer gewesen sein.
Der Bitcoin-Hype an der Börse hat allerdings ein Gschmäckle – und wirft Fragen auf. Beruht die anziehende Nachfrage ausschließlich auf Spekulationen? Und was fast noch interessanter ist: Wissen eigentlich alle, die Bitcoin kaufen, womit sie da handeln? Immerhin sind selbst für vermeintliche „Digital Natives“ Kryptowährungen ein technologisch anspruchsvolles Thema. Die Vermutung liegt nahe, dass viele gar nicht die Hintergründe des Bitcoins kennen.
Zum Autor
Markus C. Zschaber gilt als renommierter und erfahrener Geldmanager und ist Gründer der V.M.Z. Vermögensverwaltungsgesellschaft Dr. Markus C. Zschaber, die seit nunmehr 22 Jahren die Vermögen von privaten und institutionellen Anlegern betreut. Mehrfach wurde er bereits als Fonds- und Portfoliomanager ausgezeichnet, sein Gesicht ist den meisten Anlegern bereits seit 1998 durch den Nachrichtensender n-tv bekannt, bei dem der Experte regelmäßig Interviews gibt. Seit rund einem Jahrzehnt werden durch sein Institut „IFK-Köln“ auch die Konjunkturbarometer „Welt-Index“ und „Welt-Handelsindex“ veröffentlicht. Informationen dazu unter www.zschaber.de und www.kapitalmarktanalyse.com
Es ist schon erstaunlich: Seit Jahren halten sich deutsche Anleger von Aktien fern, die Quote der Aktionäre bewegt sich bei rund 14 Prozent (2016), ohne die „indirekten“ Fondsaktionäre wäre diese Zahl noch niedriger. Zu riskant sei ihnen der Aktienmarkt, sagen viele. Für zu groß hielten sie seine Schwankungen, sagen andere. Um dann in etwas zu investieren, das etwa im September innerhalb von zwei Wochen um 40 Prozent im Kurs korrigiert hat. Dessen Risiken sich selbst von Experten nicht beziffern lassen. Und dessen Funktionsweise nur die Wenigsten im Detail erklären können. Oder glauben Sie ernsthaft, jeder Bitcoin-Anleger hat das Prinzip der Blockchain verstanden?
Warren Buffett weiß, wie’s geht
Dieser Widerspruch birgt Gefahren. Man mag in den heutigen Zeiten die Anhänger von Buy-and-hold-Strategien als Nostalgiker belächeln, die sich die Volatilität des Marktes nicht zunutze zu machen verstehen. Aber nicht alles, was früher galt, ist per se obsolet. Investmentlegenden wie Warren Buffett und Peter Lynch haben stets einen Vorsatz gepredigt: Investiere nur in das, was Du begreifst. Und das halte ich auch im Jahr 2017 immer noch für eine sinnvolle Richtlinie.
Wer das ähnlich sieht und entsprechend handeln will, dem eröffnen sich immer noch genügend Investitionsziele abseits von Bitcoin und Co. Immerhin ist in der Offline-Welt nicht schon alles erledigt. Auch hier gibt es noch Entwicklungs- und Wachstumspotenziale – ein Blick auf die teils maroden deutschen Straßen genügt, um zu erkennen, dass allein in Sachen Infrastruktur enormer Nachholbedarf besteht.