BGH-Urteil zu Bausparkassen Vertrauen der Sparer höchstrichterlich verspielt

Bausparkassen dürfen hochverzinste Altverträge kündigen, sagt der Bundesgerichtshof. Damit haben die Richter das Risiko auf den Sparer umgewälzt und Vertrauen verspielt. Das könnte am Ende auch den Bausparkassen schaden.

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Bausparverträge: Vielen Sparern sind die hohen Zinsen lieber als eine Baufinanzierung.

Eine vertrauensvolle Kundenbeziehung ist gerade in der Finanzwirtschaft die halbe Miete. Wer seinem Bankberater nicht vertraut, wird wohl kaum ein Konto bei ihm eröffnen. Bausparkassen konnten in Deutschland jahrzehntelang auf das Vertrauen der Sparer zählen. Ihre Verträge galten als stabil, sicher und vorhersehbar. Doch damit ist es nun vorbei. Die Unternehmen haben viel Vertrauen verspielt, in dem sie hoch verzinste Altverträge gekündigt haben, weil Sparer lieber Zinsen kassierten als den anvisierten Immobilienkredit abzurufen. Ein hoch umstrittener Vertrauensbruch, denn eigentlich erwartet der Verbraucher ja, dass Verträge eingehalten werden müssen.

Nun hat ausgerechnet der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Grundsatzurteil den Vertrauensbruch der Bausparkassen für rechtens erklärt. Damit steht der Sparer am Ende als Depp da. Das Risiko von sich wandelnden Marktgegebenheiten wurde nun höchstrichterlich von den Unternehmen auf die Sparer umgewälzt. Eine vertrauensvolle Kundenbeziehung sieht anders aus, das sollten eigentlich auch die Richter in Karlsruhe wissen.

Laut Urteil der Karlsruher Richter dürfen Bausparkassen hochverzinste Altverträge kündigen, solange das entsprechende Bauspardarlehen bereits seit mehr als zehn Jahren abrufbar war. Klar, diese Verträge waren für die Bausparkassen ein Risiko. In der Niedrigzinsphase riefen immer weniger Kunden ihr Bauspardarlehen ab, sondern kassierten statt dessen die hohen Zinsen aus ihren alten Verträgen. Schließlich sorgten die niedrigen Zinsen auf Immobilienkredite dafür, dass das Bauspardarlehen nicht mehr en vogue war. Die Niedrigzinsphase drohte das Geschäftsmodell der Bausparkassen aus den Angeln zu heben.

Das ist sicherlich schmerzhaft und für die Unternehmen mit harten Einschnitten verbunden. Das Süppchen einfach den Kunden auslöffeln zu lassen, geht aber trotzdem nicht. Als Kunde erwarte ich, dass ein Unternehmen vorausschauend und innovativ wirtschaftet, und Krisen meistern kann.

"Renditeknaller" nur vorrübergehend

Vor allem darf die Niedrigzinsphase nicht zu Lasten von Kunden ausgelegt werden, mit denen die Unternehmen noch vor einigen Jahren gutes Geld verdient haben. Als "Renditeknaller" und "eine der höchsten risikolosen Sparrenditen" bewarben sie ihre Verträge. In Zeiten, als die Zinsen noch hoch waren, waren renditestarke Bausparverträge vor allem für die Bausparkassen ein Renditeknaller, die Unternehmen machten damit ein lohnendes Geschäft.

Nicht nur das, als es an Einlagen mangelte, lockten die Bausparkassen Verbraucher gar damit, dass diese ihre Darlehen nicht abrufen müssten. Das mag der ein oder andere als aufgeblähtes Werbegeschwätz der Bausparhäuser abtun. Für Kunden, die entsprechende Verträge abgeschlossen haben, sind die Aussagen mittlerweile eine Farce. Während ihr Geld in einlageschwachen Zeiten mehr als willkommen war, werden die Kunden nun nicht mehr gewünscht. Vertrauensvolle Kundenbeziehungen sehen anders aus.

Zweck nicht erfüllt

Die Karlsruher Richter wiederum berufen sich in ihrem Urteil auf den Zweck des Bausparens. Dieser sei nicht erfüllt, wenn Kunden ihren Kredit nicht abriefen und den Vertrag stattdessen als Geldanlage nutzten. Sicherlich kann man in Frage stellen, ob der Wunsch nach einer Immobilie bei allen Kunden mit Altverträgen immer im Mittelpunkt stand. Allerdings muss dann auch gefragt werden, ob es eigentlich ür Bausparkassen immer erstrebenswert war, ihren Kunden ins Eigenheim zu verhelfen. Obige Werbebotschaften lassen da auf Lücken schließen.

Für die Bausparkassen ist das Urteil zwar zunächst ein Erfolg. Sie können sich weiterhin von Altlasten befreien, vielleicht ruft sogar der ein oder andere Bausparer nun sein Darlehen ab. Der Imageschaden, den die Branche durch die Kündigungen davongetragen hat, ist aber groß, und er dürfte so schnell nicht kleiner werden. Vor allem, da Kunden nun sogar die Gewissheit haben, dass Lockrufe und Werbepreisungen am Ende im Zweifel nicht eingehalten werden müssen. Kein Wunder, wenn da der ein oder andere Kunde schon von Anfang an keiner Werbebotschaft mehr vertraut und erst gar keinen Vertrag mehr abschließt.

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