Alejandra López ist alleinerziehende Mutter in einem Vorort von Madrid. Die 41-Jährige hat ein monatliches Einkommen von rund 2000 Euro. Sie kommt als freie Grafik-Designerin gerade so über die Runden, dennoch will sie jetzt eine Wohnung kaufen, obwohl sie schon eine hat: „Die Zinsen sind immer noch auf Niedrigstniveau und noch gibt es auf dem Markt Schnäppchen, gleichzeitig steigen die Mieten wieder.“ López versteht nicht viel von Wirtschaft, aber sie kann eins und eins zusammenzählen: „Egal wie die Leute jammern über die Immobilienblase vor 10 Jahren, Mieteinnahmen sind immer noch das stabilste Einkommen, das man in Spanien haben kann.“
Wirtschaftsstimmung und Arbeitsmarkt helfen beim Verkauf von Immobilien
Recht hat sie. Während die Arbeitslosigkeit in Spanien mit 18 Prozent immer noch sehr hoch ist und die Löhne im europäischen Vergleich weiter niedrig, steigen die Mieten nach einer Studie des spanischen Wohnungsportals Idealista in diesem Jahr bis Juni um 7,1 Prozent, das sind 1,3 Prozentpunkte mehr als im Vorjahreszeitraum. Das ist auch mehr als derzeit spanische Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren abwerfen. Aber López muss sich beeilen, denn auch der Kauf von Wohnungen wird teurer. Neue und gebrauchte Immobilien konnten preislich im zweiten Quartal 2017 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um knapp 3 Prozent zulegen gemäß der spanischen Schätzungsgesellschaft Tinsa. Am stärksten stieg der Kaufwert in Madrid und Barcelona.
Steigende Mieten und Preise haben auch das Interesse der Inverstoren geweckt, die seit Anfang des Jahres nach einer Studie der Kommunikationsagentur Kreab wieder verstärkt auf Spanien setzen. Kreab erwartet demnach noch weitere Zuwächse bei den Investitionssummen in diesem Jahr. Das wachsende Interesse liege auch an den guten Wirtschaftsaussichten für Spanien: In diesem Jahr rechnet die zweitgrößte Bank des Landes, BBVA, mit einem Wachstum des BIP von 3,3 Prozent und mit 2,8 Prozent in 2018.
Vor dem großen spanischen Immobiliencrash 2008 besaßen 90 Prozent der Spanier ein Eigenheim, danach sank die Eigentümerquote auf 79 Prozent. Jetzt wollen wieder mehr Spanier eine Immobilie kaufen, häufig, um diese weiter zu vermieten.
Der Ausländer stimuliert wieder den Markt
Auch ausländische Privatinvestoren und Fonds kaufen. Ferienimmobilien werden vor allem von Briten (14,5 Prozent aller Käufer), Franzosen (knapp 10 Prozent) und Deutschen (knapp 8 Prozent) gekauft. Und die Spanier selbst steigen wie López in den Vermietungsmarkt ein. Die Madrilenin hat kein Geld für eine Wohnung am Meer, aber sie vermietet schon seit geraumer ein Zimmer in ihrem Reihenhaus in Aravaca in der Nähe von Madrid an Touristen oder Studenten, um ein Zusatzeinkommen zu haben. Airbnb ist im Urlaubsland Spanien für viele zu einer Art zweitem Arbeitgeber geworden, wesentlich lukrativer als die traditionellen Firmen, die auch Akademikern oft nicht mehr als 1500 Euro netto im Monat zahlen.
Spanier trauen sich wieder, Geld zu leihen
Spanier schließen auch deswegen immer öfter mit dem Hintergedanken an eine Vermietung Hypotheken ab. Deswegen glaubt die spanische Schätzungsgesellschaft Tinsa, dass die noch 340.000 leer stehenden Immobilien im Lande bis 2020 verkauft sein könnten. Dabei hilft, dass die Banken dank der guten wirtschaftlichen Stimmung großzügiger werden: Das in 2012 gerettete Kreditinstitut Bankia, vormals Caja Madrid, das wegen des staatlichen Eigentümers einem verschärften Risikoschema folgen muss, verzeichnet wieder einen regelrechten Hypothekenboom. Bis Juni 2017 wurden nach eigenen Angaben 6800 Wohnungskredite mit einem Volumen von insgesamt 900 Millionen Euro unterzeichnet, 108 Prozent mehr Transaktionen als im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.