Zwei Jahre Bestellerprinzip Die Maklerbranche fühlt sich verraten

Zwei Jahre nach der Einführung des Bestellerprinzips zeigt eine Umfrage unter Maklern: Viele leiden unter Umsatzeinbrüchen, nur wenige profitieren. Und fast alle fürchten sich vor dem, was noch kommt. Zu Recht?

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Wo Hauskäufer die höchsten Gewinne machen
Top 10 Regionen, Top 5 Großstädte Quelle: dpa
Platz 10: Ebersberg (Landkreis) Quelle: dpa
Platz 9: Potsdam (Stadt) Quelle: dpa
Platz 8: Pfaffenhofen a. d. Ilm (Landkreis) Quelle: dpa
Platz 7: Landshut (Landkreis) Quelle: dpa
Platz 6: Rosenheim (Landkreis) Quelle: dpa
Platz 5: Cloppenburg (Landkreis) Quelle: dpa

Vor fast genau einem Jahr schrieb Helge Ziegler, Präsident des Immobilienverbands BVFI: "Das Drama ist zu Ende, der Vorhang gefallen". In einem Kommentar beklagte er 2016 gleich zwei höchstrichterliche Entscheidungen: Die Ablehnung einer Verfassungsbeschwerde gegen das sogenannte Bestellerprinzip bei der Vermittlung von Mietwohnungen. Und die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, eine Klage zum gleichen Thema nicht zuzulassen. „Am Schluss gibt es, wie bei einem Drama üblich, viele tränende Augen“, kommentierte Ziegler. „Die meisten, nämlich die der Makler, ihrer Mitarbeiter und ihrer Familien, sind Tränen der Trauer wegen der verlorenen Existenz, des Vermögensverfalls, der abzusehenden Armut.“

Deutlicher Umbruch im Vermietungsgeschäft

Vor mittlerweile zwei Jahren hat die Bundesregierung vor allem auf Initiative der SPD das Bestellerprinzip auf dem Mietmarkt eingeführt. Vereinfacht bedeutete das: Wer den Makler bestellt, bezahlt ihn auch. Die übliche Praxis, im Auftrag eines Vermieters eine Wohnung oder ein Haus zu vermitteln, die Maklerprovision aber vom neuen Mieter bezahlen zu lassen, fand so ein jähes Ende. Das war ganz im Sinne der Mieter, die unter den ohnehin rasant steigenden Mieten und hohen Maklerprovisionen litten. Aber ganz und gar nicht im Sinne der Maklerbranche, die im angespannten Wohnungsmarkt gut verdiente.

Nicht so tränenreich wie von Verbandschef Ziegler geschildert, doch durchaus dramatisch sind die Veränderungen zwei Jahre nach Einführung des Bestellerprinzips. Die Maklerbranche hat sich neu sortiert und orientiert. Eine Umfrage des Maklervermittlungsportals Homeday für die WirtschaftsWoche vom Mai 2017 zeigt, dass gut drei Viertel der 214 befragten Maklerbüros weniger oder gar keine Vermietungsaufträge erhalten. Vor allem in ländlichen Regionen und Kleinstädten ist das Vermietungsgeschäft bei jedem fünften Makler komplett zum Erliegen gekommen.

Unabhängig von Größe und Standort der Maklerbüros kam es durchgängig zu einem rückläufigen Vermietungsgeschäft. In den Mittelstädten mit 20.000 bis 100.000 Einwohner zum Beispiel meldeten dies mehr als 70 Prozent der Befragten. Insgesamt erhält fast jeder siebte Makler überhaupt keine Aufträge von Vermietern mehr. Die lohnenden Provisionen, die regelmäßig mehr als zwei Kaltmieten pro Vermittlung ausmachten, fehlen seitdem in der Kasse. „80 Prozent Einbruch! Wir vermieteten früher 100 bis 110 Einheiten pro Jahr“; schreibt einer der Befragten.

Konzentration auf Immobilienverkauf

Zwei von drei Maklerbüros konnten das nicht mit anderen Geschäften kompensieren und mussten teils drastische Umsatzeinbußen hinnehmen. Gerade einmal sechs Prozent der Befragten gelang es nach Einführung des Bestellerprinzips, ihren Umsatz zu steigern. Besonders betroffen von den Umsatzeinbußen sind Maklerbüros mit bis zu fünf Mitarbeitern. Bei den großen Maklergesellschaften mit mehr als 100 Mitarbeitern trifft das nur auf 40 Prozent zu.

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Entsprechend hat sich das Bestellerprinzip auch massiv auf die Geschäftsmodelle der Makler ausgewirkt. Mehr als jedes fünfte Maklerbüro hat das Vermietungsgeschäft komplett aufgegeben. Knapp zwei von drei Maklern konzentrieren sich seither auf den Verkauf von Immobilien. Erstaunlich ist, dass nicht einmal jeder siebte Makler einen Komplettservice für Vermieter anbietet, der über die reine Vermittlungstätigkeit hinausgeht. Das war von den Branchenverbänden eigentlich empfohlen und prognostiziert worden. Nur jeder fünfte Makler konnte sein Geschäftsmodell so lassen, wie es ist.

Die Veränderungen im Markt für Immobilienmakler sind also durchaus radikal. In der Umfrage machen deshalb viele Makler ihrem Ärger Luft: „Das hat mich 50 Prozent meiner Einnahmen gekostet“, heißt es da, ein anderer ärgert sich über „Blödsinn, typisch rot-grüner Blödsinn“.

Wieder andere beklagen, dass große Wohnungsunternehmen nun selbst Vermietungsabteilungen beschäftigten, die Qualität der Mieter deutlich nachgelassen habe, sozial schwächere Mieter nun erst Recht keine Chance mehr hätten und eine Aufteilung der Maklerprovision auf Mieter und Vermieter fairer gewesen wäre. Letzte Konsequenz unter den befragten Maklern: „Ich habe mein Gewerbe abgemeldet“.

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