Ältere Mitarbeiter bekommen in manchen Betrieben mehr Urlaub als ihre jüngeren Kollegen. Zumindest in privatwirtschaftlichen Betrieben ohne Tarifbindung kann dies zulässig sein, hat jetzt das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt entschieden. Damit weichen die obersten Arbeitsrichter davon ab, was sie bereits vor gut zwei Jahren in einem ähnlichen Fall für den öffentlichen Dienst entschieden hatten.
„Es war eine 50-50-Chance“, sagt der Düsseldorfer Fachanwalt für Arbeitsrecht, Guido Wurll, von der Kanzlei Wurll Klein. Mit seinem Urteil habe das BAG entschieden, dass Differenzierungen beim Urlaubsanspruch möglich seien, sie müssten nur begründet sein.
Geklagt hatten sieben Mitarbeiter eines Schuhherstellers aus Rheinland-Pfalz im Alter von 45 bis 56 Jahren. In den Arbeitsverträgen von 2000 waren 34 Urlaubstage vereinbart, doch gewährt das Unternehmen seinen Mitarbeitern ab deren 58. Geburtstag zwei weitere Urlaubstage im Jahr. Die Kläger fühlten sich deswegen wegen ihres Alters diskriminiert und verlangten ebenfalls 36 Urlaubstage.
Der Schuhhersteller verteidigt sein Vorgehen mit einer Fürsorgepflicht für ältere Arbeitnehmer. Sie bräuchten für die teils schwere und körperlich ermüdende Arbeit längere Erholungszeiten als jüngere Mitarbeiter. Auch die Internationale Arbeitsorganisation ILO hatte 1980 zum Schutz älterer Beschäftigter neben einer Verkürzung der Arbeitszeit etwa empfohlen, den „bezahlten Jahresurlaub auf der Grundlage der Beschäftigungsdauer oder des Alters“ zu verlängern.
Altersstaffeln sind in Tarif- und Arbeitsverträgen seltener geworden. Nach Einschätzung von Wurll sind die Verträge der Kläger ohnehin nur noch eine „Altlast“. „In den neueren Verträgen stehen Altersstaffelungen nicht mehr drin“, sagt der Arbeitsrechtsanwalt. Nach Auskunft der IG Metall gibt es in den von ihr ausgehandelten Tarifverträgen keine solchen Regelungen. Bei Verdi hieß es, dass in den vergangenen Jahren etliche Tarifverträge bereinigt worden seien – etwa im Handel. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber empfiehlt seit längerem eine Umstellung, etwa nach Dauer der Betriebszugehörigkeit.
Wichtige Urlaubsregeln
Normalerweise nicht. In den allermeisten Fällen gilt: Wer seinen Urlaub nicht fristgerecht verbraucht, hat Pech gehabt und kann von seinem Chef auch keine Abgeltung verlangen. Eine Ausnahme gilt nur, wenn das Arbeitsverhältnis endet, bevor der Angestellte noch ausstehenden Urlaub vollständig nehmen konnte. Dabei ist allerdings zu beachten: Während der Kündigungsfrist muss der Mitarbeiter den restlichen Urlaub auf Weisung des Arbeitgebers möglichst umfassend abfeiern. Nur wenn die Zeit nicht reicht, um alle verbleibenden Ferientage abzubauen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, nicht verbrauchten Urlaub auszuzahlen.
Wer mit einem ärztlichem Attest belegen kann, dass er in seinen Ferien das Bett hüten musste, muss nicht um seine freien Tage bangen. Grund: Er hat in der Zeit seiner Krankheit einen Anspruch auf Lohnfortzahlung und darf die entfallene Urlaubszeit später nachholen. Eine Frist für die Vorlage des Attests beim Chef gibt es zwar nicht. Um Ärger zu vermeiden, raten Experten aber, möglichst zeitnah zu agieren.
Die meisten Arbeitnehmer müssen, wenn sie einen neuen Job antreten, erst einmal ihr Können unter Beweis stellen und eine sechsmonatige Probezeit durchlaufen. In dieser Bewährungsphase gilt in der Regel auch eine - mehr oder minder strikte - Urlaubssperre. In der Praxis ist es allerdings durchaus üblich, auch neuen Mitarbeitern im ersten halben Beschäftigungsjahr den einen oder anderen freien Tag zu gewähren. Einen generellen Anspruch auf dieses Entgegenkommen des Unternehmens haben die Betroffenen aber nicht.
Nein – und zwar selbst dann nicht, wenn der Arbeitsvertrag die Möglichkeit einer solchen Rückrufaktion ausdrücklich vorsieht (BAG, Az.: 9 AZR 404/99). Wer, weil er seine Karriere nicht gefährden möchte, dennoch die Ferien abbricht, kann zumindest verlangen, dass der Arbeitgeber die Rückreisekosten übernimmt.
Ja und nein. Einerseits sind Arbeitgeber zwar angehalten, die Wünsche der Mitarbeiter so gut es geht zu berücksichtigen. Andererseits ist das nicht in jedem Team – und auch nicht in jedem Betrieb ohne Weiteres möglich. Gerade in saisonabhängigen Branchen, etwa der Hotellerie, ist es durchaus üblich, den Laden in umsatzschwachen Zeiten zuzusperren und Betriebsferien anzuordnen. Selbst wenn deren Lage nicht mit den Wunschvorstellungen jedes einzelnen Mitarbeiters übereinstimmt, muss die Belegschaft ihren Urlaub doch in dieser Zeit abfeiern.
Das Bundesurlaubsgesetz kennt dagegen keinen Unterschied nach Alter. Dort heißt es nur: „Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage.“ Die Vorinstanzen hatten die Klagen abgewiesen. Zwar würden jüngere Arbeitnehmer durch einen geringeren Urlaubsanspruch im Vergleich zu älteren Kollegen benachteiligt, konstatierte das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz. Zwei Tage Mehrurlaub für über 58-Jährige diene aber im Sinne Paragrafen 10 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz dazu, die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer sicherzustellen „in objektiv, angemessen legitimer Weise“. Im Sinne diesen Paragrafens urteilte nun auch das Bundesarbeitsgericht.
Altersstaffeln werden seltener
Das Bundesarbeitsgericht hatte 2012 die Altersstaffel beim Urlaub im Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen gekippt. Die dortige Regelung hatte allerdings viel früher angesetzt: bis zum 30. Lebensjahr bekamen die Beschäftigten 26 Tage Urlaub, bis 40 Jahre 29 Tage und danach 30 Tage. Der neunte Senat sah darin einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, weil jüngere Angestellte wegen ihres Alters benachteiligt würden.
Das Gesetz zog im Fall der Kläger vor dem Bundesarbeitsgericht nun aber nicht. „Das Gleichbehandlungsgesetz verbietet nur ungerechtfertigte, andere Behandlung“, erklärt Fachanwalt Wurll. So ist zum Beispiel der höhere Urlaubsanspruch nach Betriebszugehörigkeit zulässig.
Doch die Altersgrenze ist nach Ansicht von Anwalt Wurll „willkürlich gewählt“. Er weist darauf hin, dass das Gericht auch eine Grenze von 55 oder 60 hätte bestimmen können.
Wenn die Kläger es darauf anlegen, können sie mit ihrer Klage nun weiter vor den Europäischen Gerichtshof ziehen. Er wäre die nächste übergeordnete Instanz und könnte das Urteil des BAG wieder kippen.