Wolfram Ruoff war 40 Jahre Unternehmer. Der 65-jährige Eichstätter betrieb das erste Modehaus am Platz, 20 Mitarbeiter, 1000 Quadratmeter.
Das war einmal. Heute ist er der größte Kritiker der frisch fusionierten Sparkasse Ingolstadt Eichstätt. Ein Streit mit der Bank hat ihn dazu gemacht.
Der Grund für Ruoffs Genese zum Finanzaktivisten liegt erst ein paar Jahre zurück. Es begann 2013, als das Geschäft nicht mehr so gut lief wie sonst. „Wir haben die Zeichen der Zeit vielleicht nicht richtig erkannt“, sagt Ruoff selbstkritisch. Er meint damit den immer schneller wechselnden Modegeschmack und den boomenden Klamottenkauf per Internet. Als mitten auf einer Geschäftsreise eine Kreditkartenzahlung an der Tankstelle platzt, steht Ruoff am nächsten Tag wütend beim Sparkassenvorstand im Büro.
Ruoff kann jedoch nicht nur laut, sondern auch leise. So lässt er einen Gutachter sämtliche Bewegungen auf seinen Sparkassenkonten durchleuchten. Und siehe da: Die Bank hatte über Jahre die Zinsen auf Ruoffs Kreditrahmen erhöht, obwohl die maßgeblichen Zinsen auf den Finanzmärkten ständig sanken. Das dürfte zwar nicht der Hauptgrund für Ruoffs geschäftliche und finanzielle Probleme gewesen sein, die letztlich zum Ende der Kundenbeziehung führten. Doch für ihn ist es ein wichtiges Detail. Wohl auch dank des Gutachtens ließ sich die Bank auf einen für Ruoff günstigen Vergleich ein. So hat er immerhin den Totalverlust seines Vermögens verhindert. Die Sparkasse selbst will sich zum Fall nicht äußern.
Ruoff kommt noch relativ glimpflich davon. Oft aber endet es für Unternehmer im Ruin, wenn sie sich mit ihrer Bank anlegen. Denn ist der Geldfluss erst einmal gestoppt, lässt sich ein langjähriger Rechtsstreit kaum noch durchhalten. Bevor irgendwann ein Gerichtsurteil vorliegt, müssen Unternehmer in der Regel längst geschäftlich aufgeben.
Dabei sind die Rollen im Kampf „Unternehmer gegen Bank“ nicht immer klar verteilt. Mitunter muss die Bank als Sündenbock für unternehmerische Misserfolge herhalten. Sparkassen sind dafür prädestiniert, weil die Kundschaft der recht kleinen und ortsverbundenen öffentlich-rechtlichen Geldinstitute einen Querschnitt durch die deutsche Mittelschicht und mittelständische Unternehmerschaft darstellen – das pralle Leben eben. Und wenn das Lebenswerk auf dem Spiel steht, greifen Unternehmer auch argumentativ nach dem letzten Strohhalm.
Langgediente Sparkassenleute können davon berichten, lassen bei ihrer Wortwahl allerdings die branchentypische Zurückhaltung walten. „Ob die Gründe für einen Konflikt unverhältnismäßig sind, liegt natürlich im Auge des Betrachters“, sagt Lothar Müller, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Wiesental in der Nähe von Freiburg. „Grundsätzlich steht unser Schlichtungsverfahren allen offen, auch Querulanten“, sagt Jana Hähnel, Rechtsanwältin und Mediatorin bei der Schlichtungsstelle des Sparkassenverbands. Der Antragsteller müsse nur den Streit schildern und ein konkretes Begehren angeben.
Trotz Gesprächsbereitschaft der Sparkassen und ihrer Schlichtungsstellen ziehen am Ende immer wieder Unternehmer vor Gericht. Oft sind die Fälle so komplex, dass für Außenstehende kaum nachvollziehbar ist, wen die Schuld trifft. Immer aber ist das Thema hoch emotional.