Altersvorsorge Pensionskassen senken die Zinsen

Es trifft Pfarrer, Bäcker, Bauarbeiter oder Journalisten: Um Schieflagen zu vermeiden, reduzieren viele Versorgungskassen die Garantiezinsen für neue Mitglieder.

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Spielfiguren, die Rentner darstellen, sind vor Geldmünzen zu sehen. Quelle: dpa

Die evangelische Kirche hat Nachwuchssorgen. Ab 2020, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in Pension gehen, droht Pfarrermangel. Bei ihrer Versorgungskasse ist die Generationen-Unwucht schon zu sehen: Auf 13.800 Beitragszahler kommen mittlerweile etwa gleich viele Rentner. Die Kasse hat die Garantiezinsen für neu Versicherte von 3,5 auf 0,5 Prozent gesenkt. Das liegt nicht nur am ungünstigen demographischen Faktor der Kirchenkasse, sondern auch am niedrigen Zinsniveau auf den Kapitalmärkten.

Das Problem trifft daher nicht nur die Geistlichkeit. So unterschiedlich die Berufsgruppen Pfarrer, Bäcker, Krankenschwestern oder Journalisten auch sein mögen, haben sie doch eines gemeinsam: Sie bekommen das niedrige Zinsniveau bei ihrer betrieblichen Altersvorsorge zu spüren.

Anfang Mai hatte die Finanzaufsicht BaFin vor Schieflagen bei Pensionskassen gewarnt, von denen es 140 in Deutschland gibt, eingerichtet für die Beschäftigten eines Unternehmens oder für mehrere Unternehmen einer Branche. Grund der Probleme sind die wegen der expansiven Geldpolitik niedrigen Zinsen. Sie machen es den auf sichere Anlagen angewiesenen Kassen fast unmöglich, ihr Geld rentabel anzulegen.

So viel Rente bekommen Sie
DurchschnittsrentenLaut den aktuellen Zahlen der Deutschen Rentenversicherung bezogen Männer Ende 2014 eine Durchschnittsrente von 1013 Euro. Frauen müssen inklusive Hinterbliebenenrente mit durchschnittlich 762 Euro pro Monat auskommen. Quellen: Deutsche Rentenversicherung; dbb, Stand: April 2016 Quelle: dpa
Ost-Berlin mit den höchsten, West-Berlin mit den niedrigsten RentenDie Höhe der Rente schwankt zwischen den Bundesländern. Männer in Ostberlin können sich mit 1147 Euro Euro über die höchste Durchschnittsrente freuen. In Westberlin liegt sie dagegen mit 980 Euro am niedrigsten. Aktuell bekommen männliche Rentner: in Baden-Württemberg durchschnittlich 1107 Euro pro Monat in Bayern durchschnittlich 1031 Euro pro Monat in Berlin (West) durchschnittlich 980 Euro pro Monat in Berlin (Ost) durchschnittlich 1147 Euro pro Monat in Brandenburg durchschnittlich 1078 Euro pro Monat in Bremen durchschnittlich 1040 Euro pro Monat in Hamburg durchschnittlich 1071 Euro pro Monat in Hessen durchschnittlich 1084 Euro pro Monat in Mecklenburg-Vorpommern durchschnittlich 1027 Euro pro Monat in Niedersachsen durchschnittlich 1051 Euro pro Monat in Nordrhein-Westfalen durchschnittlich 1127 Euro pro Monat im Saarland durchschnittlich 1115 Euro pro Monat in Sachsen-Anhalt durchschnittlich 1069 Euro pro Monat in Sachsen durchschnittlich 1098 Euro pro Monat in Schleswig-Holstein durchschnittlich 1061 Euro pro Monat in Thüringen durchschnittlich 1064 Euro pro Monat Quelle: AP
Frauen mit deutlich weniger RenteFrauen im Ruhestand bekommen gut ein Drittel weniger als Männer. Auch sie bekommen in Ostberlin mit durchschnittlich 1051 Euro die höchsten Bezüge. Am wenigsten bekommen sie mit 696 Euro in Rheinland-Pfalz. Laut Deutscher Rentenversicherungen beziehen Frauen inklusive Hinterbliebenenrente: in Baden-Württemberg durchschnittlich 772 Euro pro Monat in Bayern durchschnittlich 736 Euro pro Monat in Berlin (West) durchschnittlich 861 Euro pro Monat in Berlin (Ost) durchschnittlich 1051 Euro pro Monat in Brandenburg durchschnittlich 975 Euro pro Monat in Bremen durchschnittlich 771 Euro pro Monat in Hamburg durchschnittlich 848 Euro pro Monat in Hessen durchschnittlich 760 Euro pro Monat in Mecklenburg-Vorpommern durchschnittlich 950 Euro pro Monat in Niedersachsen durchschnittlich 727 Euro pro Monat in Nordrhein-Westfalen durchschnittlich 749 Euro pro Monat im Saarland durchschnittlich 699 Euro pro Monat in Sachsen-Anhalt durchschnittlich 964 Euro pro Monat in Sachsen durchschnittlich 983 Euro pro Monat in Schleswig-Holstein durchschnittlich 744 Euro pro Monat in Thüringen durchschnittlich 968 Euro pro Monat Quelle: dpa
Beamtenpensionen deutlich höherStaatsdienern geht es im Alter deutlich besser. Sie erhalten in Deutschland aktuell eine Pension von durchschnittlich 2730 Euro brutto. Im Vergleich zum Jahr 2000 ist das ein Zuwachs von knapp 27 Prozent. Zwischen den Bundesländern schwankt die Pensionshöhe allerdings. Während 2015 ein hessischer Staatsdiener im Ruhestand im Durchschnitt 3150 Euro ausgezahlt bekam, waren es in Sachsen-Anhalt lediglich 1940 Euro. Im Vergleich zu Bundesbeamten geht es den Landesdienern dennoch gut. Im Durchschnitt kommen sie aktuell auf eine Pension von 2970 Euro. Im Bund sind es nur 2340 Euro. Quelle: dpa
RentenerhöhungIm Vergleich zu den Pensionen stiegen die normalen Renten zwischen 2000 und 2014 deutlich geringer an. Sie wuchsen lediglich um 15,3 Prozent. Quelle: dpa
Reserven der RentenkasseDabei verfügt die deutsche Rentenversicherung über ein sattes Finanzpolster. Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung betrug die sogenannte Nachhaltigkeitsrücklage Ende 2014 genau 35 Milliarden Euro. Das sind rund drei Milliarden Euro mehr als ein Jahr zuvor. Rechnerisch reicht das Finanzpolster aus, um fast zwei Monatsausgaben zu bezahlen. Nachfolgend ein Überblick, mit welcher Rente die Deutschen im aktuell im Durchschnitt rechnen können: Quelle: dpa
Abweichungen vom StandardrentnerWer 45 Jahre in den alten Bundesländern gearbeitet hat und dabei den Durchschnittslohn verdiente, bekommt pro Monat 1314 Euro ausgezahlt. Bei 40 Arbeitsjahren verringert sich die monatliche Auszahlung auf 1168 Euro. Wer nur 35 Jahre im Job war, bekommt 1022 Euro. Quelle: Fotolia

Bei einigen Kassen will die BaFin die Träger, also die aktuellen und ehemaligen Arbeitgeber der Versicherten, notfalls zu Nachschüssen drängen, damit die Leistungen an Rentner nicht gekürzt werden müssen. „Besonders kritisch kann die Lage bei Kassen werden, deren Rentnern nur wenige noch berufstätige Beitragszahler gegenüberstehen“, sagt Alfred Gohdes, Chefaktuar bei der auf betriebliche Vorsorge spezialisierten Unternehmensberatung Willis Towers Watson in Frankfurt.

Zentralbank trocknet Märkte aus

Gefahr für das gesamte Finanzsystem besteht allerdings laut Finanzaufsicht keine. Die 140 Kassen haben eine Bilanzsumme von 143 Milliarden Euro und etwa die Hälfte von ihnen firmiert als Aktiengesellschaft. Sie sitzen also auf von den Trägern eingezahltem Eigenkapital, mit dem sie Durststrecken überwinden können. Die restlichen als Versicherungsverein organisierten Pensionskassen zehren dagegen von den in besseren Zeiten erwirtschafteten Überschüssen. Sie steuern mit teils drastisch gesenkten Garantiezinsen für ihre Versicherten dagegen.

Warum sind diese Schritte nötig? Ein Grund sind die Anleihekäufe, mit denen die Zentralbank die Märkte austrocknet. „Die Finanzaufsicht setzt uns unter Druck, in besonders sichere Anlagen zu investieren“, sagt ein Vorstandsmitglied der Versorgungskasse für das Bäckerhandwerk. Doch diese stünden immer weniger zur Verfügung oder werfen nichts mehr ab. Die Bäckerkasse hat daher ihre Aktienquote von zwölf auf 18 Prozent angehoben, was die Anlage riskanter macht.

Im Notfall bliebe nur, die Beiträge um 2,9 Prozent reduzieren, denn Nachschüsse durch die Arbeitgeber schließt die Satzung aus. Das sei aber derzeit kein Thema.

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