bAV-Reform Warum es die neue Betriebsrente schwer haben wird

Das Betriebsrentenstärkungsgesetz ist im Bundestag angekommen. Die Kritik reißt nicht ab, vor allem der Garantieverzicht und die Tarifpartner-Bindung stehen im Feuer. Die Betriebsrente ist gut, aber zu kompliziert.

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Reformpläne für Betriebsrenten. Quelle: Getty Images

Die deutsche Bevölkerung altert und die auskömmliche Rente wird immer schwerer erreichbar. Deshalb sollte die Altersvorsorge in Deutschland auf drei Säulen bauen: die gesetzliche Rente, die private Rente und nicht zuletzt die betriebliche Altersversorgung über den Arbeitgeber. Nach etlichen Rentenreformen und zahlreichen neuen Angeboten der Finanzdienstleister für das private Vorsorgesparen in Niedrigzinszeiten mangelt es aber nach wie vor an attraktiven Lösungen für die betriebliche Altersversorgung (bAV).

Genau da setzt das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) an, dessen Entwurf Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles in Zusammenarbeit mit dem Bundesfinanzministerium im November vergangenen Jahres erstmals vorgestellt hat und das kürzlich auch durch die erste Lesung im Bundestag gegangen ist. Ob das Gesetz aber wie vorgesehen Ende April auch tatsächlich verabschiedet wird, bezweifeln inzwischen eine ganze Reihe von Beobachtern. Ob das Gesetz geeignet ist, die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung zu erhöhen, ist höchst umstritten.

Betriebsrenten für den Mittelstand

Ziel des BRSG ist es, vor allem in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) mehr Betriebsrentenlösungen zu etablieren, insbesondere für Geringverdiener. 15 Millionen bAV-Verträge haben die Deutschen bereits. Zwar haben unter den sozialversicherungspflichtig Beschäftigen 60 Prozent eine betriebliche Altersversorgung. Bei den KMU liegt der Anteil aber nur bei etwa einem Drittel und bei den Betrieben mit weniger als zehn Mitarbeitern ist die Betriebsrente nur in jedem zehnten Unternehmen etabliert. Das stört nicht nur Ministerin Nahles, sondern auch die Anbieter von bAV-Lösungen, die es seit Jahren mit einer Stagnation im Markt zu tun haben.

So viel Rente bekommen Sie
DurchschnittsrentenLaut den aktuellen Zahlen der Deutschen Rentenversicherung bezogen Männer Ende 2014 eine Durchschnittsrente von 1013 Euro. Frauen müssen inklusive Hinterbliebenenrente mit durchschnittlich 762 Euro pro Monat auskommen. Quellen: Deutsche Rentenversicherung; dbb, Stand: April 2016 Quelle: dpa
Ost-Berlin mit den höchsten, West-Berlin mit den niedrigsten RentenDie Höhe der Rente schwankt zwischen den Bundesländern. Männer in Ostberlin können sich mit 1147 Euro Euro über die höchste Durchschnittsrente freuen. In Westberlin liegt sie dagegen mit 980 Euro am niedrigsten. Aktuell bekommen männliche Rentner: in Baden-Württemberg durchschnittlich 1107 Euro pro Monat in Bayern durchschnittlich 1031 Euro pro Monat in Berlin (West) durchschnittlich 980 Euro pro Monat in Berlin (Ost) durchschnittlich 1147 Euro pro Monat in Brandenburg durchschnittlich 1078 Euro pro Monat in Bremen durchschnittlich 1040 Euro pro Monat in Hamburg durchschnittlich 1071 Euro pro Monat in Hessen durchschnittlich 1084 Euro pro Monat in Mecklenburg-Vorpommern durchschnittlich 1027 Euro pro Monat in Niedersachsen durchschnittlich 1051 Euro pro Monat in Nordrhein-Westfalen durchschnittlich 1127 Euro pro Monat im Saarland durchschnittlich 1115 Euro pro Monat in Sachsen-Anhalt durchschnittlich 1069 Euro pro Monat in Sachsen durchschnittlich 1098 Euro pro Monat in Schleswig-Holstein durchschnittlich 1061 Euro pro Monat in Thüringen durchschnittlich 1064 Euro pro Monat Quelle: AP
Frauen mit deutlich weniger RenteFrauen im Ruhestand bekommen gut ein Drittel weniger als Männer. Auch sie bekommen in Ostberlin mit durchschnittlich 1051 Euro die höchsten Bezüge. Am wenigsten bekommen sie mit 696 Euro in Rheinland-Pfalz. Laut Deutscher Rentenversicherungen beziehen Frauen inklusive Hinterbliebenenrente: in Baden-Württemberg durchschnittlich 772 Euro pro Monat in Bayern durchschnittlich 736 Euro pro Monat in Berlin (West) durchschnittlich 861 Euro pro Monat in Berlin (Ost) durchschnittlich 1051 Euro pro Monat in Brandenburg durchschnittlich 975 Euro pro Monat in Bremen durchschnittlich 771 Euro pro Monat in Hamburg durchschnittlich 848 Euro pro Monat in Hessen durchschnittlich 760 Euro pro Monat in Mecklenburg-Vorpommern durchschnittlich 950 Euro pro Monat in Niedersachsen durchschnittlich 727 Euro pro Monat in Nordrhein-Westfalen durchschnittlich 749 Euro pro Monat im Saarland durchschnittlich 699 Euro pro Monat in Sachsen-Anhalt durchschnittlich 964 Euro pro Monat in Sachsen durchschnittlich 983 Euro pro Monat in Schleswig-Holstein durchschnittlich 744 Euro pro Monat in Thüringen durchschnittlich 968 Euro pro Monat Quelle: dpa
Beamtenpensionen deutlich höherStaatsdienern geht es im Alter deutlich besser. Sie erhalten in Deutschland aktuell eine Pension von durchschnittlich 2730 Euro brutto. Im Vergleich zum Jahr 2000 ist das ein Zuwachs von knapp 27 Prozent. Zwischen den Bundesländern schwankt die Pensionshöhe allerdings. Während 2015 ein hessischer Staatsdiener im Ruhestand im Durchschnitt 3150 Euro ausgezahlt bekam, waren es in Sachsen-Anhalt lediglich 1940 Euro. Im Vergleich zu Bundesbeamten geht es den Landesdienern dennoch gut. Im Durchschnitt kommen sie aktuell auf eine Pension von 2970 Euro. Im Bund sind es nur 2340 Euro. Quelle: dpa
RentenerhöhungIm Vergleich zu den Pensionen stiegen die normalen Renten zwischen 2000 und 2014 deutlich geringer an. Sie wuchsen lediglich um 15,3 Prozent. Quelle: dpa
Reserven der RentenkasseDabei verfügt die deutsche Rentenversicherung über ein sattes Finanzpolster. Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung betrug die sogenannte Nachhaltigkeitsrücklage Ende 2014 genau 35 Milliarden Euro. Das sind rund drei Milliarden Euro mehr als ein Jahr zuvor. Rechnerisch reicht das Finanzpolster aus, um fast zwei Monatsausgaben zu bezahlen. Nachfolgend ein Überblick, mit welcher Rente die Deutschen im aktuell im Durchschnitt rechnen können: Quelle: dpa
Abweichungen vom StandardrentnerWer 45 Jahre in den alten Bundesländern gearbeitet hat und dabei den Durchschnittslohn verdiente, bekommt pro Monat 1314 Euro ausgezahlt. Bei 40 Arbeitsjahren verringert sich die monatliche Auszahlung auf 1168 Euro. Wer nur 35 Jahre im Job war, bekommt 1022 Euro. Quelle: Fotolia

Bislang scheitert die bAV in vielen Betrieben gleich aus mehreren Gründen. Zum einen sind die Durchführungswege einer bAV vielen Beschäftigten zu komplex und zu undurchsichtig. Zwar müssen Arbeitgeber laut Gesetz eine Betriebsrentenlösung ermöglichen, allerdings muss der Arbeitnehmer diese aktiv einfordern. Zum anderen scheitert die bAV oft daran, dass der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern auch keine Lösung anbieten will, weil er damit Zahlungsverpflichtungen und Garantien zu den zukünftigen Betriebsrenten gegenüber den Mitarbeitern eingeht, die angesichts der niedrigen Zinsen immer schwerer zu leisten sind.

Der BRSG-Entwurf sieht deshalb vor, Arbeitgeber künftig von diesen Renten- beziehungsweise Leistungsgarantien zu befreien. Und genau darüber gibt es Streit unter den Beteiligten.

Sozialpartner als Schirmherrn

Künftig sollen Geringverdiener staatlich besser gefördert werden. Ein neues Modell der bAV soll etabliert werden, das höhere Renditen auf die Sparbeiträge durch mehr Investitionen in Wertpapiere ermöglicht. Bislang müssen die Versicherungen, Pensionsfonds, Direktversicherungen oder Unterstützungskassen eine bestimmte Mindestrente garantieren, was sie dazu zwingt, die Gelder der Mitarbeiter weit überwiegend in sicheren, aber wenig rentablen Staatsanleihen oder anderen Rentenpapieren anzulegen.

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