Geldanlage-Rendite Wie Anleger die Vier-Prozent-Hürde schaffen

Sicherheitsdenken kostet Rendite. Wer sein Vermögen bewahren will, muss mindestens vier Prozent erwirtschaften. Wie Anleger dieses Ziel erreichen.

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Bronzeplastik eines Bullen vor Quelle: dpa

Eigentlich ist es so einfach: ohne Risiko keine Rendite. Sagen Sie diesen Satz mal in der Kantine, oder auf einer Party – niemand wird Ihnen ernsthaft widersprechen. Umso erstaunlicher: Geht es um die konkrete Geldanlage, vergessen wir die einfache Regel sofort. Immer wieder versuchen wir, sie auszuhebeln – oder wir gehen Quacksalbern auf den Leim, die vorgeben, dies zu können. Keine drei Jahre ist es her, da transferierten Zehntausende Deutsche ihr gesamtes Erspartes auf eine baumlose Walfängerinsel im Nordost-Atlantik. Denn dort gab es eine Bank, die 5,6 Prozent Zinsen bot aufs Tagesgeld statt der damals üblichen 3,5 bis 4 Prozent. Das zog: Jahrzehntealte Kundenbeziehungen mit Banken und Sparkassen wurden gekündigt, deren Mitarbeiter belehrt, dies sei nun eben Globalisierung.

Als die 5,6-Prozent-Bank kurz darauf samt der ganzen Heimatinsel pleite war, riefen die Kunden aus dem Ausland nach ihren Politikern: Der Staat sollte eingreifen, als höhere Instanz das Verhältnis zwischen Risiko und Rendite außer Kraft setzen. Über Jahrzehnte angesammelte Zeugnisse solch verzerrter Chance/Risiko-Wahrnehmung füllen die Regale von Anleger-Anwälten und Gerichten: Prozesse um Argentinien-Anleihen, eingestürzte Bauherrenmodelle, nachschusspflichtige Steuersparfonds . Die Rendite nehmen wir mit; tritt aber das Risiko zutage, wird geklagt, bei der höheren Instanz. Wenn all die Verluste ein Gutes hatten, dann dies: Die Anleger scheinen aus den vielen Schäden klüger geworden zu sein. Nun meiden sie zumindest das Risiko, wo immer sie können. Die Umfragen zeichnen ein eindeutiges Bild: Sicherheit ist für die überwältigende Mehrzahl der Deutschen das bei Weitem wichtigste Kriterium in der Geldanlage. Die Finanzkrise hat die kollektive Flucht in Sicherheit nochmals beschleunigt, die Vorsichtigen und Risikoscheuen in ihrer Überzeugung bestätigt.

Sparbuch weiter beliebt

Geldanlage als Altersvorsorge

93 Prozent der Teilnehmer gaben in einer Umfrage der GfK unter 20.000 Privatanlegern an, sehr sichere Anlagen mit Minirenditen gegenüber etwas höher rentierlichen, aber riskanteren Anlageformen zu bevorzugen. Auf die Frage, wie sie 50.000 Euro neu anlegen würden, antworten 38 Prozent mit „Sparbuch oder Geldkonto“. Aktien oder Aktienfonds kaufen würden vier Prozent. In einer Studie des Allensbach-Instituts bezeichnen 76 Prozent die staatliche Rente als „ideale Altersvorsorge“, private Rentenversicherungen fanden noch Gnade vor 36 Prozent der Teilnehmer, 60 Prozent vertrauen im Alter auf eine Immobilie. An Aktien und Fonds denken nicht einmal zehn Prozent.

Sicherheit steht wegen der Finanzkrise zwar weltweit höher im Kurs, doch die Deutschen sind natürlich Sicherheitsweltmeister: In keinem anderen Land ist das Vertrauen in Geldkonten, Versicherungen und die staatliche Rente so groß – und das in die Aktie so klein. Kein Wunder, dass die Zahl der Aktionäre seit Jahren schrumpft. Gerade mal 3,4 Millionen sind wir noch; zählt man die Inhaber von Aktienfonds- und Fondssparplänen dazu, sind noch acht Millionen Deutsche an der Börse dabei. Vor zehn Jahren waren es mehr als zwölf Millionen.

"Hauptsache, sicher"

Was aber schlimmer ist: Viele Anleger sind nicht nur vorsichtig geworden, das waren sie ohnehin immer schon. Sie sind inzwischen Totalverweigerer in Sachen Geldanlage und Altersvorsorge. Dem Aktienaufschwung – immerhin hat der Dax in den vergangenen 20 Jahren im Durchschnitt jährlich gut acht Prozent Rendite gebracht – sehen sie skeptisch bis ungläubig zu. Gierig saugen sie jede Nachricht über Kursverluste auf und jede Zeile über die ach so unkalkulierbaren Risiken am Aktienmarkt. Ein verhängnisvolles Denkmuster hat sich breitgemacht: Wenn ich nichts unternehme, kann ich keinen Fehler machen. Allein von 2005 bis 2009 haben Privatanleger netto mehr als fünf Milliarden Euro aus Aktienfonds abgezogen – obwohl zwei Drittel dieses Zeitraumes von steigenden Kursen geprägt waren; aber auch aus Rentenfonds zogen sie ihre Ersparnisse ab.

Wo ist all das Geld hin? Die Antwort kennen Sie; Sie brauchen sich nur umzuhören im Freundes- und Bekanntenkreis. Tagesgeldkonten waren der Renner der vergangenen Jahre. Marktführer ING-DiBa hat in den vergangenen acht Jahren die Zahl seiner Kunden von 1,8 Millionen auf über sieben Millionen fast vervierfacht; analog dazu wuchs das Volumen der Kundengelder von 19,2 auf 75,3 Milliarden Euro. Seit der Lehman-Krise im Herbst 2008 haben die Deutschen ihre Spareinlagen bei Banken und Sparkassen von 519 Milliarden auf 618 Milliarden Euro erhöht; für das Mehr an Geld kassieren sie aber immer weniger Zinsen: 2008 überwiesen die Banken Sparern noch 14,9 Milliarden, 2010 nur noch 10,9 Milliarden Euro Zinsen.

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