Niedrige Rohstoffpreise Die Gewinner und Verlierer des billigen Öls

Der Ölpreis fällt und fällt, teilweise kostet ein Barrel weniger als 60 Dollar. Den Produzenten entgehen damit Milliardeneinnahmen, doch sie sind nicht die einzigen, die darunter leiden. Und es gibt auch Nutznießer.

Das weltweite Überangebot und die schwächelnde Nachfrage setzen dem Ölpreis immer stärker zu. In den vergangenen sechs Monaten verbilligte sich die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee um fast die Hälfte. Mit 62,75 Dollar kostet ein Barrel (Fass zu 159 Liter) derzeit so wenig wie zuletzt im Juli 2009. Die US-Sorte WTI ist sogar bereits unter die 60-Dollar-Grenze gefallen. Ein Ende dieser Talfahrt ist der Internationalen Energieagentur zufolge nicht in Sicht. Sie geht davon aus, dass sich das Überangebot in der ersten Jahreshälfte 2015 auf zwei Millionen Barrel täglich vergrößern wird. Gleichzeitig senkten die Experten ihre Prognose für das Nachfragewachstum um 230.000 auf 900.000 Barrel pro Tag. Wegen des Ölpreis-Verfalls schraubten die Förderfirmen zwar ihre Investitionen bereits zurück, fügt die IEA hinzu. Eine baldige deutliche Kürzung der Fördermengen sei dennoch nicht zu erwarten. Nachfolgend finden Sie die Gewinner und Verlierer des niedrigen Ölpreises. Quelle: REUTERS
Zu den Leidtragenden des fallenden Ölpreises zählen die Förderländer, deren Haupteinnahme-Quelle der Export des Rohstoffs ist. Besonders hart trifft es Russland, dessen Wirtschaft zusätzlich unter den westlichen Sanktionen wegen der Ukraine-Krise leidet. Der Moskauer Aktienindex RTS brach aus diesem Grund binnen weniger Monate um rund ein Drittel ein. Gleichzeitig taumelt der Rubel zum Dollar und Euro von Rekordtief zu Rekordtief. Quelle: REUTERS
Das Gleiche wie für Russland und den Rubel gilt für die Währung Nigerias. Obwohl die Notenbank des Landes binnen Jahresfrist etwa 20 Prozent ihrer Devisenreserven für Stützungskäufe aufgewendet hat, fallen die Naira-Kurse. Öl und Erdgas machen nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) fast die kompletten Exporte des Landes aus und 80 Prozent der Staatseinnahmen. Sogar eine Staatspleite ist nicht mehr auszuschließen. Quelle: dpa
Finanzielle Schlagseite hat auch Venezuela, dessen Deviseneinnahmen zu 96 Prozent aus dem Ölexport stammen. Daher werfen Anleger die Staatsanleihen des südamerikanischen Landes in hohem Bogen aus ihren Depots. Dies treibt die Rendite der Papiere mit einer Laufzeit bis 2027 auf 23,4 Prozent - im Sommer lag sie nur halb so hoch. Gleichzeitig stürzt die venezolanische Währung ab. Auf dem Schwarzmarkt müssen für einen Dollar 175 Bolivar gezahlt werden. Der offizielle Kurs liegt dagegen bei 6,30 Bolivar. Quelle: REUTERS
Die Aktienbörsen der Opec-Staaten Saudi-Arabien und Kuwait stehen zwar ebenfalls unter Druck. Da diese beiden Staaten Rohöl aber relativ günstig fördern und immer noch Gewinn machen, halten sich die Kursverluste hier in Grenzen. Außerdem können die Regierungen in Riad und Kuwait City Einnahme-Ausfälle mit ihren dicken Finanzpolstern abfedern, betonen die Experten der DekaBank. Quelle: dpa
Auf Unternehmensseite macht die Talfahrt des Ölpreises vor allem Förderfirmen wie Exxon, BP & Co. zu schaffen. Die im europäischen Branchenindex gelisteten Firmen haben seit Jahresmitte zusammengerechnet etwa 300 Milliarden Dollar an Börsenwert eingebüßt. Das entspricht in etwa der jährlichen Wirtschaftsleistung Dänemarks. Quelle: REUTERS
Bei den russischen Konzernen Gazprom und Rosneft seien sogar die Dividenden für das laufende Jahr in Gefahr, warnt Analyst Pawel Sorokin vom Bankhaus Morgan Stanley. Außerdem müsse für 2015 mit deutlichen Gewinneinbußen gerechnet werden. Quelle: REUTERS
Auch die Anleihen dieser Unternehmen verlieren rapide an Wert. So hat sich die Rendite der 2017 auslaufenden Schuldverschreibungen des venezolanischen staatlichen Ölförderers PDVSA seit Juli auf derzeit über 50 Prozent mehr als vervierfacht. Quelle: REUTERS
Profiteure der aktuellen Entwicklung sind diejenigen Staaten, die auf Energie-Importe angewiesen sind. Für sie ist der Ölpreis-Rückgang ein Konjunkturprogramm. Zu dieser Gruppe zählen die Türkei oder Japan. Deren Aktienmärkte haben in den vergangenen drei Monaten prozentual zweistellige Kursgewinne verbucht. Quelle: AP
Nutznießer des Ölpreis-Rückgangs sind auch die Fluggesellschaften, für die Treibstoff ein großer Kostenfaktor ist. Die Aktien der Lufthansa, Air France und der British-Airways-Mutter IAG haben daher binnen drei Monaten zwischen 22 und 34 Prozent zugelegt. Quelle: dpa
Außerdem sind Konsumwerte im Aufwind, weil die Verbraucher immer weniger für Benzin und Heizöl ausgeben müssen. Den US-Einzelhändlern verhalf dieser Effekt bereits zu einem starken Start ins Weihnachtsgeschäft. Lebensmittel-Hersteller wie Nestle oder Danone profitieren zudem von niedrigeren Produktionskosten. Quelle: REUTERS
Autofahrer freuen sich über günstiges Benzin. Schon jetzt ist aber absehbar, dass die Kraftstoffpreise auch im Jahresdurchschnitt 2014 auf den niedrigsten Stand seit 2010 fallen werden. So kostete inklusive November ein Liter Super E10 in diesem Jahr 1,509 Euro und damit weniger als in den Jahren 2011 bis 2013. Für Diesel mussten die Autofahrer in den ersten elf Monaten 1,363 Euro je Liter bezahlen. Auch Diesel war zuletzt 2010 mit durchschnittlich 1,214 Euro billiger. Beim Sprit gilt aber: Der Preisverfall beim Rohöl schlägt sich nicht eins zu eins in der Tankquittung nieder, denn Öl muss verarbeitet, transportiert und vor allem versteuert werden. Ein hoher Steueranteil, derzeit rund 80 Cent pro Liter Super-Kraftstoff, verhindert prinzipiell, dass der Preisverfall so deutlich beim Kunden ankommt, wie es fallende Ölpreise suggerieren. Quelle: dpa
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