Portfoliomanagerin Regina Borromeo „Die EZB trocknet die Anleihemärkte aus“

Elf Prozent Rendite hat sie seit Jahresanfang mit durchaus riskanten Anleihen geschafft, in Euro gerechnet: Regina Borromeo sucht weltweit nach attraktiven Zinspapieren. Privat setzt sie aber auch auf Bares.

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Die Portfoliomanagerin sucht weltweit nach attraktiven Anleihen. In ihren Publikumsfonds „Legg Mason Brandywine Global Income Optimiser“ investiert sie auch privates Geld. Quelle: PR

Im nationalen Squash-Team hat Regina Borromeo zweimal Bronze für die Philippinen gewonnen. Beruflich schaffte ihr Team mehrfach fünf Sterne bei der Ratingagentur Morningstar. Seit zehn Jahren ist Borromeo Portfoliomanagerin, seit 2010 beim großen internationalen Vermögensverwalter Brandywine. Dort hat ihr Team mit internationalen Anleihefonds seit Jahresanfang eine zweistellige Rendite geschafft. Bei ihrer Visite in Deutschland hätte die zierliche Londonerin gerne eine richtige deutsche Bratwurst gegessen. Aber Pfifferlinge auf Pasta  waren ihr dann auch sehr recht.

Frau Borromeo, Sie sagen, sie lieben Ihren Job und möchten ein Leben lang Vermögensverwalterin sein. Was machen Sie mit Ihrem eigenen Geld?
Ich habe es in Immobilien investiert, in das eigene Haus und in vermietete Immobilien. Dann halte ich zwei Jahreseinkommen in Cash, für den Notfall. Und die Altersvorsorge stecke ich großenteils in unseren eigenen Fonds. Natürlich investiere ich auch in Aktien. Ich hoffe auf ein langes Leben, deshalb habe ich  meine Investments gut gestreut und darauf geachtet, dass sie dauerhaft werthaltig sind.

Eines ihrer Spezialgebiete sind High-Yield-Bonds, also Anleihen, die auf Grund eines höheren Risikos mehr Zins abwerfen, als gewöhnliche Anleihen…
Im Moment ist das eines der wenigen Felder, auf denen sich noch eine akzeptable Rendite erwirtschaften lässt. Die durchschnittliche Rendite bei Risiko-Anleihen mit  der Stufe BB liegt in der Eurozone  noch bei  2,6 Prozent. Wir erleben allerdings  gerade dramatische Verwerfungen in den Anlageklassen. Vor drei Jahren waren es noch sechs bis sieben Prozent.

Sie haben mit Ihrem Anleihe-Fonds, dem „Legg Mason Brandywine Global Income Optimiser“ seit Jahresanfang eine Rendite von elf Prozent geschafft. Wie haben Sie das gemacht?
Dieses Jahr lief es in der Tat sehr gut. Wir haben vor allem in die US-Kapitalmärkte und nach Großbritannien umgeschichtet. Das hat die Rendite nach oben getrieben. In den USA liegt der Zins bei rund fünf Prozent für Anleihen von BB- Bonität, also deutlich höher als in der Eurozone.

Warum auch Großbritannien? Dort hat es doch gerade erst das Referendum für den Austritt aus der Eurozone gegeben. Das müsste dem Kapitalmarkt dort ja eher geschadet haben.
Großbritannien gilt im derzeitigen verrückten Umfeld als ein sicherer Hafen. Dort sind die Zinsen für Staatsanleihen immerhin noch positiv. Ein Drittel aller weltweit gehandelten Staatsanleihen rentiert inzwischen negativ. Die 10-jährigen britischen Staatspapiere „Gilts“ boten kurz vor dem Referendum im Juni noch eine Rendite von einem Prozent. Da bewegten sich die Bundesanleihen  gleicher Laufzeit bereits zeitweise in negativem Territorium. Die Bank of England unter Gouverneur Mark Carney wird nach ihren letzten Schritten erst einmal abwarten, wie die Realwirtschaft darauf reagiert. Sie hat klargemacht, dass sie den britischen Finanzmarkt stützen will. Sie betreibt eine weit gemäßigtere Geldpolitik als die EZB.


US-Zinsen steigen wohl nur sehr langsam

Ist der Euroraum für Anleger nicht mehr sicher?
Doch, aber nicht mehr so attraktiv und liquide. Die EZB kauft jede Woche Unternehmensanleihen im Umfang von 200 bis 300 Millionen Euro auf. Im Moment hält sie schon Unternehmensanleihen im Wert von 18 Milliarden Euro. Das ist natürlich eine immense Nachfrage und lässt die Kurse der Bonds stark steigen. Der Effektivzins geht gleichzeitig dramatisch zurück. Das Kaufprogramm der EZB macht die Rendite unattraktiv und trocknet die Anleihemärkte aus. Es ist nicht mehr viel Angebot da.

Halten Sie überhaupt noch europäische Staatsanleihen?
Ja natürlich. Wir haben uns vor allem im Zug der Eurokrise eingedeckt und spanische, italienische und irische Staatsanleihen gekauft. Wir waren überzeugt, dass die Furcht vor einem Zusammenbruch dieser Märkte übertrieben war. Nur um griechische Anleihen haben wir einen Bogen gemacht. Das Kalkül ist aufgegangen.

Warum haben Sie in diesem Jahr das Portfolio auch stark in die USA umgeschichtet?
Dort sind nicht nur die Zinsen besser, es gibt auch mehr Kaufgelegenheiten. Immer wieder nehmen große Konsumgüterkonzerne wie kürzlich Anheuser Busch oder Hightech Firmen frisches Geld auf und geben neue Anleihen aus. Da greifen wir natürlich zu, wenn es solide Firmen sind. Wenn Sie sich die Charts anschauen, die Kurse für Anleihen sind in den USA ähnlich gestiegen wie in Großbritannien. Im Übrigen sind wir nicht auf eine Anleiheklasse festgelegt. Wir kaufen auch in großem Umfang kleine und mittelgroße Bonds oder Risikoanleihen, und das weltweit.  Wichtigste Bedingung: Die Papiere müssen werthaltig sein.  Negativzinsen kommen nicht in unser Portfolio.

Glauben Sie, dass in den USA nun die Zinswende eingeläutet wird?
Ich glaube nicht, dass es in nächster Zeit zu massiven Schritten kommt. Dazu ist das Wirtschaftswachstum nicht stark genug. Beim Notenbankertreffen in Jackson Hole wird uns die US-Notenbankchefin an diesem Wochenende einen Vorgeschmack geben, was zu erwarten ist, aber bis wirklich etwas geschieht, wird die Fed noch ein paar Daten beobachten. Ihre nächste Sitzung ist erst am 21. September.

Ihr Ansatz ist „top down“, sie blicken also erst auf die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen eines Landes, bevor Sie dort nach Titeln suchen. Wo finden Sie im Moment die attraktivsten Bedingungen?
Wir finden die lateinamerikanischen Länder, Argentinien, Mexiko oder Brasilien attraktiv. Brasilien hat ökonomisch gesehen das schlimmste überstanden, davon sind wir überzeugt. In Argentinien ist mit dem neuen Präsidenten und seiner Verwaltung wieder Verlässlichkeit eingekehrt. In Mexiko sind zwar die politischen Verhältnisse schwierig, aber die Wirtschaft ist stark an die USA gekoppelt. Dort gibt es zwischen 5,5 und sieben Prozent Rendite. Wenn wir Staatsanleihen von Schwellenländern kaufen, halten wir uns an kürzere Laufzeiten bis zehn Jahre. Bei den Industrienationen können sie bis zu 30 Jahren Laufzeit haben.

Vielen Dank für das Interview, Frau Borromeo.

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