Vorsorgeatlas Junge Deutsche sind die Generation Rentenlücke

Zu wenig Geld im Alter: Die gesetzliche Rente wird nicht reichen. Den heute Jungen werden nach dem Arbeitsleben viele hundert Euro fehlen – jeden Monat. Wie viel, das hat ein Professor bundesweit ausgerechnet.

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Die Rente der heute Jungen wird nicht reichen Quelle: dpa

Die gesetzliche Rente bleibt die Hauptstütze der Altersversorgung in Deutschland. Doch die Älteren stehen besser da als die Jungen. Wie groß die Unterscheide sind, hat der Freiburger Finanzprofessor Bernd Raffelhüschen im Auftrag der Fondsgesellschaft Union Investment durchgerechnet und im „Vorsorgeatlas Deutschland 2017“ beziffert. Die Zahlensammlung gilt als umfangreichste ihrer Art.

Die 50- bis 65-Jährigen erreichen den Daten zufolge rund 64 Prozent ihres letzten Bruttoeinkommens, können damit ihren Lebensstandard sichern. Dagegen kommen die 20- bis 34-Jährigen nur auf 38,6 Prozent. „Sie benötigen daher etwa 800 Euro zusätzlich pro Monat und müssen aktiv werden“, sagt Hans Joachim Reinke, Vorstandsvorsitzender von Union Investment, bei der Vorstellung der Studie in Frankfurt.

Das Thema Generationengerechtigkeit ist brisant. Es stand auch im Mittelpunkt des Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetzes aus dem Jahr 2004. Dort ist festgelegt, dass nie mehr als ein Fünftel des Lohns an die gesetzliche Rentenversicherung abgegeben werden soll und das Rentenniveau sich entsprechend anzupassen habe. Diese Regelung soll die geburtenschwachen nachfolgenden Generationen vor übermäßiger Belastung durch die wachsende Rentnerzahl schützen.

Altersvorsorge: So viel Rente darf der Standardrentner erwarten

In der gesamten Bevölkerung haben laut Raffelhüschen etwa 33,5 Millionen Deutsche Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung, Beamtenversorgung und berufsständischer Versorgung. Insgesamt erreichen sie damit 48,9 Prozent ihres letzten Bruttoeinkommens. Zur Sicherung des Lebensstandards gelten 60 Prozent beziehungsweise das als Grundsicherung geltende Niveau als kritische Marke.

Dazu kommt die zweite Absicherungsebene mit Riester-Rente, betrieblicher Altersversorgung und der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes. Ansprüche daraus haben 19,6 Millionen Menschen, die so ihren Lebensstandard im Alter tatsächlich sichern können. Nimmt man die dritte Säule mit dem Privatvermögen hinzu, dann erreichen diese Personen sogar knapp 83 Prozent ihres letzten Bruttoeinkommens.

Der Vorsorgeatlas kommt für alle Versicherten in Deutschland im Durchschnitt auf eine monatliche gesetzliche Rente von 1070 Euro. Damit erreichen die Betroffenen nur 48 Prozent des letzten Bruttoeinkommens. „Entscheidend ist, die Möglichkeiten vor allem der privaten Vorsorge zu nutzen“, sagt Reinke.

Die 10 schlimmsten Fehler bei der Vorsorge
Schlecht informiertDie Deutschen kaufen Autos, Computer, Küchengeräte und gehen auf Reisen. Vor dem Kauf werden oft zahlreiche Testberichte gelesen. Geht es allerdings um Versicherungen und die eigene Vorsorge, sieht dies anders aus. Dabei sind ausreichende Informationen wichtig, um teure Fehlabschlüsse zu vermeiden. Quelle: Institut GenerationenBeratung IGB Quelle: Fotolia
Lückenhafte VorsorgeOft werden einzelne, wichtige Teile der Altersvorsorge vergessen. Dazu gehören: 1) individuelle Vorsorgevollmacht 2) Patientenverfügung 3) Klärung der Finanzen im Pflegefall 4) Testament Quelle: Fotolia
Die falschen Berater„Freunde, Familie und Bekannte in alle Vorsorgefragen einzubeziehen, ist wichtig und stärkt die Bindung zueinander. Doch sich allein auf ihren Rat zu verlassen, wäre fatal“, sagt Margit Winkler vom Institut GenerationenBeratung. Denn nur ausgebildete Finanzberater könnten auch in Haftung genommen werden. Sie sind verpflichtet, alle besprochenen Versicherungen und Vorsorgeprodukte zu dokumentieren. Quelle: Fotolia
Vorsorge ist nicht gleich VorsorgeJeder sollte seine Altersvorsorge an seine eigenen Bedürfnisse anpassen, pauschale Tipps von Beratern oder Freunden taugen in der Regel wenig. Je nach Familiensituation können andere Versicherung und Vorsorgeleistungen wichtig sein. „Vor allem in Patchwork-Situationen oder bei angeheirateten Ehepartnern gelten andere Spielregeln in der Vorsorge", sagt Winkler. Quelle: Fotolia
Schwarze Schafe Deshalb ist bei der Auswahl des Beraters Vorsicht geboten, in der Branche sind schwarze Schafe unterwegs. Geht ein Berater nicht auf die persönliche Situation ein oder preist ein bestimmtes Produkt besonders an, sollten die Kunden hellhörig werden.
Informiert ins GesprächWer Fehlern im Zuge von Falschberatung entgehen will, der muss sich vorher selber informieren. Je besser der Kunde im Beratungsgespräch selber informiert ist, desto eher kann er schlechte Berater enttarnen. Quelle: Fotolia
Vorsorge-FlickenteppichBeraterin Winkler warnt davor, zu viele Verträge bei vielen verschiedenen Beratern abzuschließen. Am Ende drohten Versicherte, den Überblick zu verlieren, besser sei eine ganzheitliche Lösung, die auf die individuelle Situation abgestimmt ist. Quelle: Fotolia

Die umfangreiche Datensammlung legt unterschiedliche Absicherungsniveaus in Deutschland auch getrennt nach Region, Einkommen und Geschlecht offen. Aus der geografischen Brille erhalten die Bürger im Osten Deutschlands die geringsten Zahlungen aus der gesetzlichen Rente. Im Schnitt sind es 988 Euro, in Teilen Mecklenburg-Vorpommerns nur 926 Euro.

Besser kommen viele Regionen aus dem Süden Deutschlands weg. Die höchsten Rentenzahlungen erhalten die Oberbayern mit 1169 Euro. Allerdings sind hier auch die Versorgungslücken höher, die immer auf die Bruttogehälter bezogen sind – die hier im Schnitt höher liegen.

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