Industrie Wie der 3-D-Druck eine Revolution auslöst

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Ganz neue Geschäftsmodelle

Manche Hersteller nutzen den Durchbruch in die Massenfertigung auch für ganz neue Geschäftsmodelle. So wie Formlabs aus Boston. In deren Zentrale stehen in einem Nebenraum kleine Plastikkanister mit Beschriftungen wie „Dental Model“, „Tough“ oder„White“ fein sortiert nebeneinander. Darin sind die Füllungen, die zu den Druckern gleich mit verkauft werden, ganz so wie Hewlett-Packard es macht, der Anbieter klassischer Drucker, der viel Geld mit dem Verkauf von Druckerpatronen verdient. Viele der Kunstharzkombinationen lasse die Firma sich gerade patentieren, sagt Vertriebschef Winston: „Materialentwicklung ist wirklich spannend für uns und kann noch riesige neue Märkte eröffnen.“ Seit dem Start, als die Gründer noch auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter das erste Geld zur Finanzierung einsammeln mussten, sind sie hier weit gekommen.

Vom Sportwagen ins Familienauto

Auch die deutschen Automobilbauer – von Audi bis Volkswagen – experimentieren längst mit dem 3-D-Druck. Daimler etwa druckt seit Jahren Prototypenteile. An die 100.000 Stück haben die Stuttgarter seither produziert. Anfangs waren es nur Designproben, heute dagegen stellen die 3-D-Spezialisten selbst gedruckte Zylinderköpfe für Testmotoren her.

Die Triebwerke, versichern die Tester, seien mindestens so robust, wie klassisch gefertigte – und böten in der Entwicklung immense Zeit- und Kostenvorteile. Für die Massenproduktion rechne sich das noch nicht, heißt es in Stuttgart. Aber für Kleinserien, etwa für hochpreisige Sondermodelle von Daimlers Sport-Tochter AMG, werde über den Einsatz besonders gewichtsparender Fahrzeugteile aus dem Drucker schon nachgedacht.

Das sieht die Konkurrenz ähnlich. „Wir schaffen heute das Know-how, um gedruckte Teile in ein paar Jahren zu deutlich niedrigeren Kosten auch in Mittelklasse-Pkws einbauen zu können“, heißt es etwa im Volkswagen-Konzern. Das ergibt Sinn, denn im aufziehenden Elektrozeitalter bedeutet auch bei Familienkutschen jedes gesparte Kilogramm ein Plus an Reichweite. Individualisierte Hörgeräte und Laufschuhe, die effizienter auf einzelne Kundengruppen zielen, und Autos, die sich der E-Wende schneller anpassen – der Traum der Vertriebsstrategen, für jeden Kunden personalisierte Produkte zu fertigen und mit hoher Marge verkaufen zu können, wird jetzt Wirklichkeit. Das hat Konsequenzen bis hin zur Logistikbranche. Denn 3-D-Druck verändert auch, wo und von wem gedruckt wird.

Der Logistikkonzern UPS etwa hat bereits angekündigt, Lagerstandorte an Flughäfen zu kleinen Fabriken ausbauen zu wollen. Es ist viel schneller und billiger, Datensätze von Bauteilen via Internet zu Kunden oder Druckdienstleistern zu schicken, statt die fertigen Produkte. Und die Deutsche Bahn und der Autobauer Daimler haben begonnen, selten benötigte Ersatzteile für Züge und Lkws nur noch bei Bedarf zu drucken, statt sie zu lagern. Airbus wiederum prüft, welche Bauteile man künftig weltweit verteilt an Servicestandorten drucken lassen kann. Bisher liegen die teuren Blenden, Deckel, Klappen und Ablagen zigtausendmal in Servicezentren um den Globus, um Fluglinien rasch Ersatz schicken zu können. In Zukunft könnten die Wartungstechniker die Baupläne herunterladen und benötigte Teile selbst drucken.

Und das wird, so ist sich auch Winston in Boston sicher, in Zukunft alles noch sehr viel schneller funktionieren – und günstiger.

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