Wenn Josefine samstagmorgens vom Joggen heimkehrt, beginnt das immer gleiche, wohltuende Ritual: Sie lässt Wasser in die Wanne, gibt ihre Lieblingsbadeessenz hinzu, zündet Kerzen an, schaltet das Radio ein und legt sich ins Wasser, mit Blick aus dem Fenster: „Dann bin ich im Glück.“
Vor einigen Jahren hat Josefine ihr Bad umgebaut, noch vor der Küche, und als Erstes die tristen Fliesen und Glasbausteine herausreißen lassen. Tageslicht sei „so wichtig“, sagt sie, wichtiger als die schicksten Deckenstrahler, die sie natürlich auch hat, um die „schönen Dinge“ im Bad zu illuminieren. Zum Beispiel die Flakons, die in einer Vitrine hinter Glas schimmern. Oder den gepolsterten Louis-Seize-Stuhl, der die metallische Kühle von Glas und Armatur so angenehm bricht. Aber am wichtigsten ist ihr die Badewanne, ein Ort der Muße, der „gliederlösenden Ruhe“, wie sie sagt, der „Rekreation“: Sie könnte sogar noch größer sein, möglichst frei stehend, auf einem „Kleopatra“-Podest, über einem hellen Terrakotta-Boden mit Fußbodenheizung – oder über gewachsten Holzdielen aus Eiche?
Die Mittfünfzigerin aus Wiesbaden gerät schon mal ins Träumen, wenn sie Badmagazine durchblättert: Vom „Spa-Feeling“ vermittelnden Travertin bis zu Holzverkleidungen im „skandinavischen Stil“ ist heute alles zu haben, was schön und teuer ist. Vorbei die Zeiten, da das Bad ein aseptischer Funktionsort für Körperhygiene war. Das Bad ist keine Nasszelle mit Ablaufrinne mehr, sondern atmosphärische Verwöhnzone.
Entsprechend hat sich seine durchschnittliche Größe in den vergangenen 50 Jahren auf 9,1 Quadratmeter verdoppelt. Es ist zur Bühne des ungestörten Bei-sich-Seins avanciert, zum Sanktuarium der Selbstfindung, in dem sich Körper und Geist regenerieren. „Der Trend geht zur höherwertigen Badausstattung“, sagt Jens Wischmann, Geschäftsführer der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft, seit 2005 verzeichne die Branche „kontinuierliches Umsatzwachstum“. Erst im September hat eine Studie des Forsa-Instituts herausgefunden, was sich die Deutschen im Bad wünschen: nicht nur Funktionalität, sondern auch Emotionalität. 83 Prozent der Befragten wollen sich im Bad vor allem „entspannen und wohlfühlen“.
Mehr Bar als Bad
Dass sich die Menschen unter dem Banner der Wellness- und Beautybewegung immer mehr auf den eigenen Körper und seine Inszenierung konzentrieren, kann der Branche nur recht sein. Sie leitet daraus die Forderung ab, das Bad „wohnlicher“, „gemütlicher“ zu machen. „Form follows emotion“ – eine Parole, die bei Designern erhabene Gefühle auslöst. So rückt der hannoversche Designer Patrick Frey die Badewanne wie ein kostbares „Masterpiece“ ins Blickzentrum des Bads, zart, dünnwandig, von strahlendem Weiß, mit einem Lichtstreifen unterleuchtet: Sie scheint im Badezimmer zu schweben, der einem Salon, einer Bar zum Verwechseln ähnlich sieht.