Gartenmöbel Die Aufwertung der Terrasse

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Feste Regeln gibt es nicht

Vorreiter ist der deutsche Möbelhersteller Dedon. Das Unternehmen wurde 1990 vom ehemaligen Fußballer Bobby Dekeyser in Lüneburg gegründet. Dedon eroberte den boomenden Markt für geflochtene Outdoormöbel praktisch im Alleingang. Das Unternehmen setzt zum Beispiel auf wasser-, licht- und hitzeresistente Kunststoffriemen, die an die Griffe von Waschmittelverpackungen erinnern. Zu raffinierten Gartenmöbeln werden sie auf der philippinischen Insel Cebu, einem Zentrum der traditionellen Flechtkunst.

Die ersten Dedon-Möbel waren noch stark von klassischen Wohnzimmersofas beeinflusst und daher betont kubisch geformt. In eine vollkommen neue Richtung ging die runde Sofainsel Orbit (ab 5195 Euro), die 2002 der amerikanische Designer Richard Frinier für Dedon entwarf. Auf einem drehbaren, geflochtenen Gestell ruhen Kissen und Sitzpolster, während ein aufklappbares Stoffverdeck Schatten spendet.

Das Möbel setzt bewusst auf Größe – aus gutem Grund: Im Gegensatz zu den stubenhockenden Verwandten müssen sich Outdoormöbel nicht in starre Grundrisse einfügen oder stilistische Schulterschlüsse mit Kommoden, Schränken oder Tischen eingehen. Sie sind in ihren gestalterischen Möglichkeiten freier und können voluminöser sein, filigraner oder verspielter.

So sieht gute Architektur aus
Außenansicht Schmuttertal-Gymnasium Diedorf. Quelle: Stefan Müller-Naumann
Innenhof Schmuttertal-Gymnasium Diedorf. Quelle: Stefan Müller-Naumann
Aula Schmuttertal-Gymnasium Diedorf von der Bühne aus fotografiert. Quelle: Stefan Müller-Naumann
Schmuttertal-Gymnasium Diedorf Innenansicht. Quelle: Stefan Müller-Naumann
Außenansicht des "Bremer Punkts". Quelle: Fotoetage/Nikolai Wolff
Altes Hafenamt Hamburg Quelle: Christian Richter
Bremer Landesbank Quelle: Héléne Binet

Wie das funktioniert, machte die spanische Designerin Patricia Urquiola erstmals im Jahr 2007 deutlich. Die Linie Canasta für B&B Italia (ab 1486 Euro) umfasst große Sessel und Sitzinseln, die von einem grobmaschigen Flechtwerk umschlungen werden – und an klassische Wiener Kaffeehausstühle erinnern. Der Sessel Crinoline (2008 für B&B Italia, ab 1514 Euro) wiederum hat eine hohe, aufragende Lehne mit stilisierten Blüten – und brachte erstmals dekorative Formen in die puristische Designszene.

Beide Modelle nutzte Urquiola für die Inneneinrichtung mehrerer Hotels – ein weiterer Grund, warum die Möbel so erfolgreich wurden: Büros, Hotels und Restaurants auszustatten wurde zu einem wichtigen Absatzmarkt. Vor allem Outdoormöbel sind für Designmarken inzwischen eine gute Gelegenheit, Werbung in eigener Sache zu machen – denn hier können sie ihre Kompetenz gegenüber konventionellen Hotelausstattern ausspielen. Netter Nebeneffekt: Hotels knüpfen den Kontakt zu potenziellen Kunden, die sich als Gäste sogleich von der Tauglichkeit der Entwürfe überzeugen können. Designaffine Outdoormarken wie Gandia Blasco und Kettal aus Spanien, Tribù aus Belgien, Emu aus Italien oder Weishäupl aus Deutschland fanden so auch den Weg auf zahlreiche Privatterrassen.

Welche Möbel die Deutschen wollen

Klassische Wohnzimmermöbel wurden vor allem von der europäischen Designkultur geprägt. Bei Outdoormöbeln geht es hingegen weitaus exotischer zu. Als Vorreiter gilt der italienische Möbelhersteller Moroso, der 2009 die Kollektion M’Afrique vorstellte. Sämtliche Produkte fertigen Kunsthandwerker im Senegal zu fairen Konditionen – aus Fasern, die normalerweise für Fischernetze verwendet werden. Der niederländische Designer Tord Boontje wiederum entwickelte Entwürfe wie den stolz aufragenden Shadowy Chair (ab 1547 Euro) als Gemeinschaftsprojekt mit senegalischen Handwerkern. Die Gartenmöbel verstärken also nicht nur das entspannte Lebensgefühl im Freien. Sie leisten mitunter auch Wirtschaftshilfe in benachteiligten Regionen.

Feste Regeln gibt es bei Outdoormöbeln nicht: Stühle fühlen sich an wie Sessel, Sessel werden zu Sitzkojen – und Sofas weiten sich aus zu voluminösen Sitzlandschaften. Bei so viel Freiraum kann der Sommer ruhig endlos dauern.

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