Ist er denn auch Statussymbol?
Das ist er zweifellos. Für den Missionar des gelingenden Lebens. So empfinden es die Menschen, die sich einen anschaffen. Die wollen ja auch ihre Umgebung überzeugen. Für die ist es ein Statussymbol, wenn auch nicht wie ein Porsche oder Mercedes. Die Begriffe wie Statussymbol, die wir für Produkte wie den Thermomix anwenden, sind diesem Phänomen gegenüber sperrig, sie treffen es nur bedingt. Wenn, dann ist er so etwas wie der Küchenporsche des kulinarischen Amateurs.
Die sechs Sparten von Vorwerk
Die kultige Küchenmaschine ist seit 2014 der Hauptumsatzbringer von Vorwerk. Sie erwirtschaftete mit 920 Millionen Euro (+ 15 Prozent) genau ein Drittel des Umsatzes. Das Gerät wird seit 1961 produziert. Das neue digitale Modell TM5, das im September überraschend auf den Markt kam, hat eine unerwartet hohe Nachfrage. Die Wartezeit in Deutschland beträgt derzeit 13 Wochen. In zwei Jahren soll die Produktion auf zwei Millionen Stück im Jahr verdoppelt werden. Der Thermomix wird nur über weltweit 34.500 Beraterinnen vertrieben.
Der Kult-Staubsauger wurde 2014 erstmals vom Thermomix überholt, obwohl der Umsatz des Kobold um fast fünf Prozent auf 898 Millionen Euro deutlich stieg. Seit 2011 wird der Kobold in Deutschland nicht mehr nur über Vertreter, sondern auch über 34 Läden und einen Online-Shop vertrieben.
Seit 2004 gehört Jafra zur Vorwerk Gruppe. Der Stammsitz ist in Kalifornien. Die Kosmetika werden hauptsächlich in Mexiko, den USA und Brasilien vertrieben. Wegen schwacher Nachfrage in Mexiko sank der Umsatz 2014 um sieben Prozent auf 427 Millionen Euro.
Der Finanzierer für den Mittelstand bietet Leasing, Kredite und andere Finanzdienstleistungen für diverse Branchen wie Automobil, Yachten und Agrartechnik. Der Umsatz wuchs 2014 leicht auf 405 Millionen Euro. Das Neugeschäft zog deutlich an. Die Bilanzsumme stieg auf 1,6 Milliarden Euro.
Bodenbeläge sind die Keimzelle des Traditionsunternehmen, das 1883 unter dem Namen Barmer Teppichfabrik Vorwerk & Co in Wuppertal gegründet wurde. Die Teppichsparte machte zuletzt 88 Millionen Euro Umsatz. 2014 hatte Vorwerk die Werke der insolventen Marke „Nordpfeil“ übernommen.
In Südostasien vertreibt Vorwerk Wasserfilter, Luftreiniger und Staubsauger. Der Umsatz sank 2014 auf 28 Millionen Euro. Künftig will sich das Unternehmen stärker auf Filter- und Reinigungstechnik fokussieren.
Der auch viel Geld verdienen kann.
Absolut, es hat nichts mit dem Einkommen zu tun. Der kulinarische Amateur ist ja vom Sozialmilieu zeitgleich der hyperbeschäftigte Investmentbanker wie die alleinerziehende Mutter. Es ist weder Ober- noch ausschließliches Unterschichtenphänomen und kulinarische Amateure gibt es in allen Schichten. Wir sind in einer Zeit, in der die Kunst des guten Essens abnimmt, deswegen sind die Sendungen mit Meisterköchen so beliebt, da sie häufig nicht in der Lage sind, etwas Schmackhaftes zuzubereiten. Sie widmen dem guten Essen keine Aufmerksamkeit und da sind wir wieder bei der Maschine – das sublimiert sie. Sie nimmt das schlechte Gewissen, dass man eigentlich nicht mehr weiß, wie ein guter Camembert schmeckt.
Wir müssen diese Frage stellen: Würden Sie selber einen kaufen oder besitzen Sie bereits einen?
Vor 20 Jahren habe ich so ein Ding gekauft, als ich als Vater, der unsere Tochter vom Kindergarten abgeholt habe, von so einer – heute Repräsentantin genannten – Verkäuferin angesprochen wurde. Ich bin in eine Müttergruppe geraten. Zu dem Zeitpunkt war ich ein arbeitsloser Soziologe und hatte viel Zeit. Sie erzählte von einem Wahnsinnsgerät. Ich bin dann zu denen nach Hause. Genau, wie man sich es erzählt. Und in nullkommanichts – vermutlich aus einer Mischung aus schlechtem Gewissen und Neugier auf etwas technisch Raffiniertes, war ich Besitzer des damaligen Thermomix. Er steht heute eingestaubt da. Wir setzen ihn ein, wenn wir Mandeln für einen Nusskuchen mahlen wollen. Und das macht er. Der zerkleinert ja alles. Unabhängig davon, ich habe den Eindruck, im Thermomix liegt ein Stück deutsche Kulturgeschichte vor uns, das mit diesem Gerät zu schreiben ist und das werde ich tun.
Da freuen wir uns drauf.
Da kommt noch mehr hinzu, das kann man in der WirtschaftsWoche ja alles nicht schreiben.
Nun sind wir aber gespannt.
Das Gerät kommt aus Barmen! Vorwerk kommt aus Barmen! Barmen zählt zu den Schlüsselregionen der deutschen Wirtschaftsgeschichte! Friedrich Engels, der Kumpel von Karl Marx, kommt aus Barmen. Mitgründer Carl Vorwerk war verheiratet mit einer Nichte von Friedrich Engels. Die Menschen dieser Region stehen unter dem Bann der Idee einer gottgefälligen Lebensführung und die setzt die Anstrengung zur Rationalisierung frei. Innovationen sind demnach religiös motiviert, in der Region um Wuppertal ist es vornehmlich der Pietismus, der auf das Bemühen um Zeitersparnis ethische Prämien setzt. Die ersten Produkte von Carl Vorwerk waren Teppiche, maschinell hergestellt. Entzauberung der Teppichknüpferei, so wie der Thermomix die Kochkunst entzaubert. Praktisch die gleiche Idee. Entzauberung der Magie.