Till Brönner "CDs sind teure aufwändige Visitenkarten"

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En passant zum Marketingexperten

Sie sind Musiker, Werbefigur, Marke – und in Summe Unternehmer. Viele Musiker blenden den unternehmerischen Teil gerne aus, weil sie dazu keine Lust haben und er von der Konzentration auf die Kunst ablenke. Haben Sie Spaß an diesem Teil?
Vieles von dem, was ich zu Beginn so entschieden habe für mich, ist – wie ich mir hinterher habe erklären lassen – klassisches Marketingdenken. Damit wurde ich en passant über die Jahre konfrontiert. Und irgendwann habe ich erkannt, dass mich das sogar künstlerisch weiterbringt.

Inwiefern?
Auf der Suche nach sich selbst kommt man vermutlich nie an. Aber im Laufe des Lebens deuten immer mehr Komponenten darauf hin, was einen auszeichnet und wie man ist. Und es gibt diesen schönen Spruch, dass man sich verändern muss, um zu bleiben, wer man ist. Und dieser Teilführt dazu, dass man nie so genau weiß bei mir, was bei mir als nächstes kommt.

Ihr nächstes Album wird eines im Duo mit einem Bassisten sein. Ist das für Sie so ein Schritt?
Ja, durchaus. Denn so eines gibt es noch nicht von mir. Andererseits ist es ein natürlicher Schritt, denn wir spielen schon seit vielen Jahren gemeinsam und auch mal nur im Duo und nun halten wir das auf einem Tonträger fest. Aber es gibt uns so im Prinzip schon seit zehn Jahren.

Sie sind attraktiv und teilen das mit dem Münchner Barkeeper Charles Schumann, der seit vielen Jahren für die Modemarke Baldessarini wirbt – ebenfalls kein Prototyp eines Anzugträgers. Was macht Seiteneinsteiger wie Sie beide Ihrer Meinung nach zur Identifikationsfigur für die Zielgruppe?
Uns eint vielleicht, dass die Unternehmen über den Tellerrand schauen. Es geht um Emotionen. Meine Aufgabe – und als Künstler auch mein inneres Bedürfnis – ist natürlich, meine Emotion in Musik zu packen. Wir sprechen also von einem ehrlichen Impuls und keinem Fake. Schwierig wäre es, wenn ich merke, dass ich vielleicht mit etwas kalkuliert hätte. Habe ich aber nie gemacht. Ich bin das, was da passiert. Und Unternehmen haben verstanden, dass ein Teil ihres Erfolgs von Emotionen abhängig ist.

Charles Schumann sagte unlängst in einem Interview mit dem Magazin der Süddeutschen Zeitung, dass er nie bezahlt wurde, sondern sich stets Kleidung dafür aussuchen durfte.
Die Aussage passt zu ihm, auch wenn ich mir vorstellen könnte, dass er das einfach übersehen hat.

Erfolgreich sind Sie beide in ihren Genres. Sie sind mit ihren Alben immer wieder auch in den Pop-Charts gelandet. Das gelingt unter den deutschen Musikern neben dem Pianisten Michael Wollny vor allem Ihnen.
Da gibt es sicher noch einige weitere. Die Frage ist aber auch immer - wie lange bleiben die Alben dort. Wer über die Jahre im sogenannten gesunden Mittelfeld dabei ist, erreicht als Langstreckler viel mehr. Es ist nicht wichtig, immer vorne dabei zu sein und die Helene Fischer des Jazz zu sein - das bin ich sicher nicht. Natürlich überlege ich mir, mit welchen Partnern ich wann welches Thema als CD mache, um dann auch bereit zu sein, auch über einen Zeitraum von über zwei Jahren mit diesem Thema präsent zu sein. Da muss man sich seiner Sache sicher sein, sonst kann es echt zäh werden. Plattenfirmen, die immer noch gute Partner sind, die überlegen in ihren Abteilungen auch, wie sich die Medienlandschaft verändert hat, wie die Digitalisierung unsere Arbeit verändert. Das bleibt eine Herausforderung.

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