Das änderte sich mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Mit den Alliierten kam der amerikanische Stil in Mode. Und damit eine neue Lässigkeit: Blue Jeans, James Dean, Rock ’n’ Roll – und 1971 dann die erste Filiale von McDonald’s in Deutschland.
Der Trend erst zur informellen und dann schnellen Mahlzeit war damit eingeleitet. Statt des klassischen Sonntagsessens mit Markbrühe, Braten und Pudding-Dessert durfte es fortan auch internationaler sein – und gerne auch etwas einfacher gehen. 1974 kam mit dem Gulasch-Fix das erste Produkt der Maggi-Schnell-Reihe auf den Markt.
Mit weitreichenden Folgen für die Esskultur – was das Essen anbelangt und auch das Gedeck. Die Sets wurden kleiner, der Stil reduzierter, und Funktionalität gewann an Bedeutung: Alles musste spülmaschinenfest sein. Und so verschwanden langsam das Silber, die üppigen Dekorationen und die feinen Materialien vom Tisch.
Bis zuletzt. Denn mittlerweile ist das Essen wieder ein Ereignis, eine gefeierte Unterbrechung für schnelllebige Bildschirmmenschen geworden, die ihre Lust an Tradition und Ritual, am Handwerklichen und Haptischen wieder entdecken: an einem edlen Stück Biofleisch etwa, serviert auf einem blendend weißen Edelteller, umrandet von feinem Besteck. Entsprechend wird Porzellan von Foodbloggern auf Webseiten und Instagram nicht solo, sondern fast immer im Zusammenspiel mit appetitlich arrangierten Menüs inszeniert.
Kochen ist, jeder weiß es, zu einer Feierabendkunst avanciert: Die großen, offenen Küchen sind nicht nur Statussymbole, sondern vor allem Theaterbühnen, auf denen der Gastgeber seine Passion präsentiert. Und weil zum Drei-Sterne-Herd kein Ikea-Geschirr passt, investiert der essbewusste Durchschnittsbürger wieder in Teller und Tassen, Messer und Gabel.
Zuletzt wurden mit Porzellan und Besteck nach Angaben des Instituts für Handelsforschung (IFH) in Köln in Deutschland etwa 1,5 Milliarden Euro umgesetzt. Und auch Christina van Dorp, Präsidentin des Handelsverbandes Koch- und Tischkultur, bestätigt: „Es gibt eine Rückbesinnung auf hochwertiges Geschirr, auf die Freude am gedeckten Tisch.“
Sicher, es wäre bedenklich, wenn die Branchenvertreterin etwas anderes sagen würde. Doch ihre Aussagen und Zahlen decken sich mit der gefühlten Wahrheit. In Zeiten, in denen das Achtsame und Nachhaltige prämiert wird, wirken Schnellrestaurants mit Wegwerftellern aus Presspappe von gestern. Den Wandel hin zu mehr Lebensart beobachtet auch Laurenz Lenffer vom gleichnamigen Hamburger Fachgeschäft für Tischkultur. „Die jungen Leute achten auf die Umwelt“, sagt er, und also auch auf das, was sie täglich zu sich nehmen: „Entsprechend genießen sie ihr Essen in Ruhe, auf Porzellan, mit Glas und Besteck.“