Tatsächlich setzten die Trendsetter auf Slow-Food und regionale Lebensmittel. Sie bringen ihre Stofftüten mit zum Einkaufen und schieben ihre eigenen Becher über die Theke, wenn sie sich an der Kaffeetankstelle ihr Aufwachgetränk abholen. Auch der Handel fördert das Umweltbewusstsein: Immer mehr Kaffeeketten schaffen ihre Einwegbecher ab, verkaufen praktische Steingutbehälter mit Gummideckel und geben Rabatte für Kunden, die ihr eigenes Trinkgefäß mitbringen.
Bei McCafé und den Tankstellenshops von Aral sparen Bring-your-own-pot-Kunden zehn Cent, bei Balzac 25 Cent und bei Starbucks sogar 30 Cent.
Für die Tischkulturbranche ist die neue Mischung aus Öko und Achtsamkeit, Tradition und Pop ein Segen; in Deutschland profitiert davon etwa das Flensburger Familienunternehmen Robbe & Berking, das bereits seit 1874 und in der fünften Generation Besteck für Betuchte herstellt: Auf einmal sind sie wieder angesagt. „Die Kunden werden immer jünger“, sagt jedenfalls die Verkäuferin im Robbe & Berking-Shop im KadeWe: „Es ist wieder ein weitverbreiteter Brauch, Tafelsilber zur Taufe, Konfirmation oder Abitur zu verschenken.“
Natürlich hat die Frischzellenkur der Marke auch mit ihrer Weiterentwicklung und Anpassungsfähigkeit zu tun. Mit der Linie Sphinx etwa, die so schlicht ist, dass sie auch aus der Feder eines Bauhaus-Designers stammen könnte. Das gradlinige Messer, die Gabel, die entfernt an die Form eines Pommes-Pieksers erinnert – das Robbe & Berking-Besteck aus dem Jahr 2017 hat nichts mit dem verschnörkelten Familiensilber von früher zu tun. Auch muss das Besteck längst nicht mehr von Hand gereinigt werden, kann selbstverständlich in die Spülmaschine.
Dass auch die Funktionalität stimmen muss, hat allerdings noch nicht jeder Anbieter der alten Garde verstanden. Und so gibt es viel Raum für jüngere Hersteller, etwa die Berliner Porzellanmanufaktur Hering. Heller Natursteinboden, dunkle Holzregale, ein schwarzer langer Tisch: Der Berliner Flagship-Store ist genauso minimalistisch gehalten, wie die Produkte es sind. Viel Weiß, zartblaue oder goldene Akzente. Und natürlich das Erkennungszeichen: Elemente aus Biskuit-Porzellan, das nicht glasiert wurde und deshalb matt schimmert. „Wir wollen die Schönheit des Materials zur Geltung bringen, ohne es zu vergewaltigen“, erklärte Gründerin Stefanie Hering mal in einem Interview mit der „Berliner Zeitung“.
1992 hat Hering das Unternehmen gegründet. Damals war sie eine der Ersten, die das Porzellanhandwerk anders interpretierte als die etablierten Hersteller – und konsequent Abstand nahm von romantisch-floralen Mustern. Es hat eine Weile gedauert, bis der Geschmack der Käufer sich dem Stilwillen der Produzenten angepasst hat, gewiss. Doch heute wird auch in Sterne-Restaurants wie dem Berliner Reinstoff von Hering-Tellern gegessen. Alle Linien, versichert Hering, sind miteinander kombinierbar. Wer mit dem reinweißen Einsteiger-Set Velvet oder Pulse startet, kann es später noch mit einem eisenglasierten Teller aus der Serie Silent Iron kombinieren.
Damit liegt Hering im Trend: Weiß ist heute in allen Schattierungen gefragt, gerne kombiniert mit rustikaleren Elementen aus Kupfer, Steingut oder Holz. Das Design der Teller orientiert sich dabei immer auch an der Küche, die gerade angesagt ist. In Zeiten der sogenannten Poke Bowls, in denen Gemüse und marinierter Fisch über gedämpften Reis geschichtet wird, geht der Trend zu großen, bauchigen Schüsseln. Das klingt nicht gerade nach üppiger Tafel. Aber nach kosmopolitem Slow Food allemal.