Wenn sich in diesen Tagen die Staats- und Regierungschef der 20 mächtigsten Staaten in Hamburg zu ihrem Gipfel treffen, richten sich die Blicke der Welt im Grunde auf wenige Teilnehmer: Den amerikanischen Präsidenten Donald Trump, auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und den russischen Präsidenten Wladimir Putin wird man genau beobachten. Doch ganz besonders werden die Äußerungen eines Mannes Beachtung finden: Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping. Wie positioniert der Besucher aus Asien sich und sein Land auf der Weltbühne?
In Chinas Führung herrscht schon seit Jahren Konsens darüber, dass das 1,4 Milliarden-Einwohner-Land auf absehbare Zeit im globalen Kräftespiel eine Führungsgrolle einnehmen wird – wirtschaftlich, politisch, aber auch militärisch. Für viele in der Führung des Landes mit seiner jahrtausendealten Geschichte ist der Aufstieg Chinas zu einer globalen Supermacht gewissermaßen naturgegeben.
Dreimal in den vergangen 2000 Jahren war China Weltmacht: während der Han-Dynastie (206 v. Chr. Bis 220, der Tang-Dynastie (618 bis 907) und der Qing-Dynastie seit 1644. Noch im Jahr 1820, zwei Jahrzehnte vor Beginn der Opiumkriege, steuerte China fast ein Drittel zur weltweiten Wirtschaftsleistung bei. Nun, nach fast vier Jahrzehnten wirtschaftlicher Reformen, so sieht es die KP-Spitze, sei allmählich die Zeit gekommen, da das Land wieder die Position einnehme, die ihm zustehe.
Die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten gibt dem Prozess jetzt eine ganz besondere Dynamik. Geschickt nutzt Xi nämlich die Freiräume, die sich bieten, da Trump sein Land ins globalpolitische Abseits twittert.
Trump kündigt das asiatische Freihandelsabkommen TPP auf? Xi geriert sich vor der globalen Wirtschaftselite in Davos zum Kämpfer für den Abbau von Handelsschranken. Trump steigt aus dem Pariser Klimaschutzabkommen aus? Xi, Regierungsoberhaupt des Landes mit den weltweit größten Umweltproblemen, erklärt sich kurzerhand zum Retter des Weltklimas.
Es lohnt sich genau hinzuschauen. Trotz zweifellos großer Anstrengungen bekommt China seine Umweltprobleme nicht in den Griff. Es fehlen funktionierende - und unabhängige – Institutionen, die die Einhaltung von Vorschriften und die Umsetzung von Maßnahmen überwachen. Trotz aller Lippenbekenntnisse zum freien Handel engt Peking den Spielraum westlicher Unternehmen in China immer weiter ein; Diskriminierungen bei Ausschreibungen sind an der Tagesordnung, immer mehr Firmen überdenken ihr China-Engagement. Politisch war das Klima in dem aufstrebenden Land seit Mao Zedong ohnehin nicht mehr so eisig wie heute.
Lippenbekenntnisse, Intransparenz und Vorteilssuche
Rund um den Globus investiert das Riesenreich Milliardensummen. In den USA, besonders aber in Europa, kauft China High-Tech-Unternehmen, um seinen Technologierückstand gegenüber dem Westen aufzuholen – und bedient sich dabei bisweilen intransparenter Schachtelkonstruktionen, die die wahre Herkunft des Investments verschleiern sollen.
Worum streiten die USA und China?
Die USA und China sind Rivalen. Die beiden größten Volkswirtschaften sind aber auch wirtschaftlich voneinander abhängig. Zudem kann kaum ein Problem in der Welt ohne die Kooperation der beiden Vetomächte im Weltsicherheitsrat gelöst werden.
Quelle: dpa
Stand: April 2017
US-Präsident Donald Trump kritisiert wie die Europäer mangelnden Marktzugang und Protektionismus in China. China zerstöre Industrien und „stehle“ Jobs in den USA.
Peking argumentiert, das Handelsdefizit der USA von 347 Milliarden US-Dollar (2016) sei Ergebnis der weltweiten industriellen Arbeitsteilung. Bei Dienstleistungen hätten die USA einen Überschuss.
Trump beschuldigt China, seine Währung zu manipulieren, um seine Exporte billiger zu machen.
Es stimmt zwar, dass China trotz aller Liberalisierung den Kurs des chinesischen Yuan weiter lenkt. Doch Peking versucht genau das Gegenteil - nämlich den Kurs nach oben zu treiben, um die Kapitalflucht in den Griff zu bekommen.
Die USA wollen, dass China mehr Druck auf Nordkorea ausübt, sein Atomwaffenprogramm zu beenden.
Peking trägt zwar Sanktionen mit, aber argumentiert, dass sein Einfluss auf Pjöngjang begrenzt sei. Es fürchtet einen Kollaps des Regimes und eine koreanische Wiedervereinigung mit US-Truppen an seiner Grenze.
Die USA haben mit der Stationierung eines Raketenabwehrsystems (THAAD) in Südkorea begonnen. Es zielt auf die Bedrohung durch Nordkorea.
Peking ist empört, weil das weitreichende Frühwarnsystem auch Chinas Raketenpotenzial erfassen und seine Strategie beeinträchtigen könnte, Militärschläge gegen US-Streitkräfte im Pazifik auszuführen.
China ist überzeugt, dass die USA die aufstrebende Macht kleinhalten wollen.
Von dem „Schwenk“ seines Vorgängers in die asiatisch-pazifische Region spricht Trump zwar nicht. Er will aber das US-Militär massiv ausbauen, um China einzudämmen, wo es im Pazifischen Raum und im Südchinesischen Meer „zu weit geht“.
China beansprucht große Seegebiete mit bedeutenden Fischgründen, Rohstoffvorkommen und Schifffahrtsstraßen. Es baut Militäranlagen auf Inseln und Riffen. Der internationale Schiedsgerichtshof in Den Haag wies im Juli die Gebietsansprüche zurück. China ignoriert das Urteil. US-Marineschiffe zeigen Flagge.
Peking betrachtet Taiwan als untrennbaren Teil der Volksrepublik und droht mit einer gewaltsamen Wiedervereinigung.
Die USA haben sich der Verteidigungsfähigkeit der heute demokratischen Insel verpflichtet und liefern Waffen. Nach ersten Irritationen über seinen Kurs hat Trump die chinesische „Ein-China-Doktrin“ akzeptiert.
In Schwellen- und Entwicklungsländern Asiens, Südamerikas und Afrikas baut Peking Straßen, Eisenbahnlinien, Staudämme und Pipelines. Dafür fordert die chinesische Führung politische Loyalität und versucht nebenbei noch, sein autokratisches Wertesystem zu exportieren. Bei vielen der großen Infrastrukturprojekte bringt China Arbeiter und Baumaterialien aus der Heimat gleich mit. Der wirtschaftliche Nutzen für das einzelne Land ist bei manchen Projekten denn auch beschränkt, zumal China die Staaten oft ganz schlicht auch als Rohstofflieferanten betrachtet. Bei allem was Peking tut, hat es zunächst seinen eigenen Vorteil im Blick.
Das ist sicherlich Chinas gutes Recht. Doch wer mit Xi und seinen Genossen verhandelt, muss dies wissen.
Mission Welteroberung: Das Reich der Mitte kauft sich Stück für Stück globalen Einfluss in Asien, Afrika und Osteuropa ein. Mehr erfahren Sie in der neuen WirtschaftsWoche (Ausgabe 28). Mit dem WiWo-Digitalpass erhalten Sie die neue Ausgabe bereits am Donnerstagabend in der App oder als eMagazin. Alle Abo-Varianten finden Sie auf unserer Info-Seite.