Deutschland und die Türkei Das Lose-Lose-Verhältnis

Gleich zwei Nachrichten haben deutsche Unternehmen in letzten zwei Tagen aufgescheucht. In der politischen Eskalation zwischen Deutschland und der Türkei gibt es nur Verlierer.

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Bundesregierung stellt Türkei-Beziehungen auf den Prüfstand

In Konya, in Zentralanatolien, gehen die Dinge weiter wie bisher. Von den politischen Verwerfungen hat Unternehmer Fahrettin Doğru zwar gehört, Sorgen aber macht er sich keine. Sein Unternehmen stellt Bügelbretter her. Über 50 Prozent davon gehen in den Export, ein Großteil davon nach Deutschland. Der 50-Jährige steht in seiner Fabrik vor einer Produktreihe. "Woolworth", steht auf Zetteln, die an jedem Bügelbrett hängen. Ein anderer Großkunde ist Aldi. "Das Geschäft läuft gut, die Exporte wachsen", sagt er.

Seit dieser Woche aber wächst die Angst, dass die politische Eskalation zwischen Deutschland und der Türkei auch auf die Wirtschaft Auswirkungen haben wird.

Gleich zwei Nachrichten haben deutsche Unternehmen in letzten zwei Tagen aufgescheucht. Die eine kommt aus Ankara, die andere aus Berlin. Am Mittwoch tauchte eine Liste von 68 deutschen Unternehmen auf, die angeblich Terrorunterstützer seien. Darunter befindet sich eine Dönerbude aus Köln, aber auch DAX-Konzerne wie Daimler und BASF.

Schlüsselstaat Türkei

So absurd die Vorwürfe auch sind - sie zielen in erster Linie auf Unternehmen innerhalb Deutschlands ab. Denn gegen Entitäten innerhalb der Türkei hatte Ankara ohne schon immer Zugriffsrecht. Vermeintliche Gülen-Verschwörer wurden verhaftet. Allerdings waren deutsche Unternehmen in den letzten Monaten davon kaum betroffen.

So gesehen ist die Liste der terrorverdächtigen deutschen Unternehmen ein weiterer absurder Punkt im sich stetig verschlechternden deutsch-türkischen Verhältnis.

Die zweite Nachricht kam von Außenminister Sigmar Gabriel - und sie hat deutlich konkretere Auswirkungen auf die Wirtschaft. Als Reaktion auf die Inhaftierung des deutschen Menschenrechtlers Peter Steudtner hat die Bundesregierung drei Maßnahmen angekündigt: Deutschland will mit der EU über die Vorbeitrittshilfen für die Türkei reden, sie hat die Reisewarnungen verschärft, und will die Hermes-Bürgschaften überdenken.

Deutschland verschärft Reisehinweise

Von den Reisewarnungen sind Unternehmer nicht betroffen. Heikel wird es allerdings für Nichtregierungsorganisationen und andere Einrichtungen, die sich an den Sicherheitswarnungen des Auswärtigen Amts orientieren. Außerdem dürfte der Tourismus noch weiter leiden.

Der letzte Punkt allerdings könnte auch gravierende Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Verflechtungen haben. Hermes-Bürgschaften sichern Investitionen und Exporte deutscher Unternehmen ab. Der Bund gibt quasi eine Ausfallgarantie, sollten Firmen auf nicht-zahlenden Vertragspartnern im Ausland sitzen bleiben.

"Ein Ausfall würde das unternehmerische Risiko stark erhöhen", sagt Jan Noether von deutschen Handelskammer in Istanbul.

Solche Nachrichten verschlechtern das ohnehin schon stark angeschlagene Investitionsklima in der Türkei.

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